Livebericht Therion (mit Imperial Age und Null Positiv) |
---|
Ein Livebericht von RJ aus Essen (Turock) - 01.02.2018 (27885 mal gelesen) |
Wer die letzte Nacht mit dem Blutig-Blauen-Supermond heil überstanden hat, dürfte zum Tour-Auftakt von THERION relativ relaxt angereist sein. Auch wenn es am Morgen noch galt, etwas Eis von den Fensterscheiben der Autos im Ruhrgebiet zu kratzen, ist der Tag von keinen besonderen Ereignissen geprägt, so dass man sich unbeschwert dem anstehenden Konzertereignis im Essener Turock widmen kann. Mitgebracht haben die Schweden die Spreewälder Formation NULL POSITIV und als Wiederholungstäter die russische Band IMPERIAL AGE. Kurz nach dem Einlass und somit vor noch vor einer recht spärlichen Zahl von Zuschauern soll es anscheinend pünktlich um 18:45 Uhr losgehen. MIDNIGHT ETERNAL Die US-amerikanische Symphonic-Metal-Band MIDNIGHT ETERNAL hatte ich nicht auf dem Schirm gehabt, zumal das Billing bereits mit drei Bands schon recht üppig schien. In der übersichtlich gefüllten Konzerthalle komme ich leicht direkt an den Bühnenrand, während auf der Bühne anscheinend noch der Soundcheck läuft. An einen pünktlichen Start ist wohl nicht zu denken, denn die kleine dralle Sängerin Raine Hilai möchte noch einmal ein paar Instrumente auf den Monitor gelegt bekommen. Der gute Herr am Mischpult scheint derweil genervt und antwortet lakonisch, dass der Gig eigentlich schon zehn Minuten laufen würde. Auf einmal geht es dann doch recht schnell und die Amis mit israelischer Sängerin legen los. Das Material für ihre halbstündige Show, die trotz der Verspätung nicht gekürzt wird, stammt von ihrem selbstbetitelten Debüt-Album aus dem Jahre 2016. Hieraus bieten sie dem doch recht positiv reagierenden Publikum unter anderem 'Shadow Falls', das fast neunminütige und echt gut gelungene 'First Time Thrill' und als Abschluss 'Signs Of Fire'. Gestartet vor gut 50 Zuschauern hat sich der Saal in der Zwischenzeit gut auf das Dreifache gefüllt und dementsprechend üppig fällt auch der Applaus für das Quintett aus. Setlist MIDNIGHT ETERNAL: 01. Repentance 02. When Love And Faith Collide 03. Shadow Falls 04. Play Video 05. The Lantern 06. M.O.L. 07. First Time Thrill 08. Signs Of Fire NULL POSITIV Aushängeschild der Band ist die Sängerin Elli Berlin, die mit ihrer an GIANNA NANNINI erinnernden Stimme ein zusätzlich raues Flair in die Musik einbringt. Die musikalische Mischung hat irgendwas von kaltem Industrial gepaart mit Nu Metal, wobei sich die Band in der Endzeitstimmungsecke am wohlsten fühlt. Die bisherigen Videos, die von der Band abgedreht wurden, wie auch das typische Bühnenoutfit, prägen auch visuell den die Band umwehenden kalten Hauch. Die deutschen Texte, sozial- und auch ego-kritisch, sind nicht einfach platt dahergetextet, sondern haben einen tieferen Sinn, mit dem man sich ohne Frage auseinandersetzen darf. Die Musik mag anfangs befremdlich wirken, aber sie packt einen unzweifelhaft, je länger man sie einsaugt und sich ihr hingibt. NULL POSITIV sind nicht nur eine perfekte Wahl als Einheizer, sondern ohne Zweifel zu Höherem berufen, und sei es nur, dass ihnen mehr Spielzeit und ein größeres Publikum vergönnt wären. Die Songs wie 'Unsterblich', 'Wo Rauch Ist, Ist Auch Feuer' und natürlich auch 'Koma' werden abgefeiert und mitgesungen. Das Quartett, und das zeigen die Reaktionen ganz deutlich, wird noch für weitere Furore sorgen und erhält mit den 57 Auftritten der THERION-Tour die Gelegenheit, über deutsche Grenzen hinaus auf sich aufmerksam