Interview mit Neudi von Masters Of Disguise

Ein Interview von Opa Steve vom 20.12.2013 (20599 mal gelesen)
Der Geist der Legende SAVAGE GRACE in einer rheinhessischen Tribute-Band, die direkt mal 9,5 Punkte bei uns absahnte ... Drummer Neudi erzählt uns von den alten und neuen Zeiten.

imgright

Hallo Neudi, wie läuft der Interviewstress zum neuen Album an? Habt ihr viel zu tun?

Neudi: Es geht jetzt los. Wir haben das bisschen aufgeteilt, und den Löwenanteil macht der Kalli, weil der auch viel mit der Produktion der Platte zu tun hatte. Der hat schon einiges geleistet, und auf mich kommen diese Woche auch noch ein paar Sachen zu. Unsere Plattenfirma hat da so eine Politik, dass erst die Platte veröffentlicht wird, und dann beginnt die Promo. Daher kommt das nicht so geballt auf einen zu, wie z.B. bei mir bei der letzten MANILLA ROAD. Das zieht sich jetzt über die nächsten 3 Monate, und das ist eigentlich ganz angenehm.

Ist ja auch ganz gut, wenn die Platte auch im Laden steht, wenn die Promo läuft.

Neudi: Jein, das ist zwar richtig, aber die ist dann in den Läden nicht so gut vertreten. Wenn der Vertreter zum Disponenten kommt, hat er noch keine so guten Argumente für die Scheibe. Der denkt sich dann, nachdem er schon 30 andere Metal-Platten gesehen hat: "Jo, das sind irgendwelche Newcomer ...". Das ist die Gefahr bei der Sache. Wenn das ein Metaller mit Ü30 - nee, das langt nicht - Ü40 ist und noch SAVAGE GRACE kennt, dann nimmt er mal einige. Aber im Media Markt, Müller oder Saturn gibt es kaum Metaller, die den Einkauf machen. Da müsste schon stehen "James Hetfield von METALLICA sagt: super Band!".

Wie alt seid ihr denn so im Schnitt?

Neudi: Unser Alexx ist auf jeden Fall der jüngste, der hat die Vier noch nicht vorne. Ansonsten sind wir alle knapp über 40.

Auch das ist ja knapp für die Gelegenheit, SAVAGE GRACE in der Urbesetzung noch live gesehen zu haben.

Neudi: Ähem, ich hätte sie beinahe gesehen ...

Loreley 1985. Ich war da.

Neudi: Das werde ich nie vergessen. Ich hatte schon das Go von meinen Eltern, dass ich da mit einem Kumpel hin darf. Die wollten keinen Rückzieher machen, haben mir aber zwei Crash-Becken für mein Schlagzeug versprochen, wenn ich nicht hingehe. Ich habe mich für die Crashbecken entschieden. Immerhin gab's später mal eine VHS-Cassette, wo aber die Hälfte gefehlt hat. Ein paar Sachen hat man auf Tele5 gesehen. Als wir bei SAVAGE GRACE waren, haben wir versucht, herauszufinden, wer damals überhaupt gefilmt hat. Wir sind bis zur alten Spitze des Metal Hammers hochgegangen. Manni Eisenblätter und so, aber niemand wusste mehr, wer das gefilmt hatte und wo der Krempel überhaupt liegt.

Das war ein verdammt spannender Tag. Nicht nur einer der letzten Cliff Burton-Auftritte, was ja niemand ahnen konnte, aber auch der einzige Europa-Gig von SAVAGE GRACE.

Neudi: Ja, und der arme Kerl (Chris Logue, Git. - d. Red.) wurde kurz vorher von seinem Sänger im Stich gelassen. Ich kann mich noch erinnern, wie in der Presse gestanden hat, wie schlecht der Gesang gewesen ist.

Der war abgrundtief schlecht.

Neudi: Jaja, der hatte ja vorher noch nie gesungen! Auf dem Nachfolgealbum "After The Fall From Grace" war dann überall zu lesen, wie erstaunlich der auf einmal singt. Also da hat er bis dahin wirklich Übung gehabt.

Wobei er mit euch in Oberhausen vor paar Jahren auch nicht besonders gut war ...

