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Hell Over Hammaburg 2023 |
Take off: 03.03.2023 - Review (18286 mal gelesen) |
Freitag, 03.03.23
Endlich wieder Hell Over Hammaburg. Nachdem 2021 und 2022 das Festival pandemiebedingt pausieren musste, kann es dieses Jahr wieder losgehen. Die Vorfreude ist riesig, wird aber erstmal getrübt vom Zugausfall, der mich eigentlich in die Hansestadt bringen soll. Die Bahnmitarbeiterin hatte aber eine schnelle Alternative für mich und so komme ich trotz allem rechtzeitig in Hamburg an. Einchecken und ein kurzer Abstecher in die Stadt stehen auf dem Programm, bevor um 14.30 Uhr die Türen der Markthalle geöffnet werden und RUMOURS um 16 Uhr das Festival eröffnen. In der Markthalle angekommen kommt sofort das typische Hell Over Hammaburg-Gefühl in mir hoch. Keine große Akklimatisierung nötig, das Gefühl ist sofort da und es fühlt sich super an. Ich kann mich noch gut an die Atmosphäre 2020 erinnern, kurz bevor der erste große Lockdown bevorstand, dass das Hell Over Hammaburg die letzte größere Veranstaltung sein sollte und niemand so wirklich wusste, was da noch alles auf uns zukommt. Doch das ist jetzt alles vergessen. Das beliebte metallische Klassentreffen findet wieder statt und das ist das wichtigste. Ich sehe viele glückliche und bekannte Gesichter, viele kurze Gespräche und dann geht es auch schon mit RUMOURS los.
Die Leipziger führen die Besucher des Festivals rockig in die kommenden zwei Tage ein. Der Funke braucht gar nicht lange, um überzuspringen. Sowohl die Leute vor und auf der Bühne haben Bock, wollen feiern, genießen und Spaß haben. RUMOURS haben 2022 ihr neues Album "The Lower We Sink, The Less We Care" veröffentlicht, und starten direkt mit dessen Opener 'The Impetuos Glory Of Terror'. Zwar wirkt der Anfang der Show noch etwas statisch, die Band lockert sich aber im Verlauf des Sets auf. 'That Glimmer Of Freedom That People Call Death', 'Grinder' und 'Echoes Of Decline' tragen dazu bei. Die Zeit vergeht, wie im Flug und schon nach 45 Minuten wird der Auftritt mit 'Sunny Days, Dark Souls' beendet. Es folgt die obligatorische Umbaupause von 30 Minuten und auch hier wird klar, dass sich nichts geändert hat. Der Zeitplan wird eingehalten, das Team der Markthalle arbeitet mit Freude und Leidenschaft und auch die Menschen hinter der Theke sind immer noch die Freundlichkeit in Person.
Dann stehen schon STALLION auf dem Billing. Vor kurzem waren sie noch Teil des Warm-Ups und heute stehen sie auf der großen Hauptbühne. Zeitlich für viele vielleicht noch zu früh, doch das tut der Stimmung letztendlich keinen Abbruch. Der Opener 'Waking The Demon', 'No Mercy' und 'From The Dead' fahren die Betriebstemperatur direkt hoch. STALLION stehen für etwas ein. Das macht nicht nur das 30 Sekunden dauernde 'Kill Fascists' deutlich, sondern auch Paulys Ansagen, die Regenbogenfahne, die geschwungen wird und der "Kill Fascists" Aufkleber auf der Gitarre machen dies mehr als deutlich. Die Band sucht immer wieder den Kontakt zum Publikum, was durch den Graben zwischen Bühne und Zuschauer natürlich etwas erschwert wird. Kurz durchatmen kann man bei der Ballade 'Die With Me', bevor dann mit 'Undeground Society', 'All In' und 'Rise And Ride' in bester Speed Metal-Manier wieder alles niedergemäht wird. Die Spielfreude auf der Bühne überträgt sich auf die gesamte Halle, die bis nach hinten gut gefüllt ist. Dann nochmal 'Kill Fascists' und 'Canadian Steele' beendet das Set nach 45 Minuten. Gefühlt geht die Show viel zu früh zu Ende, ich denke jeder von uns hätte nochmal 45 Minuten weitermachen können. Ein absolut starker und sympathischer Auftritt.
