Interview mit Benjamin Andreassen von Savage Machine

Ein Interview von baarikärpänen vom 26.01.2018 (19072 mal gelesen)
Eine Band, die es schafft, mit ihrem Debüt die volle Punktzahl einzufahren, kommt einem auch nicht alle Tage unter die Nase/auf die Ohren. SAVAGE MACHINE aus Dänemark haben genau das mit "Abandon Earth" geschafft. Da ist es geradezu Pflicht, sich an die Tasten zu schwingen und alles Wissenswerte über Band und Album herauszufinden. Bassist Benjamin Andreassen stand Rede und Antwort und erwies sich als mehr als angenehmer Gesprächspartner, der auch den ein oder anderen Denkanstoß liefert.

Gratulation Jungs, "Abandon Earth" ist wirklich sowas wie ein Meisterstück geworden. Und das kann man nicht über jedes Debüt sagen. Wie sind die Reaktionen bisher?

Benjamin Andreassen: Danke und schön, dass du das so siehst. Die Reaktionen waren phantastisch bisher und jeden Tag kommen neue Reviews dazu. Vor allem freuen uns die vielen internationalen Reaktionen auf das Album. Wir dachten schon immer, dass wir mit unserer Musik hauptsächlich Fans außerhalb von Dänemark ansprechen. Da freuen uns die vielen positiven internationalen Reaktionen umso mehr.

'Event Horizon' und 'Savior' wurden bereits 2016 veröffentlicht. Gab es schon andere Songs, die bereits fertig waren und nun auf dem Album gelandet sind?

Benjamin Andreassen: Stimmt, die beiden Songs waren schon vor einer ganzen Weile fertig, waren aber damals schon Bestandteil des Songwritings zum neuen Album. Eigentlich sind alle Songs, die du auf "Abandon Earth" hörst in einem stetigen Songwriting-Prozess gewesen, der direkt nach der Veröffentlichung von "Through The Iron Forest" (2014) begonnen hat.

Entstehen die Songs bei euch im Team, oder wer ist verantwortlich für Musik und Lyrics?

Benjamin Andreassen: Leider ist es so, dass wir alle mittlerweile ziemlich weit entfernt voneinander wohnen. Also läuft das meiste, der Austausch von Ideen, über Computer. Normalerweise kommt unser Lead-Gitarrist Jacob (Vestergaard Druedahl Bruun - der Autor) mit einem "Song-Skelett" an, und wir anderen nehmen dann unsere Ideen und bauen an dem Skelett, bis der Song letztendlich steht. Unser Sänger Troels (Rasmussen - der Autor) schreibt die Lyrics. Aber auch hier haben wir die Möglichkeit, immer zu sagen, ob wir damit zufrieden sind. Ziel ist es immer, dass wir Songs haben, wo wir zu 200% dahinterstehen können.

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Es war ja durchaus gewagt, "Abandon Earth" als Konzeptalbum zu veröffentlichen. Viele andere Bands, die schon länger dabei sind, scheitern mitunter kläglich. Wie seid ihr darauf gekommen, der Scheibe dieses Konzept zu verpassen?

Benjamin Andreassen: Die Texte sind definitiv ein wichtiger Teil von "Abandon Earth". Wir haben uns aber nie hingesetzt mit dem Gedanken, hier ein Konzept-Album aufzunehmen. Das hat sich letztendlich so ergeben. Wenn du dir das Cover anschaust, die Song-Titel und -Reihenfolge, dann ist es mehr ein roter Faden, der sich durch "Abandon Earth" zieht. Wenn du von Konzeptalbum sprichst, denke ich da allerdings eher an die "Ziltoid"-Alben von DEVIN TOWNSEND PROJECT. Das sind für mich tolle Konzeptalben, sehr gut gemacht, auch wenn einige sicher sagen werden, es sei etwas "albern".

Wenn man den Fernseher anschaltet oder das Radio, wird man geradezu bombardiert mit schlechten Nachrichten. Also ist das gar keine so schlechte Idee, das alles hinter sich zu lassen. Ist die Story, die ihr auf "Abandon Earth" erzählt, also weit mehr als bloße Fiktion?

Benjamin Andreassen: Die Texte beziehen sich schon auf verschieden Sachen, angefangen bei religiösen Kulten bis hin zu mythologischen Wesen. Was du als Hörer aber daraus machst, welche Gedankengänge sie bei dir auslösen, das bleibt dir alleine überlassen.

In vielen Reviews, die ich gelesen habe, wird gerne mal der Vergleich zu ACCEPT oder IRON MAIDEN herangezogen. Ich dagegen höre auch noch HELSTAR. Kommt das ungefähr hin?