Neudi: Nö. Das macht auch keinen Sinn, das jetzt aus Nostalgiegründen zu leugnen. Uns hat's die Fußnägel im Proberaum schon hochgerollt, aber so gegen Ende der Tour wurde es wirklich hörbar. Wir haben viel mit Background-Gesang aufgefangen, das waren dann die melodiösen Stellen, hahaha. Aber er musste halt singen, denn das Gitarrespielen hatte er komplett verlernt.

Das war aber das, was er konnte.

Neudi: Das konnte er sehr gut! Er hat auch bestimmte Griffe und Harmonien entwickelt, die bei SAVAGE GRACE zum ersten Mal zu hören waren. Wir haben auch bei MASTERS OF DISGUISE diesen Akkord recht oft verwendet. Deswegen denkt man auch schnell an SAVAGE GRACE.

Man erkennt es wirklich schnell wieder.

Neudi: Ich kenne noch die Urform der Songs. Durch die Chöre wurde es deutlich europäischer, und die Soli gingen in Richtung ACCEPT. Aber wir wollten im Grunde keine Coverband sein, sondern da weitermachen, wo wir mit Chris aufgehört haben. Würde jetzt auf der Platte SAVAGE GRACE stehen, wäre es kein zweites "Masters Of Disguise" geworden. Insofern klingt die Scheibe ohne ihn deutlich mehr nach SAVAGE GRACE als mit ihm. Er hat auf Tour viel JUDAS PRIEST und MSG gehört, und viele seiner Ideen waren eher Midtempo.

Das passt in der Tat nicht.

Neudi: Es war eine alte Form des US-Metals, den es heute kaum noch gibt. Es hätte vielen Leuten auch gefallen, aber SAVAGE GRACE werden eben mit den alten schnellen Scheiben in Verbindung gebracht. Aber nach der finalen Maxi gab es noch zwei Songs auf einem Sampler, das ging fast schon in Richtung Hair Metal, bevor er's dann ganz aufgelöst hat.

Also wenn ihr weiter gemacht hättet, wären es seine Songs geworden?

Neudi: Nee, er hat drei Songs fertig gehabt. Die hat er im Hotelzimmer in seinen Laptop reingespielt; Gitarre, Gesang, und eine Kuhglocke als Metronom. Ein Song davon ist auf dem Album drauf, 'Templer's Gold'. Er war aber auch explizit daran interessiert, dass wir auch eigene Songs beisteuern und zusammen was machen.

'Templer's Gold' fällt wirklich etwas aus dem Rahmen - er erinnert mich an alte RUNNING WILD. Also in der Tat sehr europäisch. Wie kam es denn dazu, dass der Kontakt jetzt wieder abgebrochen ist?

Neudi: Das Problem ist, dass ich das nicht 100%ig erzählen darf. Er hat es mit bestimmten Verträgen nicht so ganz ernst genommen. Da ist auch Geld geflossen, was ihm nicht zustand, und die Hälfte war dann weg. Irgendwann war dann der Haftbefehl da, dann ist er einfach ab, und seitdem haben wir nichts mehr von ihm gehört. Er soll wohl auf einer Insel in der Südsee sein.

Das heißt, er konnte sich zu eurem Album auch noch gar nicht äußern?

Neudi: Nein. Ich weiß auch nicht, ob er so richtig begeistert wäre. Damals war er happy, dass er eine Band gefunden hat, die komplett vorbereitet war, und mit der er spielen konnte. Ich glaube aber, er hat keine Lust, jetzt so was Ähnliches nochmal zu machen.

Als Fan der alten SAVAGE GRACE müsste man ja eigentlich Chris dankbar sein - denn jetzt gibt's SAVAGE GRACE mit geilem Gesang.

Neudi: Hahaha, das ist genau das, was der Kalli damals gesagt hat. Bei einigen ROXXCALIBUR-Gigs hier ums Eck haben wir öfter mal den einen oder anderen SAVAGE GRACE-Song eingestreut, und die Leute sind total abgegangen, obwohl sie die Sachen gar nicht gekannt haben. Und da hat der Kalli gesagt: "Komm, lass uns SAVAGE GRACE mit gutem Gesang machen!", hahaha.