Doch was soll's? Noch viele weitere gute Bands werden heute und morgen spielen. SANHEDRIN sind um 18.30 Uhr dran und beehren das Festival nun zum zweiten Mal. Im Vorfeld wurde schon bekannt, dass Schlagzeuger Nathan eine langwierige Verletzung hat und heute von Macky Bowman vertreten wird. Dieser macht, wie die beiden anderen Mitglieder auch, einen super Job auf der Bühne. Der für mich größte Hit von SANHEDRIN 'Riding On The Dawn' eröffnet das Set und wird gefolgt von 'Wind On The Storm' und 'Blood From Stone'. Erica und Jeremy setzen sich perfekt in Szene, heizen das Publikum ein, welches dies dankend annimmt. Nach dem Ausflug in die musikalische Vergangenheit, legt man den Fokus wieder auf das aktuelle Release, welches heute mit vier Songs bedacht wird. SANHEDRIN bekommen 50 Minuten Spielzeit, die sie voll nutzen und einen fantastischen Auftritt hinlegen. Die Band sollte unbedingt angetestet werden, sollte dies noch nicht geschehen sein. Ausreichend Möglichkeiten dazu wird es in Zukunft geben.
Dann wird es dunkel in der Markthalle. Waren die Bands bisher eher traditionell angehaucht, geht es nun mit EURYNOMOS etwas weiter in die Extreme. Die Band um Oliver "Okkulto" Martin wandelt ein wenig auf den Spuren seiner Ex-Band DESASTER, die ja morgen noch ihren Auftritt hat. Schwarz angehauchter Black/Thrash steht auf dem Programm. Mich packen EURYNOMOS so gar nicht. Es wirkt alles etwas mehr gewollt als gekonnt. Irgendwie nicht echt. Dass die Halle gefühlt auch leerer geworden ist, spricht dafür, dass ich nicht ganz alleine mit meinem Endruck stehe. Natürlich konzentriert man sich bei der Setlist auf das Album von 2020 "From The Valleys Of Hades". Doch da mir das Werk auch schon wenig zugesagt hat, habe ich wenig Hoffnung, dass EURYNOMOS mich heute noch überzeugen können, was letztendlich auch nicht passiert.
Ich habe den Eindruck, dass ich hier und heute der Einzige bin, der noch nie auch nur einen Ton von BRUTUS gehört hat. Die Euphorie vor dem Auftritt und auch schon bei der Bekanntgabe, dass sie dieses Jahr hier spielen werden, habe ich mitbekommen. Ich lasse mich also überraschen. Das Trio aus Belgien lässt sich stilistisch schwer einordnen. Post-Rock, Alternative, Post-Hardcore, Progressive Rock und viele weitere Subgenres passen jedenfalls problemlos. Blickfang ist sicherlich die zierliche Schlagzeugerin und Sängerin Stefanie Mannaerts, die von ihren beiden Kollegen an der Gitarre und am Bass unterstützt wird. Der nicht ganz alltägliche Bühnenaufbau zeigt Stefanie an ihrem Schlagzeug vorne rechts auf der Bühne, während Bass und Gitarre sich weiter links austoben können. Es ist wahrlich schwer die Band in eine Schublade zu packen. Ruhige Töne treffen auf wütende Ausbrüche, treffen auf progressive Gitarrenparts. Das alles wird gekrönt von Stefanies Gesang, der wechselnd zwischen Gekeife, kraftvollem Klargesang und ruhigen Tönen jeden Zuschauer hier in seinen Bann zieht. 60 Minuten erschaffen die sympathischen Belgier hier ein Wechselbad der positiven Gefühle und sorgen somit für eine absolute Überraschung, der man sich nur wirklich schwer entziehen kann.
Und dann folgt mit THE RUINS OF BEVERAST, das komplette Kontrastprogramm. Für mich ja ein Highlight des Festivals, da es mir bisher auch nicht vergönnt war, die Band mal live zu sehen. Die Bühne in dunkles Blau und lila Farben und dichten Nebel gehüllt erschwert, irgendwas zu erkennen. Doch letztendlich lässt die Band die Musik für sich sprechen. Diese rollt als dicke und drückende Wall Of Sound auf das Publikum nieder und man kann es nicht anders als mächtig beschreiben. Doch aus welchen Gründen auch immer leert sich die Halle nach circa Hälfte des Sets doch sichtlich. Dabei ist das, was da von der Bühne extremst gut. Langsam lichtet sich auch der Nebel und lässt die Backgroundsängerin erkenne, die allerdings nur einen sporadischen Auftritt hat. Und um kurz nach Mitternacht ist es dann auch schon wieder vorbei. Vielleicht wäre bei RUINS OF BEVERAST weniger, etwas mehr gewesen, dann wäre es eventuell auch mit dem schon gegangenen Publikum was geworden. Aber egal, ich hatte meinen Spaß mit dem Auftritt.
