Mustang - Beyond Raging Thunder

Review von baarikärpänen vom 14.12.2023 (8340 mal gelesen)
Mustang - Beyond Raging Thunder Wir sollten endlich mal damit aufhören, möglichst gönnerhaft Bands aus entfernten Teilen der Welt einen Exotenbonus zuzugestehen, denn a) ist das einfach nur arrogant und b) tut man den Bands damit auch keinen Gefallen. Das trifft ausdrücklich auch auf mich zu, denn auch ich habe in der Vergangenheit schon mal die Exoten-Karte gezückt. Aber damit ist Schluß. Selbst Truppen aus Ländern, in denen man im Knast landet, wenn man sich zu seiner musikalischen Liebe für den Heavy Metal bekennt, leben nicht hinter dem Mond und haben durchaus ansprechende Songs und Demos vorzuweisen. Mittlerweile bin ich nur noch bereit, diesen Exotenbonus nochmal aus der Schublade zu holen, wenn tatsächlich irgendwann eine Aufnahme aus Nordkorea auftauchen sollte. Denn die leben - dafür sorgen Unterdrückung und Überwachung/Bespitzelung - wirklich noch hinter dem Erdtrabanten. Das gesagt und auch nur mal so als Statement, nähern wir uns also MUSTANG aus Kolkata/Indien.

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Der Fünfer existiert seit 2015 und hat sich dem lupenreinen Heavy Metal verschrieben. Seit 2018 sind die Jungs auch auf indischen Bühnen zu bewundern und 2019 folgte gar der erste Auftritt außerhalb der Heimat, genau gesagt in Nepal. MUSTANG haben sich die Zeit genommen, um zu reifen. So verwundert es auch nicht, dass die ersten beiden Singles 'Terror Striker' und 'Black Steel' einiges an Staub aufgewirbelt haben und unter anderem Bryan Patrick (MANILLA ROAD), John Gallagher (RAVEN) und auch neuere Acts wie ENFORCER oder SOLICITOR die Jungs unterstützen. Fighter Records aus Spanien griffen dann letztendlich zu und bringen das Debüt "Beyond Raging Thunder" auf den Markt. Dazu darf man den Spaniern mal gratulieren, denn "Beyond Raging Thunder" dürfte eigentlich jedem gefallen, der ein Faible für die NWOTHM hat, dem Speed Metal der 80er immer noch huldigt, Nachschub an Metal á la CRIMSON GLORY braucht und für den MERCYFUL FATE das Nonplusultra sind. Eine Menge Einflüsse also, die MUSTANG da unter einen Hut zu bringen versuchen auf einer Scheibe mit zehn Songs, von denen einer als Intro fungiert und der andere ein Cover von 'Ram It Down' ist. Das die Inder daran nicht scheitern, spricht für sie. Ihren Teil zum positiven Gesamteindruck beigetragen haben - neben dem geschmackvollen Cover-Artwork - auch Jan Loncik (TRAVELER, RIOT CITY) und Dennis Koehne (SODOM, EXUMER), die "Beyond Raging Thunder" gekonnt co-produziert, gemischt und gemastert haben. Wahr ist allerdings auch, dass nicht jeder meine bisherigen enthusiastischen Worte unterschreiben wird, da "Beyond Raging Thunder" von einigen Hörerinnen und Hörern in der Kategorie "zu viel auf einmal gewollt" einsortiert werden dürfte. Die können dann von der Bewertung gerne einen Punkt abziehen.

