MEMORIAM - Ein Track-By-Track-Special zu "For The Fallen"
Ein Artikel von Eddieson vom 21.03.2017 (37018 mal gelesen)
Es gibt wohl nur wenige Debüt-Alben, die mit einer solchen Spannung erwartet werden, wie das von MEMORIAM. Die allmächtigen BOLT THROWER haben im letzten Jahr ihr endgültiges Ende verkündet (Hier übrigens ein kleiner Nachruf an die Death-Metal-Walze des Kollegen Akhanarit) und der Tod des Bandkollegen Martin "Kiddie" Kearns stürzte den sympathischen Frontmann Karl Willets in ein tiefes Loch, aus dem er mit Hilfe einer neuen Band wieder rauskommen wollte und konnte. So entstand MEMORIAM!
Klar, Karl Willets und Death Metal sind stark miteinander verbunden und mit BOLT THROWER hat er Metal-Geschichte geschrieben. So sind die Erwartungen an das erste Album seiner neuen Band natürlich extrem hoch und die Verbindungen und Vergleiche zu seiner früheren Band liegen in der Natur der Sache. Was einerseits völlig okay ist, anderseits aber vielleicht die Erwartungen an MEMORIAM in eine falsche Richtung lenkt. Neben Karl Willets haben sich mit Frank Healy (BENEDICTION, SACRILEGE) am Bass, der ehemalige BOLT THROWER-Schlagzeuger Andy Whale hinter den Kesseln und Scott Fairfax (ex-LIFE DENIED und Livemusiker bei BENEDICTION) einige Kumpels zusammengefunden um Musik zu schreiben, die als Ventil für ihre Gefühle dienen soll. Heraus kam mit "For The Fallen" ein brachiales Death-Metal-Album, welches mich auf ganzer Linie überzeugen kann und so habe ich mich entschlossen, diesem Album ein etwas ausführlicheres Track-By-Track-Special zu widmen.
01. Memoriam
Eröffnet wird das Album durch die bandeigene Hymne 'Memoriam', welches durch ein ASPHYX-mäßiges Lead eingeläutet wird und dann in ein BOLT THROWER-Killerriff übergeht. Eine erste Überraschung gibt es, als Karl mit seinem Gesang einsetzt, denn dieser kommt hier völlig ungfiltert und frei von irgendwelchen Effekten. Klingt also, wie Karl live auf der Bühne. Ein Death Metal-Album kann man nicht besser einläuten, als mit einem zünftigen Blastbeat oder mit einem ordentlichen Nackenbrecher. MEMORIAM haben sich für letzteres entschieden und so gibt es hier 2:50 Minuten Vollbedienung für die Nackenmuskulatur.
02. War Rages On
Der zweite Track wird von Winston Churchill eingeleitet, der verkündet, dass sich das Land ab sofort im Krieg mit Deutschland befindet. Dabei wird das letzte Wort "War" mehrmals wiederholt und dann irgendwann von Karl übernommen. Eine kleine, aber gute Idee. Dann wieder ein kurzes Gitarrenspiel, bevor die treibende Doublebass das Kommando übernimmt. Auch hier klingt der Gesang wieder sehr rau. Dann ein kurzes Break und der Song rutscht in einen groovigen Midtempo-Part, bevor er dann die Geschwindigkeit vom Anfang wieder aufnimmt. Einigen ist der Song auch schon von der Single bekannt.
03. Reduced To Zero
Eine langsame Nummer und ein ordentlicher Nackenbrecher noch dazu. Der Titel spricht hier für sich. Reduziert auf wenige Riffs, die schwer und hart klingen und ganz nah an der Grenze zum Doom schweben, aber jeden Fan einer gepflegten Walze überzeugen dürfte.
04. Corrupted System
Wähnte man sich doch gerade noch im Doom kommt nun mit 'Corrupted System' eine sehr punkige und damit auch die schnellste Nummer auf dem Album. Durch den rauen Gesangs Karls ist dies eine sehr crustig angehauchte Nummer geworden. Dafür kommt sie ziemlich schnell und sehr direkt auf den Punkt. Mal kurz von einem Breakdown unterbrochen nimmt der Song aber schnell wieder Fahrt auf, bevor er in irgendwelchen noisigen Geräuschen endet.
05. Flatline
'Flatline' ist einer der Songs, die man am ehesten mit BOLT THROWER vergleichen kann und ebenfalls unter die Kategorie "Nackenbrecher" einsortiert werden. Die Gitarrenharmonien und das Zusammenspiel mit dem Schlagzeug sind einfach nur genial.
06. Surrounded By Death
Wieder einer der Songs, die von der Doublebass dominiert werden. Nach wie vor ist Andy Whale ein Tier an der Schießbude. Insgesamt eine kurze knackige Nummer, die im Mittelteil mit einem thrashigen Touch und kurzem Solo überzeugen kann, bevor dann im letzten Drittel die Doublebass den Song wieder vor sich her treibt.
07. Resistance
Der Song ist einigen auch schon der Single bekannt. Im ersten Teil scheint sich der Song erst mal im Midtempo zu verlieren, bevor er dann plötzlich an Geschwindigkeit gewinnt, einen leicht crustigen Touch annimmt und ein MORBID ANGEL-Flair über dem Hörer schwebt. Gegen Ende fällt 'Resistance' dann aber wieder in das gewohnte und vom Anfang des Songs bekannte Midtempo ab.
08. Last Words
Ein echtes Highlight haben sich die Briten für das Ende aufgehoben. 'Last Words' erinnert zunächst an BOLT THROWER zu "Honour Valour Pride"-Zeiten. Mit 8:45 Minuten ein lange, epische Nummer, die von brillianten Tempowechseln und einer fantastischen Gitarrenarbeit lebt. Der Song beinhaltet die Schwere und Schwermütigkeit von BOLT THROWER, bevor der Panzer dann brachial nach vorne geht, dann wieder ein bis zwei Gänge zurückschaltet und einige starke Melodien mitnimmt. Ein melancholischer Fade-Out kommt, und dann ertönt der von BOLT THROWER bekannte Kriegslärm. Man will schon die Kopfhörer beiseite legen, doch dann zuckt man doch noch, denn es geht weiter, der Panzer rollt noch mal. Begleitet von einem monotonen Riff und einem Überraschungsgast in einer Sprechrolle nimmt das schwere Gefährt noch einige Meter, bevor er dann plötzlich zum Erliegen kommt. Ende!
Wow! Das muss ich jetzt erstmal kurz auf mich wirken lassen. In Gedanken, das Album also noch mal kurz Revue passieren lassen und dann fix den nächsten Durchlauf starten. Ja, MEMORIAM haben es geschafft. Ein aufs Nötigste reduzierte, aber sehr effektives Death Metal-Album wurde geschrieben, welches zwar den Flair von BOLT THROWER hier und da aufweisen kann, in einigen Songstrukturen jedoch auch sehr anders und in vielen Facetten etwas reicher ist. Fans, die sich gerne vom Death Metal überwalzen lassen wollen, machen mit diesem Album garantiert nichts falsch. Leute, die MEMORIAM nur auf das Erbe von BOLT THROWER reduzieren, tun der Band Unrecht und verpassen ein Death Metal-Highlicht in diesem Jahr!