Somit ist auch schon der erste Tag des Festivals vorbei. Einige stehen noch im Foyer, quatschen und trinken Bier. Der Großteil ist aber schon im Dunkel der Nacht verschwunden. Ich mache mich noch auf den Weg zum Hafen und lasse die ersten Eindrücke des Tages sacken.
Samstag, 04.03.23
Der zweite Tag startet in vielerlei Hinsicht entspannt. Erstmal vormittags durch die Stadt, frühstücken, Platten kaufen, Kaffee trinken. Auch der Einlass an der Markthalle läuft entspannt und musikalisch steigt man mit WHEEL auch sehr ruhig und gemächlich in den zweiten Tag ein.
Vielen Leuten steht der gestrige Tag noch ins Gesicht geschrieben und so tut der Doom von WHEEL heute vielen erstmal sichtlich gut. Man konzentriert sich auf das letzte Output "Preserved In Time". Mit gerade mal sieben Songs in der Setlist werden alleine schon vier vom letzten Output bedacht. Der melancholische, mit einer epischen Kante versehene, Doom schmeichelt noch dem geschundenen Körper, doch nach 45 Minuten ist auch dies schon wieder vorbei.
Traditionell wird am zweiten Tag auch die kleine Bühne im Marx bespielt, wo KARLOFF heute den Opener machen. Als Kontrastprogramm zu WHEEL gibt es hier kurzen und knackigen Black'n'Roll, dazu Einflüsse von Punk und Heavy Metal. Der übertriebene Gebrauch der Nebelmaschine ist etwas nervig.
Im Gegensatz zu gestern geht es heute mit zwei Bühnen Schlag auf Schlag und schon stehen auf der großen Bühne IMHA TARIKAT bereit. Ich bin da ehrlich. So wirklich konnte ich mit den Alben bisher nicht viel anfangen. Ist alles großartig gespielt, die Band ist sausympathisch, wie sie auch heute auf der Bühne zeigen, doch musikalisch packt mich das leider nicht. Das ändert auch nichts an der Show. Dass die Band qualitativ einen großen Sprung gemacht hat, zeigt sich nicht nur musikalisch. Durften sie 2020 noch im Marx spielen, bekommen sie dieses Jahr einen Slot auf der großen Bühne. Eine große Chance für IMHA TARIKAT, die sie nutzen, denn das Publikum frisst ihnen aus der Hand. Zwar gibt es hier und da ein paar kleine technische Probleme, doch davon lässt sich niemand auf der Bühne aus der Ruhe bringen. IMHA TARIKAT präsentieren sich als Einheit auf der Bühne. Umarmungen unter den Mitgliedern zeigen dies ganz deutlich. Zwar hat es mich musikalisch immer noch nicht gepackt, aber was die Jungs auf der Bühne präsentiert haben, war schon top.
YXXAN habe ich dann wegen Hunger verpasst und so stehe ich pünktlich zu STYGIAN CROWN wieder vor der Bühne. Schon kurz nach Beginn der Show wundere ich mich, dass der Bassist auf der Bühne knieend spielt, bis mir auffällt, dass der Gurt seines Basses gerissen ist, auch der Ersatzgurt scheint nicht zu helfen und so sitzt er nun auf dem Schlagzeugpodest und spielt seine Parts. Irgendwann bekommt er einen Ersatzgurt und kann wieder voll einsteigen. Doch leider können STYGIAN CROWN nicht ganz überzeugen. Natürlich liegt der Fokus auf dem ersten und einzigen Album "Stygian Crown", doch kann die Band die Intensität des Albums heute nicht auf die Bühne bringen. Da Sängerin Pinion und ihre Mannen gerade am neuen Album arbeiten, gibt es mit 'When Candles Always Burn' auch direkt einen neuen Track vom kommenden Output. Im direkten Epic Doom Vergleich verlieren heute SYTGIAN CROWN mit dem Opener WHEEL, doch das soll erstmal nichts heißen.
MORNE machen sich für ihren Auftritt fertig. Nach dem sauberen Epic Doom von eben schlagen MORNE nun wesentlich rauere Töne an. Ein druckvoller Sound schallt von der Bühne und Sänger Gassan keift ordentlich ins Publikum. 20 Jahre hat die Band nun auch schon auf dem Buckel und die Routine merkt man ihnen an. Auch wenn sie in den letzten fünf kein Studioalbum veröffentlicht haben, haben die Bostoner genügend Material zusammen. Bereits der Opener 'To The Night Unknown' weckt großes Interesse an der Band. Sie haben ja auch das Glück, dass momentan keine Parallelveranstaltung im Marx stattfindet, und die Halle dementsprechend gut gefüllt ist. 'Scorn' und 'Memories Like Stone' folgen und füllen die Markthalle mit schweren Riffs. Durch die Überlänge der Songs schaffen es gerade mal sechs davon auf die Setlist. Was etwas verwunderlich ist, denn eigentlich hätten sie 60 Minuten Spielzeit, gehen nach 50 Minuten aber schon von der Bühne. Zeit für einen weiteren Song wäre also noch gewesen. Überzeugt haben sie aber auch nach 50 Minuten.
