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Headbangers Open Air 2015 |
Take off: 23.07.2015 - Review (13901 mal gelesen) |
DONNERSTAG 23.7.15
Alle Jahre wieder findet sich eine nicht unbeachtliche Anzahl an undergroundaffinen Metallern im beschaulichen Brande-Hörnerkirchen ein, um beim Headbangers Open Air zu feiern und alten Haudegen, wie auch den jungen Wilden der Traditionsmetallszene zu huldigen. Vornehmlich Heavy-, Speed-, und Thrash-Metal stehen an diesem Wochenende im Mittelpunkt des Geschehens und begeistern die aus aller Herren Länder angereiste Meute. Die Wege vom Zeltplatz zu Bühne, Biergarten oder Merchandise sind kurz, das Angebot an Verpflegung zufriedenstellend und die Bierpreise gehen in Ordnung (2€ für 0,3l sind ok, doch manchmal wünscht man sich doch ein großes Pils um sich nicht ganz so oft an der Theke anstellen zu müssen). Das HOA besticht wie jedes Jahr durch die sehr entspannte und familiäre Atmosphäre, die zu keiner Zeit die Hektik einer Massenveranstaltung versprüht. Bands wie Fans genießen die Stimmung sichtlich, so sieht man z.B. HIRAX Sänger Katon de Pena sich bereitwillig mit Fans im Biergarten ablichten lassen oder FLOTSAM & JETSAM Frontschwein Eric Knutson bereits Stunden vor dem Auftritt über das Gelände stiefeln um mit seinen Bandkollegen u.a. den 'Black Burger' zu probieren (ein Burger mit schwarzen Brötchen) oder ein Eis zu schlecken.
Nachdem das Zelt steht, erwischt der Verfasser dieser Zeilen noch den Rest des DEATH DEALER Sets. Die Band ist optisch und klanglich sehr nahe an CAGE, der Hauptband von Sänger und Halford look-alike Sean Peck. Soll heißen: knackiger Heavy Metal à la JUDAS PRIEST zu "Painkiller" Zeiten. Getragen wird der Sound von DEATH DEALER nicht nur von Pecks alles durchdringender (wie im Vorjahr bei CAGE überrageden) Metalröhre, sondern auch von Ross the Boss' (ex-MANOWAR) bratenden Riffs und dem soliden Fundament gelegt von HALFORD Bassisten Mike Davis (ex-LIZZY BORDEN).
Im direkten Anschluss gibt es gleich noch ein paar absolute Legenden: die deutsche Thrash-Institution EXUMER geben sich die Ehre. Die Frankfurter spielen sich mit einer Reihe von Klassikern wie 'Fallen Saint' oder natürlich dem Titelsong des Überalbums "Possessed By Fire" in die Herzen der ekstatisch jubelnden Fans. Den begeisterten Anhängern begegnen EXUMER mit viel Spielfreude und sichtlichem Spaß in den Backen. Extrem launiger Auftritt, der jedoch den Durst auf die ein oder andere Hopfenkaltschale weckt, weshalb zunächst der Weg zurück zum Zelt angetreten wird. Zwei Minuten später plauscht man mit Engländern, Amis, Schweden oder Rumänen. Viele der internationalen Fans zieht es schon seit Jahren jeden Sommer in den deutschen Norden. Sie fliegen oder fahren per Zug, Auto oder Anhalter um bei der lautesten Heavy Metal Gartenparty der Welt mit Gleichgesinnten zu entspannen und zu feiern.
Bevor die Party abseits der Bühne richtig steigt gibt es das erste große Highlight des Wochenendes zu bestaunen. Obersymphath Damian Wilson und co. stürmen auf die Bretter und entfesseln den Prog-, Power-Metal Wirbelwind von THRESHOLD. 'Slipstream' vom 2007er Longplayer "Dead Reckoning" bildet den Einstieg in einen Set, der einen Überblick über die letzten vier Alben der Briten bildet. Eine acht Songs umfassende Setlist ist für die Progger, vor allem auf Festivals, keine Selbstverständlichkeit! Drei Songs des neuen Albums "For The Journey" finden sich im Set. THRESHOLD stellen erneut unter Beweis, dass Prog-Metal live definitiv nicht dröge oder langweilig sein muss. Maßgeblichen Anteil hieran hat Fronter Damian Wilson welcher die acht Überlangen Songs wirken lässt wie eine AC/DC Hitkanonade. Er initiiert bzw. ermutigt Mitsingspielchen, das Mitgröhlen der Ohrwurmrefrains und springt beherzt in die Menge. Ja, er fordert gar eine Wall of Death, welche jedoch im völlig überraschten Publikum nicht wirklich zu Stande kommt. Dafür hüpft der agile Mittvierziger von der Bühne und singt einfach mal einen halben Song Mitten in der Menge stehend. So viel Rock'n'Roll gibt es nicht bei vielen Bands. Den Abschluss bildet der titanische Doppelhammer vom "March For Progress" Album 'Rubicon' und 'Ashes'. Musikalisch absolut zum Niederknien, menschlich unfassbar sympathisch und mitreißend. Auch viele die beim Begriff "Prog" oder DREAM THEATER Vergleichen zunächst die Nase rümpften scheinen überzeugt.
