Livebericht The Vision Bleak (mit Saturnus und Dordeduh) |
---|
Ein Livebericht von Stormrider aus Erfurt (From Hell) - 28.09.2013 (18896 mal gelesen) |
Ein sonniger Spätsommertag in Erfurt. Die Stadt ist voll mit Touristen und so richtig will sich tagsüber noch nicht das Gefühl einstellen, das man für einen Gig der Horror-Metaller THE VISION BLEAK braucht. Das ändert sich allerdings, wenn man den kleinen aber feinen Club From Hell betritt. Ein Fassungsvermögen von 200 Leuten und eine Bar, die zwar durch eine Scheibe vom eigentlichen Konzertsaal abgetrennt ist, aber weiterhin einen Blick auf die Bühne ermöglicht. Cooler Schuppen mit netten Bedienungen und humanen Preisen, den man sich durchaus mal anschauen kann, wenn man ihn noch nicht kennt. Bevor das Konzert losgeht, reden wir noch mit Schwadorf über das neue Album "Witching Hour" (Interview) und sind pünktlich zur ersten Band des Abends wieder im Saal. Um 20:45Uhr betreten dann SATURNUS die Bühne. Die bereits 1991 in Kopenhagen ins Leben gerufene Band war mir bis dato nur vom Namen geläufig und das atmosphärische Intro verrät auch noch nicht so ganz in welche Richtung die Reise geht. Als dann die ersten tiefen Growls und schleppenden Riffs durch den Saal hallen, bekommt man eine Vorstellung, was folgen wird. Doooooom! Und in der Tat, die nächsten 45 Minuten sind langsam, schleppend und zäh. Das From Hell ist gut gefüllt, aber so richtig in Wallung kommen die anwesenden Metalheads nicht. Man ist fast versucht zu sagen, dass der Funke von der Bühne auf das Publikum überspringt. In dem Fall bedeutet das, dass das statische Stageacting auf der Bühne, zu einer Bewegungsarmut vor der Bühne führt. Die ersten Songs steht das Publikum also eher interessiert zusehend, als aktiv teilnehmend da. Im Laufe des Sets werden aber zumindest die ersten Reihen doch noch warm mit dem Material und auch die Band nimmt nochmal ein wenig an Fahrt auf. Gefühlt haben dennoch alle Songs Überlänge, und gerade die Vocals eignen sich so gar nicht um irgendwie aktiv daran teilzunehmen, soll heißen, man versteht nix davon und so richtig nachvollziehbar kommen sie für einen Nichteingeweihten auch nicht rüber. Sehr cool kommt aber das langsame Synchronbangen. Ein schleppendes Zeitlupenriff, zu dem die komplette Band und die ersten Reihen, die die, soweit vorhandenen, Haare fliegen lassen, nicht so wie man das sonst kennt, als wilder Pit. Nein, alle artig in Reihe und gleichzeitig. Hat was. Die Band schafft es langsam, und damit ja auch der Musik entsprechend, immer mehr Fans auf ihre Seite zu ziehen und so stehen nach dem doch recht verhaltenen Applaus zu Beginn am Ende sogar Zugabe-Rufe zu Buche. Die nachfolgende Umbaupause fällt mit mehr als 30 Minuten definitiv etwas zu lang aus und wirkt sich nicht unbedingt förderlich auf die gerade aufkommende Stimmung aus. Um kurz nach 22 Uhr geht es dann weiter, und die Rumänen DORDEDUH eröffnen ihre Show mit einem ewiglangem Intro, in dem erstmal wenig bis gar nichts passiert. Klar zum Black Metal gehört es, Atmosphäre aufzubauen, und die eingesetzten folkloristischen Instrumente sind zumindest optisch mal etwas anderes (googelt mal nach Tulnics), dennoch fragt man sich irgendwann, wann es denn nun wirklich losgehen möge. Als dann der Orkan losbricht, fehlt erstmal nicht nur mir der Zugang zu dem Material, sondern offensichtlich auch dem Publikum. Ich kann mich zumindest an kein Metalkonzert erinnern, bei dem in der ersten Reihe ein Haufen Jacken problemlos auf dem Boden abgelegt werden kann, und auch wird. Technisch durchaus sehr anspruchsvoll umgesetzt, ist das Material ziemlich sperrig und es fällt den Fans offensichtlich nicht leicht, sich darauf einzugrooven, zumindest ist der Headbangfaktor ziemlich überschaubar. Das Ganze entwickelt sich dann auch mehr zu einem Zuschauer-Gig im wahrsten Sinne des Wortes. Großartige Action gibt es vor der Bühne nicht. Dabei kann man DORDEDUH gar nicht mal vorwerfen, dass sie nicht die Interaktion suchen, nein, Sänger/Gitarrist Hupogrammos macht sogar ein paar Ansagen auf Deutsch, dennoch ist das Material so sperrig, dass sich die Atmosphäre nur langsam einstellt. Allerdings schafft es die Band, die erzeugte Atmosphäre dann auch durch eine von allen Bandmitgliedern genutzte Trinkpause wieder etwas zu drosseln. Ich muss gestehen, mich berührt es emotional eher wenig. Oder anders gesagt: künstlerisch wertvoll, aber wenig livetauglich. Um 22:45 Uhr haben die Rumänen Feierabend. Die zweite Umbaupause fällt zum Glück wesentlich kürzer aus und um kurz nach 23 Uhr betreten, zum Albumintro von "Witching Hour", Ulf Theodor Schwadorf, Allen B. Konstanz sowie ihre drei Tourmusiker die Bühne. Der Empfang des Publikums für THE VISION BLEAK ist herzlich, aber noch nicht übermäßig euphorisch. Da das neue Album gerade erst einen Tag erhältlich ist, darf man durchaus gespannt auf die Reaktionen zu den neuen Songs sein, und davon wird es vier Stück im Laufe des Abends geben. Mit 'Hexenmeister' gibt es dann auch gleich den ersten zu Beginn. Für mich einer der stärksten Songs des Albums und ein guter Einstieg in den Gig. Wobei man hier schon merkt, was sich durch das ganze Konzert ziehen wird: Die ersten Reihen gehen steil und feiern die Band ziemlich ab, während ab der Mitte mehr bedächtiges "Nur dabei, statt mittendrin" vorherrscht. Doch THE VISION BLEAK sind lange genug am Start, um zu wissen, wie man aktuelles Material geschickt in die Setlist einbaut. Daher gibt es danach das Triple 'Carpathia', 'The Black Pharao' und 'Night Of The Living Dead', was das Publikum sehr dankbar annimmt. Dabei wird nochmals deutlich, dass die beiden Supportbands mit ihrem Material doch eine andere Klientel bedienen, denn der nach vorne treibende Gothic-Metal (und damit meine ich nicht weinerliches Gejammere, sondern eine der Horrorthematik entsprechende, düstere Stimmung, die sich mit Metal paart) lädt gleich viel mehr zum Headbangen ein. Der Sound im From Hell ist übrigens den ganzen Abend über vernünftig, allerdings sind jetzt alle die im Vorteil, die einen Platz vor der Bühnenmitte haben, denn während Schwadorfs Gitarre offensichtlich über den linken Kanal läuft, kommt über den rechten nur die Spur des gutgelaunten Tourgitarristen. Der erinnert mit seiner schwarzen Wollmütze und dem Dauergrinsen irgendwie immer an Axel Stein. Klar, der Fokus liegt natürlich auf Schwadorf und Konstanz, die auch wie immer passende Bühnenklamotten tragen und etwas mehr (Konstanz) bzw. etwas weniger (Schwadorf) geschminkt sind. Eine Anpassung des Bühnenoutfits auch für die Tourmusiker würde dennoch nicht schaden, denn dann kommen kleine Gimmicks wie der Hexenkessel in der Bühnenmitte, aus dem regelmäßig Rauch auf die Bühne wabert, nochmal einen Schuss besser, gerade unter dem Gesichtspunkt, dass THE VISION BLEAK ja durchaus als Gesamtkunstwerk aus Musik und (Horror-)Thematik zu verstehen sind. Apropos Musik, 'Cannibal Witch' fügt sich mit seinem osteuropäischen Einschlag nahtlos in die Setlist ein und dürfte auch nach dieser Tour weiter zum Programm gehören. Überhaupt werden alle vier neuen Stücke ziemlich abgefeiert, bei 'The Wood Hag' (das ja bereits seit ein paar Wochen als Video veröffentlicht ist) fallen die Reaktionen sogar richtig euphorisch aus. Konstanz lässt sich beim folgenden 'Kutulu' dann auch dazu hinreißen, die Fans zu "Hey, Hey"-Chören zu animieren. Ansonsten ist die verbale Kommunikation eher überschaubar, was aber auch gar nicht so ins Gewicht fällt, da es zur Bühnenpräsenz auch nicht so richtig passen würde; da reichen das theatralischen Stageacting und entsprechende Gesten vollkommen aus und unterstützen die Musik mehr, als es großartige Ansprachen tun würden. Nach 'Wolfmoon', 'The Grand Devilry' und 'The Blocksberg Rite' (der Maultrommel-Part kommt auch live auf den Drums ziemlich cool) ist dann auch erstmal Schicht. Nachschlag gibt es noch in Form von 'Deathship Symphony' und 'Lone Night Rider'. Um 0:25 Uhr ist der Hexenspuk vorbei, ich persönlich hätte ja gerne noch ein oder zwei Songs gehört z.B. 'The Demon Of The Mire' oder auch 'By Our Brotherhood With Seth'. Ein gelungener Gig, zu dem als Fazit festgehalten werden kann, dass das Songmaterial des aktuellen Albums seine Livepremiere bravourös bestanden hat. Die alten Hits ziehen natürlich auch nach wie vor, so dass es eigentlich keinen Grund gibt, sich THE VISION BLEAK nicht mal vor Ort anzusehen. Setlist THE VISION BLEAK: 01. Witching Hour (Intro) 02. Hexenmeister 03. Carpathia 04. The Black Pharaoh 05. Night Of The Living Dead 06. Cannibal Witch 07. Descend Into Maelstrom 08. The Wood Hag 09. Kutulu 10. Wolfmoon 11. The Grand Devilry 12. The Blocksberg Rite Encore 13. Deathship Symphony 14. Lone Night Rider |
Alle Artikel