Wie sich das für eine Scheibe gehört, die sich bei den Glanztaten des Heavy Metals bedient, eröffnet das 'Odyssey' betitelte Intro "Beyond Raging Thunder", und MUSTANG begeben sich in den kommenden 55 Minuten auf eine ebensolche. Einmal quer durch den schwermetallischen Kräutergarten und immer schön einen Stopp einlegen bei den wohlschmeckendsten Pflänzchen sozusagen. 'Children Of Thunder' ist ein prima gewählter Opener, der auf "Unstoppable Force" von AGENT STEEL zu den Highlights gehört hätte. Was vor allem daran liegt, wie sich die beiden Gitarristen Styx und Scorcher die Bälle zuspielen und ein speedmetallisches Riff nach dem nächsten aus der Hüfte feuern. Aber vor allem liegt es auch an Sänger Arijit "Piercer" Dutta, der mit seinen sirenenhaften Vocals den altersschwachen John Cyriis ganz arm aussehen lässt. Nicht nur der dürfte bei Piercer Eindruck hinterlassen haben, sondern auch der Diamantenkönig aus Dänemark, dessen theatralischer Gesang ebenfalls Pate gestanden hat. Mutig, dass MUSTANG dem Opener satte sieben Minuten Spielzeit gegönnt haben. Aber die füllen sie perfekt aus. Es folgt mit 'Cosmic Rage' der kürzeste Track des Albums. Nach spacigem Beginn wird das Teil tatsächlich zu einem pfeilschnellen Banger und CRIMSON GLORY treffen auf AGENT STEEL. Mit 'Queen Of Red Light' nehmen MUSTANG die erste Kurskoreektur vor, denn der Song ist deutlich temporeduzierter. Laut Arijit "Piercer" Dutta bezog er aus MAIDENS 'Charlotte The Harlot' und '22 Acacia Avenue' seine Inspiration für den Song. Gilt aber wirklich nur für die Lyrics. Und dann kommt 'Ram It Down'! Danke vorab, dass sich MUSTANG für den Titeltrack des in meinen Augen sträflich unterbewerten PRIEST-Klassikers entschieden haben und nicht für die öchtzigste 'Painkiller'-Quälerei. Ebenfalls sympathisch, dass die Jungs nicht stur am Original kleben, sondern das Stück "mustangisieren", bedeutet die Geschwindigkeit etwas anziehen und auch die Soli etwas abändern. Lediglich die Bridge ist etwas misslungen, aber was soll's? Das zu Beginn wie eine Halbballade klingende 'Realm Of Madness' ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, nimmt aber ab der Mitte und vor allem am Ende schön Fahrt auf und ist eine feine Verbeugung vor MERCYFUL FATE und vor allem CRIMSON GLORY. 'Electric Ecstasy' und 'Voyager' sind Songs, die schwer nach US-Metal klingen. Beide auch mit einigen proggigen Parts, mit den zuvor schon erwähnten theatralischen Vocals von Arijit "Piercer" Dutta. Muss man mit klar kommen, einige werden es unpassend oder im schlimmsten Fall nervig finden. Ich aber denke, dass es passt. Was folgt, ist die nächste Kursänderung, denn das bereits ältere 'Terror Striker' ist sowas von Spätphase der NWoBHM und lässt mich an SATAN/PARIAH denken. Und dann folgt mit 'Sapphire' tatsächlich am Ende der Scheibe noch eine reinrassige Ballade, die - ich muss es so sagen - recht deplatziert und unausgegoren wirkt und den von der Band erklärten Vorbildern für diesen Song, KISS und THIN LIZZY, zu keiner Sekunde gerecht wird. Aber lassen wir die Kirche mal im Dorf. "Beyond Raging Thunder" ist ein Debut, da darf mal schon mal einen kleinen Ausfall verzeihen und bei der Benotung außen vor lassen.

MUSTANG machen mit "Beyond Raging Thunder" schon viel richtig und beweisen, dass wir es hier mit einer Band zu tun haben, die auch ohne prominente Fürsprecher auf dem ein oder anderen Einkaufszettel von TradMetal-Fetischisten gelandet wäre. Wenn es denn wirklich ein klitzekleines Haar in der Suppe gibt, dann wohl die Vocals, die polarisieren könnten. Ich für meinen Teil habe damit keinerlei Probleme und deswegen gibt es hier auch acht Punkte für dieses spannende Scheibchen.

=== Aktueller Hinweis vom Dezember 2023: Golden Core/Zyx beschert euch ab Jahresende deine besondere Vinyl-Version, der aus klanglichen Gründen zum Longplayer noch eine zusätzliche 7-Inch beiliegt. So konnte beim Vinyl-Mastering mit der verkürzten Spieldauer das Beste rausgeholt werden. ===



Gesamtwertung: 8.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Odyssey
02. Children Of Thunder
03. Cosmic Rage
04. Queen Of Red Light
05. Ram It Down
06. Realm Of Madness
07. Electric Ecstasy
08. Voyager
09. Terror Striker
10. Sapphire
Band Website: www.facebook.com/mustangindia666
Medium: CD
Spieldauer: 56:15 Minuten
VÖ: 13.12.2023

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@Neudi "Rein musikalisch ist die Welt kleiner geworden, aber dennoch sind die Umstände, einen Tonträger zu machen, in manchen Ländern nach wie vor schwierig." Steht auch so, wenn auch zugegeben etwas missverständlich formuliert, in meinem Review ;) Gemeint war generell eine Zeit vor der globalen digitalen Vernetzung. Nichtsdestotrotz gebührt Dir, bzw. Golden Core, natürlich Dank für deinen Einsatz und Mühe für MUSTANG, keine Frage.
(30.12.2023 von Baarikärpänen)

Danke für das "Refreshen" von dem Review hinsichtlich unserer LP dazu :) Zur Einleitung: Rein musikalisch ist die Welt kleiner geworden, aber dennoch sind die Umstände, einen Tonträger zu machen, in manchen Ländern nach wie vor schwierig. Das gilt dann besonders für im eigenen Land unpopuläre Musik, wo man dann schlichtweg kaum ein Studio findet, welches damit umgehen kann. Oder ein Label, welches wengistens einen Teil der Aufnahmen finanziert.
10/10   (14.12.2023 von Neudi)

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