Im Anschluss runden die dänischen Glam-Komiker D.A.D. den ersten Festivaltag gelungen ab. Wie üblich sind die größten Hingucker die Bässe von Vier-(bzw. in seinem Fall oft Zwei-) Saiter Stig Pedersen, die mal in Raketenform, mal in Glasoptik oder anderen komplett abgefahrenen Designs daherkommen. Ebenfalls üblich ist, dass Sänger Jesper Blinzer trotz gebrochenem deutsch ausgiebig und ausgelassen mit dem Publikum kommunziert und Späße treibt. Alles in allem ist die Show natürlich auf der Gartenbühne des HOA reduzierter als etwa bei ihren Auftritten am Rock Hard Festival in vergangenen Jahren; die Dänen schaffen es aber auch so ohne Mühe das Publikum zu begeistern und liefern eine kurzweilige und headlinerwürdige Show ab.
Nun also zurück zum Zelt bzw. zum Biergarten und den Abend ausklingen lassen. Einige der Gäste, vor allem aus dem Ausland, beschweren sich im Gespräch über das Fehlen einer Aftershow Party, wie etwa ein DJ-Set oder ähnliches. Eine Gruppe sehr motivierter junger Männer aus England übernimmt diese Rolle kurzerhand, indem sie ihren riesigen Ghettoblaster im Biergarten aufstellen und eine überaus geschmackvolle Auswahl an Underground Perlen über ihre Ipods raushauen (Omen, Medieval Steel, Running Wild, you name it!). Das klappt und macht Spaß, aber dennoch würde eine offizielle Beschäftigung (abgesehen vom ansonsten weitestgehend unbeschallten Biergarten) nach den Bands durchaus nicht schaden und vielleicht verhindern, dass manche Knalltüten bis in die frühen Morgenstunden auf dem Campingplatz ihre Musik in unmenschlicher Lautstärke abspielen (etwas, das eigentlich nach Festivalregeln dieses Jahr verboten wurde).
FREITAG 24.7.15
Nach Katerfrühstück am Morgen, in Form von belegten Brötchen und Kaffee (morgens erhältlich bei den symphatischen und für die frühe Stunde überaus motivierten Damen vom Grillstand) gilt es noch einiges an Verpflegung einzukaufen. Womit wir zum eigentlich größten der sehr wenigen Mankos des H.O.A. kommen. Die Lage auf dem Hof des Betreibers bedeutet eine ca. fünf bis zehn minütige Autofahrt zum nächsten Supermarkt, oder eine entsprechend lange Laufzeit. Es sind ein bis zwei Achtsitzer Taxis im Einsatz, welche zwischen Edeka und Festivalgelände pendeln, doch kostet die Fahrt je bei Hin- und Rückfahrt. Wenn man es durch acht Leute teilt ist das Geld freilich kein Problem, die geringe Anzahl an Taxen bzw. Minibussen allerdings schon, welches lange Wartezeiten verursacht. Diesem Problem fallen dann auch NERVOSA und WARPATH zum Opfer, weshalb der Tag für mich erst mit dem Thrashknüppel von HIRAX eröffnet wird.
Wie schon auf ihrer Europatour im Frühjahr wissen HIRAX mit unbändiger Spielfreude, Charisma und der bei jeder anständigen Thrash-Show nötigen Portion Energie und Rotz zu gefallen. Katon de Pena ist Stimmungskanone und Frontsau aller erster Güte und knallt den ekstatisch bangenden Fans eine super Performance vor den Latz. Mitsinghits wie 'El Diablo' bringen das Publikum schließlich vollends zum ausrasten. Wie global die Fanschar am H.O.A. mittlerweile ist, zeigt sich an den von Katon persönlich begrüßten Fans in den ersten Reihen (Südamerika bis Osteuropa) und seine Aufforderung ans Publikum doch die diversen Herkunftsorte kundzutun. Internationale Thrash-Metal Party mit Klasse; HIRAX reichen zwar nicht an die Könige dieser Disziplin heran (OVERKILL) doch wenn sie diese Form beibehalten wird man noch so einiges von diesen kalifornischen Veteranen hören!