Wie haben die Fans von SAVAGE GRACE sonst so reagiert?

Neudi: Bisher liest sich alles super, was ich so im Internet mitkriege. Ich horch nicht mehr ganz so tief in Foren, weil ich mich dann immer so schnell aufrege. Kritik gibt's von einigen Leuten an unserem Videoclip. Die machen da ein Riesenfass auf und deuten das als frauenfeindlich und kapieren gar nicht, dass das einfach nur ein Film ist, geschrumpft auf fünf Minuten. Das ist so das einzige Negative, was man so liest. Im Vorfeld der Platte gab's natürlich auch einige Underground-Polizisten, die gesagt haben, wir würden jetzt mit dem Namen SAVAGE GRACE irgendwie versuchen, Aufmerksamkeit zu kriegen. Wir haben aber doch schon viel gemacht - wir waren beim KIT GRIFFIN, wir waren auf dem Swordbrothers Festival THUNDER RIDER...

Beim Video habt ihr aber doch sicher damit gerechnet, dass es nicht jeder verstehen würde, oder?

Neudi: Wir hatten das Video ja erst recht spät komplett geschnitten gesehen, weil wir als Band darin ja keine Rolle spielen. Die Aufnahmen entstanden hier in einer Rockkneipe, in einer Bank wurde ein Büro zur Verfügung gestellt, was dann im Video die Polizeistation ist. Als ich das fertige Video sah, dachte ich auch erst: ja, das gibt bestimmt Kontroversen. Ich kann das auch irgendwo nachvollziehen, aber ich habe es immer als zwei Ebenen gesehen: wir als Band spielen einfach den Song, und dabei läuft ein kleiner Kinofilm über einen Frauenmörder, der etwas Unschönes mit den Frauen macht, bevor er sie umbringt. Aber sie ist ja nicht tot, das sieht kaum jemand. Aber in den letzten zwei Sekunden bewegt sich ihre Hand noch.

Haha, dann ist ja alles gut - nichts passiert! Aber das Konzept war ja klar, es geht in die alte Richtung.

Neudi: Ja, IRON MAIDEN haben ihren Eddie, MEGADETH ihren Kopf, MOTÖRHEAD haben ihren Schädel, der auch auf jeder Platte irgendwie drauf ist. Viele Bands haben ein Markenzeichen, und dieser Knutson, auf dem hätte man weiter aufbauen können. Der Kalli war auch der Meinung, das hat Chris Logue damals irgendwie ein bisschen verpennt. Also haben wir das jetzt gemacht. Und der Schauspieler hat mit dem ganzen Outfit, was schwer zusammenzukriegen war, fatal danach ausgesehen. Unfassbar! Übrigens: "Knutson" war nur die Plakette. Das war ein ehemaliger Kumpel vom Chris Logue und sein Army-Abzeichen. Der Polizist selbst ist ein schwuler Porno-Darsteller.

Genauso viel Spaß habt ihr sicher gehabt, als ihr den Opener gemacht habt. Der lehnt sich auf der neuen Scheibe ja deutlich an 'Lions Roar' an, und dann der Übergang zu 'Bound To Be Free' mit dem Bass ...

Neudi: ... genau, das war echt pur! Dieser Introsong war so ziemlich das Letzte, was Kalli für die Platte geschrieben hat. Er hat mir das im Studio kurz vorgespielt und noch gemeint: "Können wir das bringen?". Aber ich sage mal, so haben wir einen direkten Bezug zur ersten Platte. Mir gefällt's auch gut, aber der eine oder andere wird vielleicht was Negatives dazu sagen.

Gab es noch mehr so Zitate? Ich meine, einen schönen Twin-Guitar-Part von der "After The Fall From Grace" wiederzuerkennen.

Neudi: Der Kalli hatte damals, als es losging, die "Masters Of Disguise" einfach intus gehabt, weil er die seit Teenager-Zeiten kannte. Von der "After The Fall From Grace" hat er nur die Songs gelernt, die wir auch gespielt haben. Das waren gerade mal zwei. Ich glaube, den Rest kennt er bis heute nicht ...

Aber dennoch kann man den Stil gut wiedererkennen.

