Scorpions - Humanity - Hour 1 | |
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Review von JoS vom 12.06.2007 (8683 mal gelesen) | |
Als die SCORPIONS 2004 mit “Unbreakable” ihr erstes Studioalbum nach fünf Jahren veröffentlichten schienen die schwachen 90er überwunden und eine Rückkehr zu den glorreichen Zeiten möglich. Es dauerte jedoch weitere drei Jahre bis mit "Humanity – Hour 1“ der nächste Longplayer gefertigt wurde. Nun liegt das Werk jedoch endlich vor und ist vollkommen anders als nach "Unbreakable" zu vermuten gewesen wäre. Mit 'Hour 1’ schlägt dem geneigten Hörer sofort ein harter, stampfender Song entgegen, welcher leicht industriellastig klingt, jedoch mit einer starken Hookline direkt ins Ohr geht. 'The game of life’ beinhaltet deutlich mehr SCORPIONS-Trademarks, verbindet langsame Strophen mit einem starken Refrain und der extrem starken Stimme von Klaus Meine. Was immer dieser Mann in den letzten Jahren gemacht hat, es war richtig. Die Vocals fallen deutlich stärker und kraftvoller aus, als sie es noch auf "Face the heat“ oder "Pure instinct“ taten. Ein längeres Gitarrensolo hätte diesem Song noch gut getan. 'No one like you’-Feeling kommt bei 'We were born to fly’ auf. Harter Beginn, sanfte Strophe und ein ordentlicher Refrain, auch wenn die ganz große Hookline fehlt. Dafür klingt die Gitarre innerhalb der Strophe detailverliebt in unregelmäßigen Lautstärkenschwingungen aus. Ebenso lohnt es hin und wieder an anderen Stellen auf kleine Details zu achten, was auch für das weitere Album gilt. Knapp, aber gelungen, schifft 'The future never dies’ am Kitsch vorbei und entwickelt sich im extrem starken Refrain zu einer Bombastballade auf QUEEN-Niveau. Der sehr trockene Bass unterstreicht wunderbar die geschaffene Atmosphäre und die (synthetischen?) Streicher treiben den Refrain auf einen Höhepunkt, welcher im zweiten Lauf in ein fantastisches Break mündet, welches sich in einem, leider erneut zu kurzem, Feelinggeladenem Solo entlädt. Nach der zwei Song langen Balladenpassage wird aber wieder gut weitergerockt. Starke Gitarren, starker Refrain, starker Song. 'You’re loving me to death’ vereint alles was ein guter Song braucht in sich. Vor allem Klaus Meines Stimme kommt in diesem Song extrem rockig und rau rüber. Die Instrumentalarbeit vor dem Solo gehört zur absoluten Oberklasse und geht wunderbar mit Wah-Wah Technik für den Bass um. Kaum zu glauben, dass dieser Song noch von dem nachfolgenden '321’ zu toppen ist. Brutal stampft dieser Song einem entgegen, klingt trocken, aggressiv und arrogant. Besitzt angenehme Details in der ansonsten recht stupiden Instrumentalisierung der Strophe und ist mit dem besten Chorus des gesamten Silberlings ausgestattet, wie auch mit dem geilsten Gitarrensolo. Balladesk gestaltet sich 'Love will keep us alive’. Textlich gefüttert mit dem gewohnten SCORPIONS-Kitsch und einem sanften, bluesigtönenden Riff über einer gut gespielten, nicht zu hart klingenden, Akustikgitarre. Erneut füllen Streicher hier den Sound auf, dennoch würde dieser Song sicherlich auch wie ‚Lady Starlight’ von der 1980er „Animal Magnism“ akustisch problemlos umsetzbar sein. Sehr detailliert und konträrster wirkend erscheint dagegen 'We will rise again’, welches sehr moderne Aspekte in das Gitarrenspiel legt, gleichzeitig jedoch im Refrain eine, erneut, bluesig klingende Gitarre mit in den Sound einfließen lässt. Die Verbindung aus einer eher weichen Leadgitarre und einer sehr harten Rhythmusfraktion schafft unersetzliche Atmosphäre. Leider gibt das Booklet keine Information über die eingesetzten Gitarren, ich würde jedoch behaupten die Leadgitarre ist mit einer Stratocaster oder ähnlich tönendem Gitarrenwerk eingespielt worden. Ein wenig poppig erscheint 'Your last song’. Man könnte es beinahe als typische Powerballade von 90er Filmen beschreiben, was den Song jedoch keinesfalls schlechter macht. Feuerzeugstimmung ohne Kitsch, jedoch leider auch ohne das großartige Riff wie es in Songs wie 'Still loving you’ oder 'When the smoke is going down’ zu finden ist. Dafür darf Matthias Jabs hier seine Qualitäten als Gitarrist unter Beweis stellen. Ähnliches gilt für ‚Love is war’. Der Song fließt eher seicht dahin, hat allerdings durch die hervorragende Leadgitarre einen sehr typischen Rock- und vor allem SCORPIONS-Charakter. Als ob dieses Album auf Kontraste angelegt wäre klingt ‚'The Cross’ nicht annähernd seicht. Eher ist es sehr aufwühlend und zwingt das Ohr an die Box um auch wirklich alles mit zu bekommen, was in diesem Song versteckt sein könnte. Die natürliche Kraft die dieser Song ausstrahlt, wofür sicherlich auch die hervorragende Produktion verantwortlich ist, schlägt dem aufmerksamen Hörer direkt entgegen und löst recht paradoxe Gefühle aus. Hervorragend gemacht. Den zweiten Titelsong 'Humanity’ hatten die SCORPIONS vorab bereits vorgestellt und ein Album in der Art dieses Songs wäre sicherlich nicht zu erhoffen gewesen. Als Ballade mit straightem Refrain auf einem extrem starken Album ist dieser Song jedoch als Abschluss durchaus zu vertreten. Insgesamt kann man "Humanity – Hour 1“ jedoch als Geburtstagsgeschenk zum 35. Geburtstag des Debütalbums "Lonesome Crow“ sehen. Zwar ist dieses Langeisen mit nichts vergleichbar, was wie SCORPIONS in den letzten Jahren gemacht haben, dennoch ist es eindeutig als SCORPIONS – Album zu erkennen. Diese Scheibe wird, so hoffe ich, als absolutes Einzelstück in die Discographie des Hannoveraner Rockexports gehen. Als beeindruckendes Beispiel für die Kreativität und Lernbereitschaft der deutschen Ausnahmeband. Wenn Mathias Jabs die wichtigen Impulse für die 80er brachte, so hat Desmond Child die Scorps sicherlich fit für das 21te Jahrhundert gemacht. Einziges Manko an diesem Album sind leider die oftmals zu kurz geratenen Soli, sodass Mathias Jabs nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient hätte. Dennoch ist dieser Output sicherlich ein Anwärter auf das Album des Jahres. Gesamtwertung: 9.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Hour I 02. The Game Of Life 03. We Were Born To Fly 04. The Future Never Dies 05. You're Lovin' Me To Death 06. 321 07. Love Will Keep Us Alive 08. Your Last Song 09. Love Is War 10. Rise Again 11. The Cross 12. Humanity | Band Website: www.the-scorpions.com Medium: CD Spieldauer: 49,00 Minuten VÖ: 25.05.2007 |
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