zu machen. Die vielstimmig geforderte Zugabe kann die Band leider nicht mehr erfüllen, denn flugs nach Set-Ende ist die Bühne mit vielen Personen bevölkert, um Kabel, Instrumente und Becken einzusammeln und auszutauschen. Setlist NULL POSITIV: 01. Als Ob Wir Götter Wären 02. Unvergessen 03. Labyrinth 04. Amok 05. Play Video 06. Trauma 07. Unschlagbar 08. Zukunft Ungewiss 09. Koma 10. Scars Im Publikum baut sich dagegen die gespannte Erwartung auf den nächsten Act auf, der immerhin aus dem kalten Moskau ins Ruhrgebiet gekommen ist. IMPERIAL AGE Ich habe es in der Einleitung bereits erwähnt, dass IMPERIAL AGE Wiederholungstäter sind. Bereits 2016 waren sie mit THERION auf Tour und auch dieses Mal sind sie am Start, um feudale Epik zu verbreiten. Rechtzeitig vor dem Tourstart hat man das Lyric-Video 'The Legacy Of Atlantis' veröffentlicht, das gleichnamige Album folgt in drei Wochen und wird bereits zum heutigen Tourstart digital veröffentlicht. Das nenne ich mal eine perfekte Planung. Die Songauswahl konzentriert sich natürlich auf das erste Album, "Warrior Race", aber auch vom neuen Album hat man Songs im Gepäck. Das russische Septett kombiniert Elemente aus Symphonic Metal, Power Metal und Melodic Metal zu einer einerseits bekannten Mischung in diesem Genre, bleiben aber dennoch eigenständig genug, um in erster Linie als IMPERIAL AGE wahrgenommen zu werden. Interessant ist zu beobachten, wie die Band mit der Enge auf der Bühne umgeht, denn es steht immer noch das zweite Drumkit sozusagen im Weg. Die Sängerinnen und Alexander aka "Aor" treten immer zur Seite, wenn sich die Gelegenheit bietet, um den restlichen Musikern wenigstens etwas Bewegungsfreiheit zu geben. Stageacting bleibt bei den Platzressourcen aber dennoch Mangelware. Man merkt, dass IMPERIAL AGE genau die Musik machen, auf die sie Lust haben und sich von niemandem etwas vorschreiben lassen. Dennoch sind sie bemüht, einen perfekten Auftritt abzuliefern, der aufgrund der örtlichen Gegebenheiten etwas gestelzt wirkt. Dennoch gelingt es den Russen, das Publikum zu animieren und für ihren Auftritt zu begeistern. Lobende Worte in Richtung des Headliners dürfen natürlich auch nicht fehlen und so treten IMPERIAL AGE mit dem guten Gefühl ab, die Bühne und das Publikum für THERION bereitet zu haben. Setlist IMPERIAL AGE: 01. The Awakening 02. The Legacy Of Atlantis 03. Aryavarta 04. Death Guard 05. The Escape 06. Domini Canes (March Of The Holy Inquisition) 07. Anthem Of Valour 08. And I Shall Find My Home Die Spannung steigt nach diesem ergreifenden Auftritt, denn die Vorbereitungen für den Headliner dieses Abends und der groß angelegten Tour laufen, während sich die Band im Backstage-Bereich ebenfalls vorbereitet und auch dort die Spannung steigt, denn immerhin ist es der erste Auftritt und nun muss sich zeigen, ob alles passt und sitzt. THERION Was man im Zusammenhang mit THERION auch mal erwähnen muss: Die Maschinerie von Nuclear Blast funktioniert natürlich auch wie ein geschmiertes Uhrwerk. Pünktlich vier Tage vor Tourstart wurde das zweite Video 'Theme Of Antichrist' veröffentlicht, wobei der Song gute Kritiken einheimste, während das zeichentrickanimierte Video dagegen derbe Bemerkungen einstecken musste. Zugegeben, das Video hat schon so etwas von Animationsfilmchen in einem Kindersender. Doch wir konzentrieren uns heute Abend auf die Musik und warten mit Spannung auf das Septett. Mittlerweile liegen wir zeitlich gute 20 Minuten hinter dem eigentlichen Plan, aber an diesem Abend hat keiner