Interview mit Luke Purdie, Matt Pearce von Voodoo Six

Ein Interview von Contra vom 29.07.2013 (8387 mal gelesen)
Auf dem zum Konzertgelände umfunktionierten Parkplatz vor der Oberhausener KöPi-Arena sammelten sich langsam Massen von Menschen, um in mörderischer Hitze auf IRON MAIDEN zu warten. Doch zunächst standen die Londoner VOODOO SIX auf dem Programm, die mit ihrem aktuellen Output "Songs To Invade Countries To" angereist waren. Wir haben uns in den herrlich klimatisierten Katakomben der Arena mit Gitarrist Matt Pearce und Fronter Luke Purdie zusammengesetzt und ein bisschen über die Tour gequatscht.

Hallo Jungs. Danke, dass ihr euch für uns Zeit nehmt. Die vielleicht allerwichtigste Frage zuerst: Wie ist es so, mit IRON MAIDEN zu touren?

Matt: Genau so, wie du es dir vorstellst.

Luke: Ja, es ist wirklich enorm. Jeden Abend gehst du raus und da steht eine riesige Menschenmenge. Alles ist unfassbar groß angelegt, der Sound, die Lightshow. Und du kannst dir jeden Abend IRON MAIDEN angucken (lacht).

Matt: Der Witz ist, dass die Gigs an sich überwältigend sind, aber dazwischen und an den Tagen, an denen wir nicht spielen, ist das eine ganz normale Tour. Hier passiert auch nur Alltagsscheiße, aber die Gigs sind wirklich der helle Wahnsinn. Die Organisation und das ganze Drumherum sind bewundernswert und es ist klasse, ein Teil davon zu sein. Die Jungs sind wirklich Profis.

Habt ihr schon mal in einem so großen Rahmen gespielt?

Luke: Na ja, wir hatten einen Gig mit MAIDEN ...

Matt: Ja, wir haben zusammen mit MAIDEN im Hammersmith Odeon gespielt, da passen so um die 5.000 Leute rein. Das war super, aber nicht so wie hier ... Ok, Tony, unser Bassist vielleicht. Der hat in einem früheren Leben so was gemacht. Keiner von uns hat schon mal in einer Arena gespielt. Unser erster Arena Gig war so "Heilige Scheiße!"-mäßig. Wirklich wahnsinnig.

Die großen Bühnen liegen euch also, aber spielt ihr jetzt überhaupt noch gerne in kleinen Clubs?

Luke: Klar, beides ist toll. Wir haben im Garage-Club in London eine klasse Show gehabt, bevor wir abgereist sind. Da waren 500, vielleicht 600 Leute. Und das hat Spaß gemacht, das war wirklich super. Aber offensichtlich ist das hier ein ganz anderer Maßstab. Du gehst raus und da stehen Massen von Menschen. Überall nur Köpfe, ein Meer aus Köpfen. Aber bisher hat uns das Publikum super aufgenommen.

Matt: Absolut super, ja. Es ist ein Riesenunterschied, ob du vor deinem eigenen Publikum spielst oder vor einem fremden. Wenn du in einem Klub vor deinen eigenen Fans spielst, ist das unglaublich. Überall sind deine Shirts, alle keinen deine Songs und du weißt, welche Songs zünden werden. Hier ist das anders. Du weißt nie, ob du sie überzeugt bekommst oder ob es ein Kampf wird. Aber das Publikum war unglaublich. Es ist umwerfend, wie unfassbar nett alle zu uns sind.

Habt ihr vorher schon mal in Deutschland gespielt?

Matt: Nein.

Luke: Waren wir nicht mit U.F.O. in Deutschland?

Matt: Nein, wir waren in Holland. Wir haben in Holland gespielt. Aber das ist ja quasi das Gleiche (lacht).

Luke: Man hat uns immer gesagt, dass unsere Musik wie für Deutschland gemacht ist. Dass die Deutschen Rock lieben. Unser erster Gig war in Frankfurt, im Juni. Also haben wir jetzt ... das ist unsere fünfte Show in Deutschland, zusammen mit MAIDEN. Aber davor waren wir nie hier.

Wie gefällt es euch hier, wie sind die Fans?

Luke: Wir lieben es hier. Die Deutschen sind viel, viel aktiver als unsere zurückhaltenden, englischen Fans. Das sind wir nicht gewöhnt. Aber hier ist wirklich jeder bereit, Spaß zu haben.

Matt: Es ist interessant, sich die Unterschiede zwischen den Ländern anzusehen. Auf welche Art und Weise sie einen Gig feiern. Die Leute kommen anders in Stimmung, reagieren anders. Es ist wirklich interessant, sich die Stimmung anzusehen. Es ist faszinierend.

Luke: Die Polen waren komplett verrückt.

Matt: Aber hallo.

Luke: Total verrückt. Von der ersten Sekunde an sind die völlig durchgedreht.

Matt: Die Deutschen sind so "och, das ist ja echt ganz nett" drauf. Und sie haben geniale Konzerthallen. Frankfurt war ganz große Klasse. Die Festhalle, das ist doch ziemlich bekannt, oder?

Ihr seid ja in Deutschland eher unbekannt. Könnt ihr uns einen kurzen Überblick über die Bandgeschichte geben?

Luke: Also, die Band selbst gibt es seit ungefähr sechs Jahren.

Matt: Sechs, sieben Jahre müssten das jetzt sein, ja.