Benjamin Andreassen: Ich glaube, kein Musiker wird sich beschweren, wenn seine Musik mit diesen großartigen Bands verglichen wird. Klar, SAVAGE MACHINE soll etwas Eigenständiges sein. Aber wir können nun mal nicht leugnen, dass wir alle in der Band große Fans der von dir genannten Truppen sind. MAIDEN, PRIEST, ACCEPT, da können sich doch alle Metalheads mit identifizieren, auch wenn viele von ihnen bei Doom, Death oder Black Metal landen. Die genannten Bands sind nun mal die Wurzel von dem, was wir lieben.

Natürlich versucht ihr mit eurer Musik so einzigartig wie möglich zu sein. Aber gerade wenn die Musik, wie bei euch, traditioneller Metal ist, kommt man nicht umhin, verschiedene Einflüsse herauszuhören. Welche Bands haben euch also in gewisser Weise inspiriert?

Benjamin Andreassen: Die bereits eben genannten Bands natürlich, aber auch MOTÖRHEAD oder HELLOWEEN. Aber diese spezielle Ära ist für uns sowas wie heiliger Boden. Innerhalb der Band haben wir einen sehr breiten Geschmack, was andere Bands angeht. Und ja, wir nehmen auch gerne modernere Bands als Inspiration. Aber halt nur Inspiration. Am Ende des Tages ist und bleibt die Musik von SAVAGE MACHINE so pur, wie ich es nenne, wie möglich.

Kein Geringerer als Tommy Hansen ist für die Produktion von "Abandon Earth" verantwortlich. Und er hat, wie fast immer, einen tollen Job abgeliefert. Wie seid ihr auf ihn gekommen und war es schwer, ihn zu überzeugen?

Benjamin Andreassen: Vor einigen Jahren hat Jacob geheiratet und die ganze Band war auf seiner Junggesellen-Abschiedsparty. Neben dem "gewöhnlichen Kram" wie Essen und Trinken sind wir irgendwann in den Jailhouse Studios gelandet. Jacob ist ein riesiger HELLOWEEN-Fan und Tommy hat ja ein paar ihrer besten Alben produziert. Jacob hat dann einige Soli über die alten Tracks re-recorded und Tommy ein paar nette Schoten zum Besten gegeben. Da war uns klar, dass kein anderer als Tommy die Scheibe produzieren sollte. Und ich finde, er hat uns den perfekten Sound zurechtgezimmert, der dafür sorgt, dass "Abandon Earth" so authentisch wie möglich klingt. So, wie in den alten Tagen, aber dennoch frisch.

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Wenn wir von großen Namen sprechen, müssen wir auch Mario E. Lopez M. erwähnen, der euch ein tolles Cover-Artwork geliefert hat. Und dieses Artwork schreit geradezu nach einer Vinyl-Veröffentlichung. Ihr habt dafür gerade eine Crowdfunding-Kampagne gestartet (Infos dazu findet ihr auf der Homepage der Band - der Autor) . Warum habt ihr diesen Weg gewählt und nicht gewartet, bis ein Label auf euch zukommt?

Benjamin Andreassen: Klotzen ist eben doch besser als kleckern, richtig? Ich finde es toll, dass Vinyl dieses Comeback hingelegt hat. Es geht doch nicht über dieses Gefühl, wenn du so eine Scheibe in der Hand hältst, der Geruch, das tolle Cover. Etwas, das dir Streaming-Dienste nie werden bieten können. Mit einem Label ist das so eine Sache. Die Rolle, die ein Label einnimmt, ändert sich mit der ganzen Digitalisierung. Wo das enden wird, keine Ahnung. Aber es ändert sich definitiv. Wir sind schon ein paar Jahre in Kontakt mit verschiedenen Labels, aber irgendwie konnte uns keiner den Deal bieten, den wir haben wollten für die Vinyl-Version. Und weil "Abandon Earth" jetzt endlich auf dem Markt ist, und wir nicht wieder Ewigkeiten warten wollten, machen wir es eben jetzt selbst.

Wie es scheint, ist die Szene in Dänemark zwar nicht besonders groß, aber von hoher Qualität. Ich selbst habe beispielsweise PRETTY MAIDS oder VOLBEAT öfter auf Tour gesehen und war eigentlich nie enttäuscht. Wie seht ihr die Metal-Szene in Dänemark und gibt es weitere Bands, die es verdient haben, mehr Beachtung zu bekommen?

Benjamin Andreassen: Ja, die Szene in Dänemark ist wirklich ziemlich gut und es gibt auch einen hohen Zusammenhalt innerhalb der Szene. Aber, und das sollte man auch erwähnen, viele Bands aus dem Untergrund haben es ziemlich schwer, weil viel zu oft die Bands als Referenz herangezogen werden, die du eben erwähnt hast. Natürlich sind wir stolz auf diese Bands und der Erfolg sei ihnen auch gegönnt. Dänemark ist ziemlich klein und du kannst als Band dreimal im Jahr eine Tour durch Dänemark machen, aber egal, wie gut du bist, keiner wird von dir Notiz nehmen. Solltest du es allerdings schaffen, international Erfolg zu haben, rennen dir auf einmal alle hinterher. Das muss sich auf jeden Fall ändern. Wir haben mit SAVAGE MACHINE so viele Gigs in Dänemark gespielt, eigentlich zusammen mit so ziemlich allen anderen tollen Bands aus dem Untergrund. Und die haben es wirklich verdient, auch außerhalb Dänemarks bekannter zu werden.

