Livebericht Arch Enemy |
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Ein Livebericht von Opa Steve aus Andernach (Juz-Liveclub) - 09.05.2015 (21008 mal gelesen) |
Schon bevor die Lokalmatadore SECUTOR den heutigen Gig-Reigen eröffnen, ist die Halle des JUZ bereits proppevoll. Und als die Koblenzer Thrasher loslegen, stehen immer noch einige Dutzend Leute vor dem Eingang. Auch uns geht es so, daher hören wir die ersten beiden Songs leider nur, können den Fünfer aber dabei nicht sehen. Jetzt heißt es schnell ein Bierchen organisieren und durch die Menge schlängeln, um ein geeignetes Plätzchen zu finden. Das schaffen wir genau zur richtigen Zeit, denn auf der Bühne wird gerade 'Raise The Tankard' angestimmt. Dem Aufruf folgen fast alle Anwesenden und feiern den Song ordentlich ab. Als der Fronter Bobby danach (überflüssigerweise) fragt: "Habt ihr Lust auf Bier?", brüllen natürlich alle "Ja"; woraufhin die Thrash-Haudegen 'Beer.Vomit.Metal' zum besten geben, was in den Zwischenparts immer wieder mit "Hey,hey,hey"-Rufen aus mehreren hundert Kehlen unterstützt wird. Wie bei dem darauf folgenden 'Thrash Or Die' schüttelt man während des gesamten Auftritts überall wild die Matten. Leider bildet 'Secutor' schon den Schlusstrack für dieses viel zu kurze Gastspiel. Die Zuschauer wollen die Jungs aber eigentlich noch gar nicht von der Bühne lassen und fordern lautstark eine Zugabe. Doch das ist wegen des straffen Zeitplans (und wohl auch wegen des fehlenden Backkatalogs) nicht möglich. Schade, denn SECUTOR machen live immer ziemlich viel Laune. Den gehörigen Jubel haben sie sich also mehr als redlich verdient und den Liveclub gut eingeheizt. Setlist SECUTOR 1. The Ancient Curse 2. Taken By Satan 3. Raise The Tankard 4. Beer.Vomit.Metal. 5. Thrash Or Die 6. Secutor Da das ARCH ENEMY-Drumkit bereits komplett aufgestellt ist, haben die Vorbands übrigens recht wenig Platz für ihre Performance. So müssen dann auch NAILED TO OBSCURITY nur mit dem wenigen Platz auf dem vorderen Teil der Bühne vorlieb nehmen. Auch wenn weniger Zuschauer als bei SECUTOR da sind, ist die Halle immer noch relativ gut gefüllt, als der Fünfer seinen Set beginnt. Die Norddeutschen sind kurzfristig für die eigentlich auf dem Plan stehenden IRON REAGAN eingesprungen. Die meisten sind daher gespannt, was jetzt geboten wird. Bei NAILED steht angedoomter Death/Dark Metal mit Growlgesang auf dem Programm. Aufgrund dessen ist hier logischerweise das Tempo deutlich niedriger - und so verliert sich leider relativ schnell die vorher angestaute Thrash-Power. Die Band hat zwar Stücke mit sehr interessanten Strukturen und einigen schönen PARADISE LOST-Leads auf Lager, aber wenn man - wie wohl die meisten Leute - mit dem Songmaterial nicht vertraut ist, hat es der Zuhörer schwer, sich darauf einzulassen. Die Musik ist eher geeignet, um sie sich mit voller Konzentration auf CD anzuhören. Trotzdem können NAILED TO OBSCURITY einige in der Halle mobilisieren und zu "Hey,hey"-Rufen animieren. Der Schlussapplaus fehlt natürlich ebenfalls nicht. Nach einem längeren Umbau, der auch das edel aussehende Plexiglas-Drumkit von ARCH ENEMY zum Vorschein bringt, werden nach ausgiebigem Soundcheck die Nebelwerfer angetestet, die die Bühne einhüllen, so dass man nur schemenhaft die Bandmitglieder erkennen kann, die nach und nach während dem Intro die Bühne betreten. Los geht es mit 'Yesterday Is Dead And Gone'. Außer, dass der Song mit ziemlichem Alarm startet, kann ich dieser vertonten Anarcho-Träumerei wie auch dem gesamten "Khaos Legions"-Album nicht sonderlich viel abgewinnen. Alissa beweist allerdings vom ersten Ton an, dass sie stimmlich einer Angela Gossow fast ebenbürtig ist. Sie growlt nicht ganz so tief, klingt dafür als brutale Frauenstimme sehr authentisch, während ich beim letzten Gig mit Angela in Andernach das Gefühl hatte, dass auf ihrem Gesang ein paar Effekte zu viel lagen. Natürlich gelten die ersten Blicke der Frage, wie sich ARCH ENEMY mit Alissa und Shred-Gott Jeff Loomis präsentieren werden. Alissa hat gegenüber den ersten Videos, die man von Live-Mitschnitten gesehen hat, deutlich an Routine und Selbstsicherheit zugelegt und profitiert sicherlich auch von der kürzlichen Tour mit SODOM und KREATOR. Sie geht auf's Publikum zu, aber besteht nicht wie Angela darauf, auch in Instrumentalpassagen der Mittelpunkt zu sein, sondern bangt auch gern mal im Hintergrund am Drumkit. Mit 'Burning Angel' gibt es noch einen Titel aus der Angela-Phase, bevor die Band dann mit 'War Eternal' in den Titelsong des aktuellen Albums einsteigt. Die Integration von Jeff Loomis in die Band beweist sich gerade Live als absolut gelungener Schachzug. Jeff, der ja nun wirklich auf eine ausreichende Vita im Metal-Business zurückblickt, einst mit NEVERMORE groß