Livebericht Graveyard (mit Imperial State Electric ) |
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Ein Livebericht von Stormrider aus Wiesbaden (Schlachthof) - 31.10.2015 (19316 mal gelesen) |
Samstag 31.10.2015 - Halloween!!! Was passt da besser, als sich eine Band namens GRAVEYARD in einer Location namens Schlachthof anzusehen? Eigentlich nicht viel, auf geht es also nach Wiesbaden. Da mit IMPERIAL STATE ELECTRIC eine Band als Support dabei ist, die sich mit den letzten Alben ("Reptile Brain Music" und "Honk Machine") von der überlebensgroßen Vergangenheit ihres Fronters, als Gründungsmitglied von ENTOMBED und THE HELLACOPTERS, freigeschwommen hat, ist das ein geschmackvolles Package. Als ich am frühen Nachmittag zum vereinbarten Gesprächstermin mit Nicke Andersson von IMPERIAL STATE ELECTRIC am Schlachthof ankomme, ist dieser gerade in Richtung Krankenhaus aufgebrochen, da er seit dem Aufwachen auf dem rechten Ohr nichts mehr hört. Die drei verbliebenen Bandmitglieder versichern mir jedoch im Interview (demnächst ebenfalls hier zu lesen), dass der Gig am Abend nicht gefährdet ist und es sich bestimmt nur um die Nachwehen einer Erkältung handelt, die um diese Jahreszeit auf Tour üblich ist. Knapp vier Stunden später sieht die Lage indes etwas anders aus. Am Eingang des Schlachthofs hängt ein Zettel: Der Sänger der Band IMPERIAL STATE ELECTRIC kann leider krankheitsbedingt heute nicht auftreten. Die Band wird aber ein Akustik-Set spielen. Der Bühnenaufbau in der großen Halle des Kulturzentrums am Bahnhof lässt jedoch nicht unbedingt auf den typischen Barhocker-Akustik-Set schließen, und als Tobias Egge, Tomas Eriksson und Dolf de Borst um 20:15 Uhr die Bühne betreten, ist von einem Akustik-Set nichts zu hören oder zu sehen. Vielmehr haben sich IMPERIAL STATE ELECTRIC entschlossen, das Beste aus der Situation zu machen und als Powertrio zu rocken. Da Gitarrist Tobias bei THE OBJECTS singt und Bassist Dolf bei THE DATSUNS ebenfalls als Sänger agiert, kann die Band glücklicherweise auf zwei Fronter zurückgreifen, die nicht das erste Mal vor einem Publikum als Leadsänger agieren müssen. Und so bekommen alle Anwesenden in der mittlerweile ordentlich gefüllten, aber bei weitem nicht ausverkauften, Halle den ersten Gig der Band ohne ihren Gründer und etatmäßigen Fronter Nicke Andersson zu sehen. Wer die Band vorher nicht kannte und vollkommen unvoreingenommen ist, der wird sogar kaum gemerkt haben, dass dies ein ganz besonderer Auftritt ist, oder wie es Drummer Tomas in einer seiner Ansagen bemerkt: "This night is very special, this is a magic, one of a kind night!". Insbesondere Bassist Dolf (stilsicher im klassischen 70er Hemd) gibt mächtig Gas und rockt sich in einem kleinen Rausch, aber auch die anderen beiden Musiker geben sich jede Mühe, die Lücke zu schließen, die in der Bühnenmitte aufgrund des nicht genutzten Mikrofonständers zu sehen ist. Da hier aber nur Vollblutmusiker am Werk sind, wird vieles spontan improvisiert. Der Sound ist klar, wenn auch aufgrund einer fehlenden Gitarre nicht ganz so druckvoll, und das Licht im Schlachthof ist seit dem Umbau sowieso fast immer sehr gut. Während sich das Trio von Anfang an bewusst ist, dass hier und heute das Gaspedal durchgetreten werden muss und jeder noch eine Schippe Kohlen mehr auflegt, kommt das Publikum eher langsam, dafür aber mit jedem Song etwas mehr aus der Hüfte. Gibt es zu Beginn lediglich ein wenig Höflichkeitsapplaus, kann man an den Reaktionen am Ende der sehr kurzweiligen 30 Minuten doch feststellen, dass sich IMPERIAL STATE ELECTRIC, allen widrigen Umständen zum Trotz, in Wiesbaden ein paar neue Fans erspielt haben, was sich nach dem Gig am Andrang am Merchstand zeigen wird, wo sich die drei zum fleißigen Autogrammeschreiben und Fantalk einfinden. "IMPERIAL STATE ELECTRIC without Nicke Andersson, it is a shame!" verkündet Drummer Tomas abschließend nochmals, vergisst aber auch nicht zu sagen, dass dieser Gig für die Band sehr speziell ist und garantiert unvergessen bleibt. Nicht viele Bands würden so