mehr was vor und die Befürchtung kann allenfalls sein, morgen nicht rechtzeitig aus dem Bett zu kommen, weil man ja leider auch freitags arbeiten gehen muss. Das Publikum hat bereits bei NULL POSITIV nahezu seinen Höchstwert erreicht, es tröpfeln nur noch vereinzelt Besucher nach. Geschätzt haben heute 280 Besucher den Weg ins Turock gefunden und können sich stolz Tourauftaktbesucher nennen. Endlich geht das Licht aus und die Band erklimmt nach und nach die Bühne. Zu guter Letzt kommt Band-Mastermind Christofer Johnsson dazu und strahlt sofort absolute Präsenz aus. Obwohl ein Mann mehr auf der Bühne, profitieren die Schweden von einem Hauch mehr an Platz, was zumindest von Christofer und seinen beiden Gesang-Mädels genutzt wird. Die Mitstreiter an den Instrumenten agieren höchstens mal einen Schritt vor oder zurück und es scheint, als ob man penibel darauf achtet, das Bühnenbild nicht durcheinander zu bringen. Während des Auftritts nimmt man sich auch Zeit für das Publikum. So werden auch mal ein paar Worte zum kommenden Stück verloren, mit dem Publikum interagiert oder einfach mal der Hinweis auf das neue Album eingestreut. Apropos neues Album, die neuen Songs werden sehr positiv aufgenommen und die Band performt sie, als würden sie schon wie eine zweite Haut sitzen. Erst durch die Ansage von Christofer, dass es die Band bereits 30 Jahre gibt, macht mir bewusst, dass hier auch schon alte Szene-Hasen am Werk sind. So verwundert die musikalische Perfektion nicht. Die Ansage, man wäre nie zu alt für Heavy Metal passt da natürlich perfekt und wird auch vom Publikum freudig aufgenommen. Der Auftritt wird perfekt mit 'To Mega Therion' beendet und schließt einen gelungenen Auftritt nebst üppig und gut gewählter Setlist ab, auch wenn mein Wunsch nach 'Sitra Ahra' keine Erfüllung gefunden hat. Setlist THERION: 01. Theme Of Antichrist 02. The Blood Of Kingu 03. Din 04. Bring Her Home 05. Night Reborn 06. Nifelheim 07. Ginnungagap 08. Typhon 09. Temple Of New Jerusalem 10. An Arrow From The Sun 11. Wine Of Aluqah 12. Lemuria 13. Cults Of The Shadow 14. The Khlysti Evangelist 15. My Voyage Carries On 16. The Invincible 17. Der Mitternachtslöwe 18. Son Of The Staves Of Time 19. The Rise Of Sodom And Gomorrah 20. To Mega Therion Die kleine Halle scheint zu köcheln, so hat sie sich während der Auftritte der vier Bands erwärmt. Wenn ich in die Gesichter der Zuschauer gucke, dann scheint doch allgemeine Begeisterung vorzuherrschen und auch ich bin mehr als zufrieden mit dem heutigen Verlauf. Meine Eindrücke? Mit MIDNIGHT ETERNAL wurde eine aufstrebende Band an den Start gebracht, die gut heute Abend hereinpasste und trotz der kleinen Startschwierigkeiten einen überzeugenden Job abgeliefert hat. NULL POSITIV hat definitiv gerockt und mich mit ihrem Licht fototechnisch vor eine unlösbare Aufgabe gestellt. Der Auftritt war der Hammer und die Präsenz von Elli Berlin, allein schon wegen ihrer Größe, war gefühlt fast schon raumgreifend. IMPERIAL AGE haben alles gegeben und ihr Konzept, zu dem auch die Kostüme gehören, durchgezogen. Sie sind unbestritten ambitioniert und werden auf der Tour neue Fans gewinnen. Und die Fans von THERION bekommen ebenfalls alles, was das Herz begehrt, denn die Band ist perfekt eingespielt und absolut spielfreudig. Und da bei dieser Konstellation Bands, die einfach nur Bock haben, auf Fans, die einfach nur Bock haben, treffen, kann die weitere Tour, wie der heutige Auftakt beweist, nur ein voller Erfolg werden. Also, nix wie hin! |
Alle Artikel