wurde und als Gitarrengenie sich immer wieder auf Solo-Pfaden seine eigenen Ansprüche erfüllte, integriert sich komplett in die Band. Mit Feuer setzt er Christophers Parts um. Auffällig ist, dass er Michael einen Großteil der Leads überlässt, obwohl er selbst vermutlich technisch sogar noch besser ist. Eventuell liegt es daran, dass er selbst noch nichts zu den ARCH ENEMY-Titeln beitragen konnte. Aber wenn sich die beiden Gitarristen mit Twin-Guitars gegenseitig anspornen und zu Höchstleistungen anstacheln, dann bekommt man eine Ahnung, welches Potenzial für zukünftige Alben in dieser Nitro- und Glyzerin-Kombination steckt. Man darf hoffen, dass die Auswahl von Jeff Loomis der Band, die auf der kreativen Seite leider nie eine dauerhafte Leistung erbringen konnte und neben starken auch einige schwache Alben herausgebracht hat, den nötigen Kick gibt. Nach einem kurzen Dialog mit dem Publikum ist die Band ausreichend warmgespielt und zum starken 'Ravenous' gibt es einen ersten fetten Moshpit. Alissa spornt das Publikum an, die Gitarrenmelodien der Bridge laut mitzusingen, was sich die geschätzten 600 Besucher nicht zweimal sagen lassen. Da die Anlage heute ohnehin nicht überlaut aufgerissen ist, kommen die Chöre gut gegen die beiden Gitarristen an, während Sharlee am Bass ein energisches Fundament setzt. Der weitere Gig verläuft in kompakten Paketen ohne viel Ansagen und der JUZ-Liveclub nimmt dank der enthusiastischen Fan-Reaktionen langsam die Gestalt eines Dampfbads an, wozu die schweißtreibenden Pits, die lauten Gesänge und auch der Dauernebel von der Bühne beitragen. Letzterer ist schon eine Spur zuviel, denn man möchte ja schon hier und da was von der Band sehen, und auch der Lichtmann hat nicht immer alles im Griff. In manchen Momenten ist das Licht so spärlich, dass man sich fragt, wie die Band noch eine Orientierung auf ihren Instrumenten haben kann. Die Songauswahl pendelt insgesamt recht paritätisch zwischen Angela- und Alissa-Material, d.h. die Band verlässt sich nicht nur auf das alte Hit-Material, sondern positioniert "War Eternal" mit Songs wie 'As The Pages Burn', 'You Will Know My Name', 'No More Regrets' und 'Avalanche' weiter sehr energisch in ihrer Setlist. Beim technisch anspruchsvollen 'No More Regrets' wird die enorme Routine und Professionalität der Band ersichtlich, wenn sich alle Member mit halsbrecherischer Sicherheit durch den schnellen Titel in einen Rausch spielen. Die beiden Gitarristen feuern sich abwechselnde Leads um die Ohren, dass es eine wahre Freude ist. Ich halte "War Eternal" nicht für das beste ARCH ENEMY-Album, aber dieser Titel ist absolute Weltklasse. Und wenn sich das kongeniale Gitarristenduo zukünftig in dieser Art auslassen wird, dann steht ARCH ENEMY der Höhepunkt ihrer Karriere noch bevor. Nach der großartigen Hymne 'We Will Rise' ist dann der Hauptteil des Gigs vorbei und die Band lässt das Publikum, welches die letzten Kräfte mobilisiert, um die Band mit Zugabe-Rufen zurück zu holen, mit rauen Kehlen zurück. Nach einer gefühlten Ewigkeit geht es dann endlich in den obligatorischen Zugabeblock. Zum Intro der "War Eternal"-Scheibe kommt die Band zurück auf die dunkle und frisch eingenebelte Bühne. Die Blasts des brutalen 'Never Forgive, Never Forget' mobilisieren sofort wieder viel Bewegung im Publikum, während die Musiker noch frisch bei Kräften wirken. Beim ruhigen Instrumental 'Snowbound', welches in Form eines doppelten Gitarrensolos ausgelegt ist, können sich alle noch ein wenig erholen, bevor es mit 'Nemesis' nochmal richtig brutal wird. Ich habe ARCH ENEMY im Laufe ihrer Karriere mehrmals live gesehen. Wenn ich beschreiben müsste, was die heutigen ARCH ENEMY ausmacht, dann würde ich sagen: sie haben eine Verjüngungskur gemacht. Sie wirkten schon lange nicht mehr so als Band wie 2015. Christopher wurde die letzten Jahre zunehmend statisch und man merkte ihm seine fehlende Motivation deutlich an und die zunehmende Fokussierung auf Angela Gossow war für eine so beeindruckende Frontfrau zwar berechtigt, aber für eine Band auf Dauer nicht gesund. Alissa White-Gluz macht ihren Job fantastisch und unbelastet, da sie gar nicht versucht, eine Kopie darzustellen. Und mit Jeff ergibt sich ein irres Potenzial, auf welches ich mich jetzt schon freue. Dementsprechend zufrieden und ausgepowert bin ich nach diesem kurzweiligen Gig, der irgendwie viel zu schnell und wie im Flug verging. Und auch dem Rest des proppevollen JUZ-Liveclubs merkt man an, dass sie sich über die Rückkehr von ARCH ENEMY in die kultigen Hallen des JUZ-Liveclubs freuen, nachdem die Band die letzten geplanten Engagements in Andernach abgesagt hatten. Ich freu mich schon mal auf's Dynamo und alle weiteren Gigs mit ARCH ENEMY. |
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