Das H.O.A. bietet in diesem Jahr wahre Gourmetkost für Fans von Speed- und Thrash-Metal. Fans dieser beiden Genres, aber auch Anhänger des ganz traditionellen Heavy Metals kommen mit BLITZKRIEG beide auf ihre Kosten. Mit der Bandhymne 'Blitzkrieg' nahm man quasi METALLICAs frühes Schaffen schon ein paar Jahre im voraus vorweg und schuf einen unümstößlichen Metal KLassiker. Über der soliden Vorstellung der NWOBHM-Veteranen thront der auch bei SATAN tätige Sänger und mit allen Wassern gewaschene Entertainer Brian Ross.
Im Anschluss an die geschichtsträchtigen Briten, betritt eine weitere deutsche Legende, nach EXUMER am Vortag oder STORMWITCH am Folgetag, die Bühne um einmal mehr unter Beweis zu stellen, dass deutscher Speed-Metal sich nicht hinter den amerikanischen (oder englischen) Äquivalenten verstecken muss und es auch nie tun musste. IRON ANGEL zocken ihren Speed-Metal mit vielen klassischen Heavy Metal Anteilen und sichtlich großer Motivation. Knackig und spielfreudig werden 80er Jahre Granaten abegefeuert und die Meute feiert.
Perfekte Einstimmung auf eine Nachwuchsband in IRON ANGELs Fußstapfen in der Grauzone zwischen Speed-, Power- und Heavy Metal: die Rede ist natürlich von STRIKER aus Kanada! Auf ihrer extrem ausgedehnten Festivaltournee haben sie sich offensichtlich perfekt eingespielt und bestechen an diesem Abend sowohl durch ihre tighte Spielweise, wie auch durch eine mitreißende und symphatische Bühnenpräsenz. Spätestens bei alten Krachern wie 'The Terrorizer' oder 'The Keg That Destroyed New York' ist kein Halten mehr und die Zuschauer gröhlen jedes Wort mit. Ein wahrer Triumphzug für die kanadischen Rabauken. Dem schnellen, naßforschen Gute-Laune-Metal folgen die etwas gesetzteren Herren von MASTERPLAN. Auch in aktueller Besetzung können sie die Magie der frühen Werke noch auf die Bühne bringen, und bieten auch bei neuerem Material eine gute Show. Alles in allem ein schwerer Slot nach einer Stimmungsbombe wie STRIKER auf die Bretter zu müssen aber dieser Umstand wird von der Melodic-Metal Institution sehr beachtlich gelöst!
Den Freitagsheadliner geben dieses Jahr FLOTSAM & JETSAM. Die Speed-Metal Pioniere sind in den letzten Jahren wieder sehr umtriebig und auch viel in Deutschland unterwegs. Nach zwei soliden bis starken Comebackscheiben spielte man u.a. letztes Jahr auf dem Keep It True oder auch dieses Jahr auf dem Rock Hard. So hat man sich hier auf dem Headbangers die Headlinerposition wohl verdient. Die sympathischen Jungs sind, wie bereits erwähnt, schon den ganzen Tag auf dem Gelände anzutreffen und haben sichtlich Spaß am Festival. Auch auf der Bühne können sie überzeugen und spielen tight, Sänger Eric ist top bei Stimme und bei Klassikern wie 'Hammerhead' kann man natürlich nichts falsch machen. Das ganze ist knackig vorgetragen und wenn FLOTSAM & JETSAM so weitermachen dürfte ihr zweiter Karrierefrühling nicht so bald vorbei sein.
SAMSTAG 25.7.15
SPELLCASTER aus den USA bieten eine sehr starke Performance und können beim Publikum mächtig punkten. Die Underdogs aus Oregon zocken sehr launigen Power-Metal mit US Schlagseite, der mal mit Uptempo, mal im groovigen Midtempo gefällt und nie zu sehr im Power-Metal-Klischee versumpft. Für den Autor dieser Zeilen waren die fünf Herren bisher ein unbeschriebenes Blatt, doch das haben sie mit diesem Auftritt geändert!
Eine gewisse Portion Glück hatten SPELLCASTER allerdings auch, da kurz nach ihrem Gig der erste massive Sturm des Tages losbricht. Noch ist es nur ein kurzes, aber intensives Intermezzo von Platzregen und schweren Sturmböen und ist nach nur ca. einer halben Stunde wieder vorbei. Im Laufe des Tages sollte sich das ganze jedoch noch massiv steigern und die Sonne nur noch für wenige kurze Momente zu sehen sein. WARRIOR sind die erste Band, die vom Sturm direkt betroffen werden, lassen sich jedoch nicht unterkriegen und rocken ihren früh-MAIDEN lastigen NWOBHM runter als ob nichts absonderliches wäre.