2015 habt ihr in Wacken gespielt. Wenn man sich das Video dazu anschaut, sieht es so aus, als ob ihr, und vor allem das Publikum, jede Menge Spaß hattet. Richtig?

Benjamin Andreassen: Du glaubst gar nicht, was für ein toller Moment das war, diese riesige Bühne zu betreten. Den Moment werden wir niemals im Leben vergessen. Niemand kannte unsere Musik, aber was da abging, war einfach nur geil. Die deutschen Fans sind wirklich einmalig, ganz anders, als die in Nordeuropa. Die Fans hier sind eher reserviert. Sie mögen zwar deine Musik, aber anders als die deutschen Fans, gehen sie nicht aus sich heraus. Ein Konzert lebt von der Interaktion zwischen Band und Publikum. Wenn die so perfekt ist, wie in Wacken, profitieren beide Seiten, Band und Publikum.

Mit so einem starken Album in der Hinterhand, wäre es geradezu eine Schande, wenn man es nicht live promoten würde. Habt ihr schon Dates gebucht, eventuell auch Angebote für Festivals oder anderer Bands, mit ihnen auf Tour zu gehen?

Benjamin Andreassen: Wir haben schon etliche bestätigte Auftritte, aber davon kann man ja nie genug haben. Die Entscheidung, "Abandon Earth" zu veröffentlichen, kam relativ kurzfristig. Also sind wir gerade dabei, noch mehr Termine zu buchen. Schaut einfach mal auf unserer Homepage vorbei für ein Update.

Ich gehe mal davon aus, ihr habt alle noch reguläre Jobs, um die Rechnungen zu bezahlen. Wie schwer ist es für euch, auf eine wirklich ausgedehnte Tour zu gehen?

Benjamin Andreassen: Wir sind ja keine Grünschnäbel mehr und viele von uns haben auch schon Kinder und eben auch ganz normale Jobs, denen wir nachgehen müssen. Damit dürfte klar sein, dass wir es uns einfach nicht leisten können, 12 Monate im Jahr auf Tour zu sein. Aber wir lieben das, was wir machen und spielen nun mal gerne live. Irgendwie findet sich immer ein Weg. Gerade weil es so ist, wie es ist, hat das Ganze aber auch einen gewaltigen Vorteil: Wenn wir auf die Bühne gehen, dann genießen wir das in vollen Zügen und darum geben wir auch immer 100%.

Machen wir uns nichts vor, die richtig großen Metal-Bands wie MAIDEN, PRIEST, METALLICA, SAXON oder auch HELLOWEEN werden nicht ewig da sein. SLAYER haben ja auch gerade ihre letzte Tour angekündigt. Wer kann eurer Meinung nach in ihre Fußstapfen treten? Und wäre das nicht auch ein Ziel für SAVAGE MACHINE?

Benjamin Andreassen: Da bringst du ein ziemlich wichtiges Thema auf die Platte. Natürlich versuchen wir, mit SAVAGE MACHINE in die Bresche zu springen, auch wenn die Fußstapfen wirklich übergroß sind. Die Bands, die du angesprochen hast, repräsentieren eine ganz andere Zeit, eine einfachere Zeit. Heutzutage wird alles immer mehr personalisiert, es entstehen Nischen über Nischen, die immer kleinere Zielgruppen bedienen. Wenn wir weiterhin diese Stadion-Shows haben wollen, klappt das nur, wenn alle an einem Strang ziehen. Lokale Bands müssen unterstützt werden. Man muss ihnen die Zuversicht geben, dass sie mit ihrer Musik etwas erreichen können, davon leben können. Es ist eine echte Schande, dass die Mehrheit der Musiker heutzutage Musik als etwas ansieht, was du "nach dem Job" machst. Mit 30 streichen sie dann die Segel, wenn ihnen das Erwachsenenalter so richtig in die Eier tritt, mit all seinen Pflichten und Regeln. Wir denken, dass wir mit SAVAGE MACHINE so etwas wie ein Gegenargument zum Trend sind. Und ich kann dir versichern, wir werden, so lange es möglich ist, alles dafür tun, dass es so bleibt.

Was, außer geplanten Gigs, steht bei SAVAGE MACHINE 2018 noch auf der Agenda? Neue Songs vielleicht?

Benjamin Andreassen: Vor allem Gigs, Gigs, Gigs! Und hoffentlich wird auch was aus einer Tour und Festivals. Darüber hinaus arbeiten wir tatsächlich schon an neuen Songideen. Das läuft gerade so gut, dass es mich nicht wundern würde, wenn wir schon bald wieder in einem Studio aufschlagen.

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