Luke: Tony Newman, unser Bassist, hat sie gegründet. Und ich bin als Letzter dazugestoßen. Nein, das war Joe, unser Drummer. Ich bin jetzt vier Jahre dabei, Joe zwei Jahre. Es ist eine kleine Evolution. Es ist natürlich kompliziert, wenn ständig Leute kommen und gehen, aber es gibt nur wenige Bands, die wirklich lange zusammen spielen. Es geht darum, dem perfekten Line-up langsam näher zu kommen. Im Moment fühlt es sich richtig an. Ich glaube, wir können alle sagen, dass eine gute Stimmung in der Band herrscht. Auch, wenn der Bus kaputtgeht.

Euer Bus ist vergangene Nacht in Berlin liegen geblieben. Was ist da passiert?

Matt: Na ja, es ist ein ziemlich alter Bus.

Luke: Ja, ein alter Bus. Da hätte jederzeit alles passieren können. Wir haben sogar ein Loch im Dach. Ungefähr 30 Zentimeter breit. Immer, wenn es regnet, müssen wir da einen Regenschirm durchstecken und einen Schuh an den Griff hängen, damit er nicht wegfliegt.

Matt: Das erklären sie dir im Rock'n'Roll-Handbuch nicht. Der Regenschirm und der Schuh. Das könnte ein Konzeptalbum werden.

Tour mit MAIDEN, haben sie gesagt. Das wird ein Spaß, haben sie gesagt.

Matt: Genau. Bring einen Regenschirm und einen Schuh mit, haben sie nicht gesagt.

Luke: Also, die Radaufhängung hat den Geist aufgegeben. Wir haben fünf Stunden auf der Straße gehockt, bis der Bus in der Werkstatt war und wir Ersatz hatten. Jetzt ist er repariert und wir können ihn heute Abend abholen. Dann geht's nach Schweden, dafür könnte der Bus durchaus nützlich sein.

Matt: Außerdem war er die letzten Monate unser Zuhause.

Luke: Ja, wir haben die letzten sechs Wochen jede Nacht darin geschlafen. Deswegen riecht er jetzt ein bisschen komisch. Und sieht auch ein bisschen komisch aus.

Matt: Eau de Voodoo Six. Das könnten wir vermarkten.

Luke: Ich weiß nicht, ob das irgendjemand kaufen würde.

Matt: Ja, so blöd ist niemand.

Wie lange seid ihr noch auf Tour? Was sind eure Pläne danach?

Luke: Na ja, wir touren noch bis Anfang August. Dann werden wir nach Hause gehen und ein paar Wochen lang nicht miteinander reden. Joe: Ich werd euch vermissen, Jungs.

Luke: So im September, Oktober gehen dann wieder raus.

Matt: Ich denke, wir sollten uns langsam Gedanken über ein neues Album machen. Es hat Vorteile, ein paar Schritte voraus zu sein. Ok, unser neues Album kam gerade erst raus, aber es war schon vor fast einem Jahr fertig. Wir haben ein paar Ideen und ich denke, wir werden uns hinsetzen und die ausarbeiten.

Luke: Standard, nicht wahr? Shows und Studio. Das ist so ziemlich alles, was wir machen.

Wo wir gerade von eurem Album reden, "Songs To Invade Countries To". Was ist die Geschichte hinter dem Artwork?

Matt: Das war Tonys Idee, er hat es dem Zeichner unterbreitet. Es ist ein bisschen zweideutig, mit den Soldaten und ihren Gitarren. Es funktioniert gut mit dem Titel. Wir marschieren mit unserer Musik bei euch ein und übernehmen euren Laden.

Wie kommt man als ganz normaler Mensch zu einer Tour mit IRON MAIDEN?

Matt: Ja, wie ist das eigentlich passiert?

Luke: Unser Bassist hat mal mit MAIDEN zusammengearbeitet. Die Kontakte sind dann geblieben und MAIDEN haben uns zur Tour eingeladen. Das war ziemlich nett von ihnen.

Matt: Na ja, viele Leute denken jetzt vielleicht, dass man mal mit MAIDEN arbeitet, denen den ein oder anderen Gefallen tut und schon zur Tour mitgenommen wird. So funktioniert das nicht. Die wissen schon, wer wir sind. Die haben die Entwicklung unserer Band genau im Auge. Aber sie nehmen uns nicht einfach mit, weil wir Freunde sind oder so was. Da steckt mehr dahinter. MAIDEN spielen vor 80.000 Mann, die können es sich nicht leisten, irgendeine dahergelaufene Band mitzunehmen. Wenn wir scheiße spielen, färbt das auf sie ab. Ich denke, es ist das größtmögliche Kompliment, eingeladen zu werden. Dass die Jungs denken, wir sind gut genug, bei so was dabei zu sein. Und dadurch werden wir auch gut genug. Weil wir müssen.

Luke: Wir können hier nicht einfach irgendeinen Scheiß abziehen. Die Größe dieser Tour sorgt dafür, dass wir uns richtig ins Zeug legen.

Alles klar, nochmals danke für eure Zeit. Die letzten Worte gehören euch.

Luke: OK.

Matt: War schön.

Luke: Kommt vorbei, wenn wir wieder in Europa sind.

Matt: Wir werden wiederkommen.

Luke: Wir sollten im November wieder da sein und wir werden sicherlich auch in Deutschland spielen. Also haltet ein Auge offen. Wir kriegen euch.

Matt: Bereitet euch auf die Re-Invasion vor.

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