HEXENBRETT sind der Geheimtipp für heute und so erklärt es sich, dass auch schon 15 bis 20 Minuten vor Beginn der Show kein Reinkommen ins Marx mehr ist. Glaubt man aber den kurzen Gesprächen nach der Show, dann muss es ein fantastischer Auftritt gewesen sein.
DESASTER bauen derweil schon ihren Kram auf der Hauptbühne auf und starten pünktlich um 20.50 Uhr ihr Set mit 'Learn To Love The Void' und 'Devil's Sword'. Eine unbändige Spielfreude springt direkt von der Bühne bis in die letzten Reihen der großen Halle. DESASTER wissen genau, was ihr Publikum will und bedienen dieses mit einer großartigen Show. 'Nekropolis Karthago' und 'Damnatio Ad Bestias' folgen. Die Haare in den ersten Reihen fliegen. Die Band hat es sich heute zur Aufgabe gemacht, das Publikum ordentlich durchzurütteln und mit Songs wie 'Satans Soldiers', 'Churches Without Saints' und natürlich 'Hellbanger' schaffen sie es mit Leichtigkeit. Zu 'Metalized Blood' kommt ein Die-hard-Fan aus Schweden auf die Bühne, um mit Guido "Sataniac" Wissmann ein starkes Duett zu präsentieren. Das abschließende und nach einer kurzen Pause schmetternde 'Speak English Or Die' bekomme ich leider nicht mehr mit, da ich mich auf den Weg ins Marx befinde.
Dort haben nämlich DROWNED leider die undankbare Aufgabe, als Lückenfüller zu dienen, und überschneiden sich sowohl mit DESASTER, als auch mit HIGH SPIRITS. Dennoch macht das Trio im Marx einen ordentlichen Job. Ihr walzender Death Metal kommt gut im prallgefüllten Marx an. Zwar gibt es hier wenig bis gar keine Interaktion mit dem Publikum und die Band scheint für sich auf der Bühne zu spielen, doch kommen die Songs natürlich extrem fett von der Bühne und vielleicht hätten irgendwelche Ansagen die Atmosphäre der Show ja auch zerstört. Jedenfalls gibt es hier 70 Minuten voll was auf die Ohren und damit machen DROWNED einem Appetit auf kommende neue Songs.
Den Abschluss bilden heute, wie auch schon 2017, HIGH SPIRITS. Chris Black ist ein gern gesehener Gast auf dem HELL OVER HAMMABURG. Egal, mit welcher Band er dort spielt, er sorgt immer für volle Ränge und gute Laune. Das ist auch dieses Jahr so. Mit 'When The Lights Go Down', 'This Is The Night' und 'Restless' steigt die Band in die kommenden 75 Minuten ein und verbreitet sofort gute Laune. Poser des Tages ist heute Bassist Scott, der lässig mit einem Plektrum im Mundwinkel am Bühnerand agiert. Schon nach der Hälfte des Sets schallen die "High Spirits, High Spirits" Rufe durch die Halle, was natürlich davon zeugt, dass die Band hier mal wieder auf ganzer Linie überzeugen kann. Und mit dem passenden 'Thank You' und 'Nights In Black' kommt das Festival für dieses Jahr zum Ende.
Während einige noch einen Absacker im Foyer zu sich nehmen, strömt der Großteil aus der Halle und das Hell Over Hammaburg 2023 ist Geschichte. Mit vielen großartigen Erinnerungen, Gedanken, Gesprächen und Ohrwürmern mache ich mich auf den Weg ins Hotel und morgen dann nach Hause. Mein Dank geht an die Veranstalter, die Techniker, das Thekenpersonal, die Bands und das Publikum, die das Festival von Jahr zu Jahr zu einem fantastischen Erlebnis machen. Wir sehen uns am 1. und 2. März 2024! |
Billing
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MORNE (USA), THE RUINS OF BEVERAST (D), DESASTER (D), HIGH SPIRITS (USA), BRUTUS (B), SANHEDRIN (USA), EURYNOMOS (D), IMHA TARIKAT (D), DROWNED (D), RUMOURS (D), STALLION (D), WHEEL (D), STYGIAN CROWN (USA), KARLOFF (D), YXXAN (S), HEXENBRETT (D) |
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