Die Pavillons werden allerorts abgebaut und die Zelte sturmfest gemacht, nachdem die Veranstalter zum wiederholten Male Sturmwarnung gegeben haben. RUTHLESS kann das jedoch nicht davon abhalten ihren US-Metal zu zelebrieren und eine durchaus solide Figur abzugeben. Die Truppe, die immerhin seit 1982 existiert kann sich auch im fast direkten Vergleich zu den jungen Landsleuten von SPELLCASTER behaupten.
Die Wolkenberge am flachen schlewig-holsteinschen Horizont werden immer bedrohlicher, die Temperaturen sinken. Noch ist das Festival aber nicht vorbei! ROCK GODDESS bitten zum Tanz und können dem Publikum nochmal verdammt gut einheitzen. Die drei englischen Ladys sind über die Jahre größtenteils Geheimtipp und im Schatten GIRLSCHOOLs verblieben, dass sie noch ordentlich Feuer unter der Haube haben zeigt sich allerdings an diesem stimmungstechnischen Siegeszug. Flankiert von ihren zwei Hits 'Heavy Metal Rock'n'Roll' (extensive Mitsingspielchen natürlich inbegriffen) und 'Satisfied Then Crucified' hauen die Damen auch eine ganze Reihe neuer Songs raus, die ebenfalls voll überzeugen und Lust auf mehr machen. Definitiv eines der Highlights des Wochenendes und Tagessieger-Samstag! STORMWITCH wirken dagegen im Anschluss etwas zu verträumt und weltfremd. Im Rüschenhemd lassen sich die rohe Rock'n'Roll Energie und der Sex-Appeal von ROCK GODDESS leider nicht reproduzieren. Hits wie 'Ravenlord', bzw. generell Material der Klassiker ernten dennoch gute Reaktionen.
Im Anschluss an die deutsche Metallegende bricht das Chaos richtig los. Schwere Sturmböen, heftiger Regen, Thunder and Lightning. Irgendwo schon Metal aber auch nicht gerade ideal um ein Festival ausklingen zu lassen. Da SATANs Flieger (die NWOBHM-Truppe, nicht der Gehörnte, wenngleich ob der apokalyptischen Regenfälle seine Ankunft wohl keinen überrascht hätte) wegen des Unwetters verspätet ist, müssen die Bay-Area Heroen von DEATH ANGEL ihren Slot mit den Engländern tauschen und als Co-Headliner spielen. Es regnet immer noch in Strömen und somit ist für die meisten Anwesenden der Nachholgig der Thrasher, die ja letztes Jahr kurzfristig cancelten, nicht das Vergnügen, das man sich erhofft hatte. Geboten wird den wenigen die es noch vor der Bühne hält eine gesunde Mischung aus alten Gassenhauern der "The Ultra Violence"-Tage und neuerem Material bis hin Songs der letzten, eher durchwachsenen Alben. SATAN können mehr oder weniger doch noch spielen. Zunächst geben sich BLITZKRIEG noch einmal die Ehre (man teilt sich ja Sänger Brian Ross) um die Wartezeit zu überbrücken, dann spielen SATAN ein paar Songs bevor das H.O.A. schließlich vor den Naturgewalten kapituliert und für dieses Jahr zu Ende geht.
Ein wirklich unglückliches Ende eines tollen Festivals. Abgesehen von ein paar Kleinigkeiten, wie der Taxi Situation, die eigentlich zum Charme des Headbangers dazu gehören, gibt es auch 2015 nichts zu meckern. Die Bands waren super aufgelegt, auf und vor der Bühne, die Stimmung in Biergarten und auf dem Campingplatz war gut bis ausgelassen und am Wetter kann man bekanntlich nix machen. Roll on 2016, für das mit u.a. VARDIS und STEELPREACHER bereits ein paar tolle Bands bestätigt sind!
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Billing
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AFTERMATH (USA)
BLITZKRIEG (UK)
D.A.D. (DK)
DEATH ANGEL (USA)
DEATHDEALER (USA)
EXUMER (GER)
FLOTSAM AND JETSAM (USA)
HEXX (USA) special performance
HIRAX (USA)
IRON ANGEL (D)
MASTERPLAN (D)
NERVOSA (BRA)
ROCK GODDESS (UK)
RUTHLESS (USA)
SATAN (UK)
SPELLCASTER (USA)
STORMWITCH (D)
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