kurzfristig einen Gig ohne ihren Frontmann in dieser Qualität auf die Bühne bringen. Respekt die Herren! Und natürlich: Get well soon, Nicke!!! Hier noch ein paar Impressionen: Während der anschließenden, etwas zu langen, Umbaupause fällt auf, dass es vergleichsweise wenige Schnauzbärte, Schlaghosen und sonstige 70s Utensilien zu sehen gibt. Echte, handgemachte Rockmusik scheint also wieder quer durch alle Schichten und Altersklassen salonfähig zu sein, denn als GRAVEYARD um 21:20 Uhr ohne großes Brimborium auf die Bühne geschlendert kommen, ist der Schlachthof noch ein stückweit voller geworden. Der Bühnenaufbau ist auch hier absolut aufs Nötigste reduziert, und die vier Schweden haben außer dem riesigen Backdrop, im Design des aktuellen Albums "Innocence & Decadence", keine weiteren Bühnen- oder Showspirenzchen, die von der Musik ablenken könnten, am Start. Zu Beginn ist der Sound etwas zu höhenlastig, was dazu führt, dass insbesondere die Vocals zum Übersteuern neigen. Zum Glück bessert sich das im Laufe der folgenden Songs. Allerdings scheinen GRAVEYARD heute wirklich nur die Musik sprechen lassen zu wollen, denn obwohl die Bühne einiges an Platz bietet, bewegt sich die Saitenfraktion den kompletten Set über bestenfalls zwei Meter nach hinten und wieder nach vorne. Die Idee die Bühnenseite zu wechseln scheint heute keine Gegenliebe zu finden, was auch für etwaige Ansagen gilt. Außer zwei oder drei leisen "Thank You" gibt es keinerlei Interaktion mit dem Publikum. Dass die Band aufgrund ihrer musikalischen Fähigkeiten und des Erfolges der letzten Alben dennoch von den ersten Reihen massiv abgefeiert wird, wundert zwar nicht, und bei 'As The Years Pass By' sieht man sogar ein paar Crowdsurfer in Richtung Bühne schweben, aber ab der Mitte der Halle werden die Reaktionen doch sichtbar verhaltener. Das mag nicht zuletzt daran liegen, dass sich hier für ein Rockkonzert vergleichsweise viele Pärchen eingefunden haben, die dann bei 'Too Much Is Not Enough' auch artig zu schmusen anfangen, aber bestimmt auch daran, dass live deutlich wird, dass den Songs die ganz großen Refrains und Widerhakenmomente fehlen und die Band heute, neben der reinen Musikdarbietung, wenig unternimmt um das Publikum zu motivieren. 'From A Hole In The Wall', und später auch 'Blue Soul', wird anschließend von Neu-Basser und Alt-Sänger Truls Mörck intoniert. Die kleine Verschnaufpause nimmt Sänger Joakim bestimmt dankend an, da man dem Fronter die stimmliche Belastung im Laufe des Gigs durchaus anmerkt und das kratzige Element in seinen Vocals stetig zunimmt. Nach einer Stunde fällt dann das erste Mal der imaginäre Vorhang. Die Zugabe wird von Joakim solo nur mit Gitarre eingeleitet und ist passend mit 'Stay Another Song' betitelt. Es folgen noch drei weitere Songs, die Band verabschiedet sich, und zum Abschluss übernimmt Drummer Axel Sjöberg doch tatsächlich das Mikrofon und richtet noch ein paar Worte an die Fans. Als um 22:40 Uhr die Lichter in der Halle wieder angehen, höre ich neben mir den folgenden Dialog: "Was 'ne geile Band!" "Nee, 'ne geile Band war die Vorband!" Und heute Abend kann ich das auch ziemlich genau so unterschreiben. Denn obwohl es musikalisch, am Sound oder Licht wenig auszusetzen gibt und ich mir die Alben von GRAVEYARD zu Hause auch gerne mal auflege, war mir der Gig heute etwas zu steril, insgesamt zu emotionslos und gefühlt eben Business as usual. Live darf es durchaus etwas mehr Interaktion zwischen Band und Publikum geben, wenn ich nur die Musik hören will, lege ich mir doch einfach die Platte auf. Impressionen: Setlist GRAVEYARD: 01. Magnetic Shunk 02. Hisingen Blues 03. Endless Night 04. Exit 97 05. Buying Truth 06. 7/7 07. An Industry Of Murder 08. As The Years Pass By 09. Too Much Is Not Enough 10. From A Hole In The Wall 11. Lost In Confusion 12. Slow Motion Countdown 13. Hard Headed 14. Blue Soul 15. Uncomfortably Numb Encore: 16. Stay For A Song 17. The Apple And The Tree 18. Ain't Fit To Live Here 19. The Siren |
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