Neudi: Ja, damals gab es ja nur zwei Bands, SAVAGE GRACE und AGENT STEEL, die melodischen Gesang auf so schnelle Sachen gemacht haben. Das war damals schon Metal wie MAIDEN, nur eben viel schneller.

Wie sind so die Livepläne von euch?

Neudi: Das hängt alles vom Release und der Presse ab. Man muss gucken, was passiert. Wir wurden jetzt für das Metal Assault Festival bestätigt, zusammen mit OMEN. Dann haben wir noch einen regionalen Gig, und dann müssen wir schauen, was zu tun ist. Mit MANILLA ROAD wird's nächstes Jahr extrem viel sein, und dabei werde ich versuchen, MASTERS OF DISGUISE irgendwie anzubieten.

Ihr seid ja auch ganz gut ausgelastet. MANILLA ROAD, ROXXCALIBUR, jetzt MASTERS OF DISGUISE ... wenn das jetzt durchstarten sollte, bleibt das ein Projekt, oder wird das eine richtige Band?

Neudi: Wir hatten schon drei Gigs mit einem anderen Drummer, weil wir im Vorprogramm von MANILLA ROAD waren. Ich mach ja schon viel, aber nicht zwei Gigs an einem Abend. Ich würde der Band da nicht im Weg stehen. MANILLA ROAD ist meine Hauptband und läuft dummerweise auch sehr gut. Im Zweifelsfall würde ich mich daher zurückziehen, die Band promoten, aber nicht im Weg stehen. Unser Sänger verdient sich gute Brötchen in einer DEEP PURPLE- und RAINBOW-Coverband, er könnte sich natürlich dann leicht auf MASTERS OF DISGUISE konzentrieren, denn das ist seine eigene Band.

Ein sehr guter Sänger übrigens!

Neudi: Er ist technisch der Hammer. Er hat das nie gelernt, sondern Gitarre gespielt. Irgendwann war der Sänger nicht bei der Probe, da hat er mal ins Mikro gebrüllt und gemerkt: "Oh, ich kann ja singen!".

Ich bin sehr gespannt, wie es die nächste Zeit weitergeht und wie die Scheibe einschlägt. Denn wir vergeben die 9 Punkte ja nicht aus Nostalgie, sondern weil es einfach eine geile Scheibe ist.

Neudi: Das war auch so ... äh ... der Plan, hahahaha! In dem Stil wird es auch weitergehen, weil wir höllisch Spaß daran haben. Aber es kann natürlich sein, dass auf der nächsten Scheibe mal kein Knutson drauf ist. Wir haben auch schon mal überlegt, ob wir das mal umdrehen sollen - wir ketten uns in Knutson-Uniform ans Motorrad, und eine Frau macht uns zur Sau, hahaha! Aber das haben wir dann doch sein gelassen.

Hast du zum Schluss noch etwas, was du unseren Lesern mitteilen möchtest? Die letzten Worte gehören traditionell nun dir.

Neudi: Ich habe ja schon erwähnt, dass wir auf dem Metal Assault spielen. Und ich freue mich besonders, weil wir OMEN wiedertreffen, mit denen wir als SAVAGE GRACE auf Tour waren. Einen verrückteren Haufen als die Jungs gibt es nicht, und ich bin mir ziemlich sicher, dass das Ganze sehr feucht-fröhlich enden wird. Kenny Powell ist absolut irre, der Bassist Andy Haas wie ein Duracell-Hase, und was mich besonders freut ist, dass der Originaldrummer Steve Wittig wieder dabei ist. Er hatte ja schon beim KIT gespielt, aber dann ist leider seine Frau gestorben, was er erst mal verkraften musste. Aber ich freue mich drauf, ihn wiederzusehen und bisschen Spaß zu haben.

Dann hoffen wir, dass viele Leser anwesend sein werden!

Neudi: Das wäre schön! Metal Assault - egal wer spielt - lohnt sich immer - alles geil!

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Da Savage Grace nun abgefrühstückt sind könnte man doch als neues Projekt vielleicht Manowar machen, die haben zwar ne gute Stimme aber keine guten Songs mehr. So wie Hatred, oder Gloves Of Metal.
(21.12.2013 von Warlord)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten