Vom Fetisch Der Unbeirrtheit - Vertilger | |
---|---|
Review von Kex vom 29.09.2013 (9546 mal gelesen) | |
VOM FETISCH DER UNBEIRRTHEIT machen ... ja was eigentlich? Sicherlich gibt es irgendwo irgendjemanden, der dem Werk der Berliner applaudiert. Nach Adorno ist das dann Kunst. Zumindest, wenn man ihn flach interpretiert. 2010 warfen sie mit "Psychohygiene" ein avantgardistisches Etwas auf den Markt, welches unter experimentellem Black Metal eingeordnet wurde. Ob das im Sinne des Duos war, ist nur Spekulation, allerdings war die Zuordnung damals sicherlich nicht falsch. Drei Jahre hat es nun gebraucht, um ein neues Werk zu erschaffen. "Vertilger" wird selbst die eingefleischten Fans auf mehreren Ebenen enttäuschen. Zunächst einmal ist den ersten 100 Ausgaben keine tote Ratte beigelegt. Was diese sollte, wusste 2010 wohl die Mehrheit nicht. Sicherlich warf sie aber ausreichend Fragen über Sinn, Sein und Existenz auf. Kann die Abwesenheit von etwas Sinnentleertem zu Nachdenken anregen? Wir werden es wohl nie erfahren. Fest steht, dass der Käufer gezwungen ist, sich Cover, Texten und nicht zuletzt der Musik zuzuwenden. Da "Psychohygiene" schon keine bewundernswerte Neuerung darstellte, ist derjenige, welcher freiwillig den Griff gen "Vertilger" wagte, nicht zu bemitleiden. Die Melodien sind stärker verflacht als beim Vorgänger und der beständige Wunsch, durch Dissonanz zu schockieren, nervt nach einer Weile. Schaut man ins Booklet, schreit bereits die erste Seite laut NIETZSCHE, während im Hintergrund die Chöre "Zarathustra" besingen. Geschieht dies gleichzeitig mit dem Einlegen der CD, bekomme ich unweigerlich den Eindruck, direkt auf die Probe gestellt zu werden: Tauge ich zum Übermenschen? Ertrage ich diese minderwertige Aufnahme, bei der Riffs so einfallslos wie repetitiv durch Wasser zurückgeworfen zu werden scheinen? 'Lachenvieh' macht mich wünschen, dass ich meine menschliche Hülle schnellstmöglich überwinde, um meinen Ohren Ruhe zu gönnen. Weder Verzerreffekte noch Industrial-Elemente im Stakkato eingeworfen ändern etwas daran. Das Ziel, die Sinnlosigkeit einer ewig produzierenden Industrie hervorzuheben, haben VOM FETISCH DER UNBEIRRTHEIT sicherlich erreicht. Dafür über eine Stunde zu benötigen erscheint mir fast lächerlich. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass mein grundsätzlich optimistisch eingestellter Kleingeist die wahre Bedeutung nur unzureichend erfasst. 'Schabenbrut' möchte 20 Minuten meiner Aufmerksamkeit beanspruchen, hindert mich dabei aber weiter daran, Age of Empires zu zocken. Die Geräusche kommen dem Versuch gleich, einen Science Fiction Film mit Hilfe eines Kassettendecks selbstständig zu vertonen. Den untergelegten Beat kenne ich aus diversen FEINDFLUG Songs. Nur all zu verständlich, dass VOM FETISCH DER UNBEIRRTHEIT sich hier nichts Neues ausdenken. Schwamm drüber, dauert eh nicht lang und außerdem wollte NIETZSCHE uns ja auch auf die ewige Wiederkehr hinweisen. 'Multiformale Leiberdimension' ist da beinahe Balsam für die Seele. Dafür versucht der Text umso krampfhafter zu schocken. EISREGEN haben das schon hinreichend getan, dementsprechend belanglos wirken diese Plattitüden auf mich. Der Text erinnert mich an die Marburger Politikstudentin, die mir mal sehr eindrucksvoll vorführte, weshalb der DGB nicht die Leute erreicht, die er zu vertreten glaubt. Fremdwort reiht sich an Fremdwort und zeigt mir erneut, was mich an Geisteswissenschaften schon immer störte. Da klare Inhalte zu leicht zugänglich sind, verkompliziert man Tatsachen unnötig, um sie dann als wissenschaftliche Erkenntnis zu verkaufen. Ich möchte fast brechen und vielleicht steht meine eigene Vertilgung kurz bevor. Denn dies verkünden VOM FETISCH DER UNBEIRRTHEIT mit einer unverrückbaren Absolutheit: Die Vertilgung ist vorgesehen. Diese überlasse ich wohl getrost der schwarzen Tonne. Fazit: Fielen mir ernsthaft so viele Anschläge zu "Vertilger" auf die Tastatur? Passierte in der Geschichte der Menschheit sicherlich schonmal oder wird es noch tun. Merkt euch die Botschaft: Alles wiederholt sich, nichts, was wir erschaffen, hat tatsächlich Bedeutung. Aller von uns gesehener Sinn ist nur Pflege unserer Eitelkeit. Der werde ich mich gleich hingeben, indem ich ein anständiges Review zu anständiger Musik einer anderen Band verfassen werde. Für's Auffrischen meiner Erinnerung an NIETZSCHES Zarathustra danke ich mit einem halben Punkt. PS.: Bei 'Schabenbrut' schlich sich im letzten Drittel doch fast so etwas wie Groove ein. Ob Übermenschen zuweilen tanzen? Gesamtwertung: 0.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Lachenvieh 02. Schabenbrut 03. Multiformale Leiberdimension 04. Kadavermeer 05. Prothesensucht | Band Website: Medium: CD Spieldauer: 62:06 Minuten VÖ: 23.09.2013 |
Alle Artikel