Late Night Venture - Tychonians | |
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Review von Zephir vom 21.11.2015 (7142 mal gelesen) | |
LATE NIGHT VENTURE existieren schon seit 2001, sind aber, wie so viele Experimentalmusikanten, die ihr Künstlerleben mit ausgedehnten Instrumentalwerken bestreiten, in den Medien nicht übermäßig präsent. Daher sei zuallererst kurz vorgestellt: LATE NIGHT VENTURE sind fünf Mannen aus Dänemark, namentlich Søren Hartvig (Vocals und Gitarre), Peter Lau Olsen (ebenfalls Gitarre und Vocals), Jens Back (Bass), Peter Sørensen (Drums) und Jonas Qvesel (Keyboard). Diese Besetzung komponiert und spielt einen doomig-psychedelischen Post Rock, der sich durch viel Schwere, Tiefe und Groove und wohltuend wenig Cybergefrickel auszeichnet. Ein bisschen was haben die Kopenhagener schon produziert - 2006 das eigenbetitelte Debütalbum "Late Night Venture", 2009 eine EP ("Illuminations"), 2012 die Platte "Pioneers Of Spaceflight". Der Name deutet auf ein offensichtliches Lieblingsthema, denn auch das jüngste Output "Tychonians" beschäftigt sich mit dem Weltall: Tycho Brahe war ein dänischer Astronom des 16. Jahrhunderts, der 1572 als einer der ersten europäischen Beobachter des Sternenhimmels eine Supernova sichtete. Die Musik von "Tychonians" wurde während einer einwöchigen Session in einem Kopenhagener Studio live eingespielt, lediglich die Vocals und ein paar fancy Overdubs legte man gemeinsam mit Produzent Lasse Ballade nachträglich drauf. Der Opener 'Stjerneborg' trägt den Namen des von Brahe gebauten Observatoriums. Wir hören eine Art artifiziell-archaischen Post Doom, der sich in schwerem Downtempo bewegt, ohne schleppend zu werden - für eine gewisse Bewegtheit sorgen die dezent spaceig schnurrenden Synthesizer und ab und zu mal eine Sologitarre, die mit zuweilen recht cleanem Saitenanschlag zur Kontemplation weit entfernter Sphären einlädt. 'Nebula' geht viel mehr in Richtung Art Rock und animiert dabei paradoxerweise leicht zum Headbangen, ist aber insgesamt eine fantasievolle Nummer, obwohl die Musik weder Schnörkel noch überflüssige Zier offenbart; das Fantasievolle entsteht hauptsächlich durch raffinierte Wechsel in der Rhythmusgruppe und eine sehr präsente Leadgitarre. Noch hipper schreitet 'Moon Shone On White Rock' voran. Drums und rhythmische Spielereien beherrschen das Geschehen; hier kommen auch elektronisch verzerrte Vocals zum Einsatz. 'Halo Orbit' verfällt wiederum in sphärischen Doom mit viel Bassgedröhn und schwimmenden Post Rock-Leads. Eine absolut artifizielle Nummer ist 'Revenge Motif', ein Track, in dem rhythmisch-thematisch eine Menge passiert und der viel Aufmerksamkeit erfordert. 'Praha' deutet wohl auf jene Stadt hin, in der der Astronom Brahe die letzten Jahre seines Lebens verbrachte. Obzwar die ersten Takte übersteuert aus den Boxen schrammeln und die Keys mit Chiptune-Sounds einfallen, ist dies der mit Abstand romantischste Track. Harmonisch gefällig aufgebaut wie mancher Indie-Rock, ist dieser Rausschmeißer trotzdem ein schöner Schlusssatz für dieses konzeptuell interessante und durchdachte Werk. Zu empfehlen ist LATE NIGHT VENTURES "Tychonian" Freunden von experimentellem Doom, denn das verspielte Art-Rock-Moment ist nicht überpräsent. Die Musik hat eine durchgehend wohlige Schwere, die den akustischen Fokus automatisch auf das Geschehen lenkt. Anders als bei anderen experimentellen Kompositionen verliert man sich nicht in Details, und es gibt beim wiederholten Hören trotzdem genug Neues zu entdecken. Anspieltipps: 'Nebula', 'Halo Orbit' Gesamtwertung: 7.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Stjerneborg 02. Nebula 03. Moon Shone On White Rock 04. Halo Orbit 05. Revenge Motif 06. Praha | Band Website: www.latenightventure.com/ Medium: CD Spieldauer: 42:00 Minuten VÖ: 20.11.2015 |
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