Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gibt Metal-Cover wieder frei
Ein Artikel von Opa Steve vom 30.07.2011 (16010 mal gelesen)
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien - kurz BpjM - ist immer mal wieder für kurzweilige Unterhaltung gut. Der oberste Zensor dieser Republik glänzt nicht nur immer wieder mit kuriosen Entscheidungen und mangelhaftem Durchblick (der Satire-Detektor scheint bei den Prüfern grundsätzlich deaktiviert zu sein, und sie greifen sich auch gern mal versehentlich von der FSK längst ab 16 Jahren freigegebene Titel), sondern hütet ein deutsches Unikum, welches weltweit wohl einmalig ist: sie führen den berüchtigten Index. Klingt nach mittelalterlichem Kirchenbann, und ist auch gar nicht so weit davon entfernt. Auf dem Index zu stehen ist nämlich eine kuriose Schattenwelt, die böser als "Freigegeben ab 18 Jahren" ist, aber wiederum nicht so böse, dass sie aus strafrechtlichen Gründen verboten werden müsste.
Moment - indizierte Medien sind also nicht illegal? Wo ist dann der Unterschied zur Freigabe ab 18? Na, ganz einfach: sie dürfen im Gegensatz zu freigegebenen Medien nicht offen beworben oder ausgestellt werden. Jedes Medium, welches keine Freigabe erhält, fällt automatisch in die Liste der indizierten Medien. Das Paradebeispiel sind Pornos - sie dürfen Volljährigen zugänglich gemacht werden, aber eben nicht offen. Sondern nur in Läden, zu denen Minderjährige keinen Zutritt haben. Würde die FSK den frühen Charakterrollen einer Michaela Schaffrath das Siegel "Freigegeben ab 18 Jahren" verpassen, hätte man "Jetzt wird's schmutzig" im Saturn-Sonderangebot. OK, die FSK wüsste dies zu verhindern....
Mindestens so interessant wie die monatlichen Listen (die die BpjM zwar als "öffentlich" bezeichnet, diese aber über den Bundesanzeiger nur gegen Kohle von schlappen 6 Euro pro Liste bereitstellt) über Neuindizierungen diverser Filme, Tonträger und Magazine sind aber die Listenstreichungen. Während die Neuindizierungen nach heutigem Verständnis ganz klar die Themen Gewalt und Pornografie sowie strafrechtlich bedenkliche Inhalte (z.B. Nazi-Propaganda) als Basis haben, zeugen die Listenstreichungen vom Wertewandel in der Republik und bieten eine Zeitreise in die Empfindlichkeiten der vergangenen Epochen. Man muss nur im Netz googlen und in einschlägigen Filmforen vorbeischauen, denn es gibt glücklicherweise immer genügend Abonnenten dieser Listen, die diese dann kostenlos öffentlich bereitstellen.
Was das mit Metal zu tun hat? Dieses Jahr haben es bisher 3 kultige Metal-Cover (!) geschafft, vom Index gestrichen zu werden! Man höre und staune, aber die Cover von SAVAGE GRACE "Master Of Disguise" (1985), ANTHRAX "Fistful Of Metal" (1984) und W.A.S.P. "Fuck Like A Beast" (1984) waren bis dieses Jahr auf dem Index und wurden von April bis Juli von diesem wegen Zeitablaufs entfernt. "Wegen Zeitablauf" bedeutet: 25 Jahre! Besagte Scheiben waren also kurz nach ihrem Erscheinen von irgendwelchen übereifrigen Zensoren unter die Ladentheke verbannt worden. Da es zu dieser Zeit noch kein WWW gab und Import ein großes Ding war, hätte man für diese Scheiben beim Plattenhändler seines Vertrauens eben an der Theke fragen müssen. Nun, man kann davon ausgehen, dass diese Medien nach wie vor in den meisten Läden standen. Denn im Gegensatz zu Filmen unterlag Musik bisher keiner Alterszwangsfreigabe, und der Händler hätte erst einmal Kenntnis davon erlangen müssen, dass diese Cover tatsächlich auf dem Index gelandet sind. Bei der geheimnistuerischen Informationspolitik der BpjM damals fast schon ein Kunststück... aber dass es irgendwie wohl doch bekannt wurde erkennt man daran, dass aktuell beim Onlinehändler Amazon das Re-Release von "Fistful Of Metal" tatsächlich in einer halbgeschwärzten Fassung vorliegt.....
Begrüßen wir also 3 Scheiben zurück in der Öffentlichkeit und kosten die neu gewonnene Freiheit aus, indem wir sie einfach hier mal wieder legal zur Ansicht stellen. Die gute Nachricht allerdings: im vergangenen Jahr ist wenigstens kein einziges Metal-Werk aufgrund seines Covers neu indiziert worden....