Pøltergeist - Nachtmusik

Review von Froosti vom 23.10.2024 (4428 mal gelesen)
Pøltergeist - Nachtmusik "When I got really into Goth Rock, one thing I noticed was that it was just as cold and bleak as black metal but in a different way." Eine gewagte These stellt Mastermind Kalen Baker auf, die einige Black Metal-Fans vor den Kopf stoßen wird, aber auch einen Funken Wahrheit enthält. Auch wenn er seine Band in erster Linie als Post-Punk-Band ansieht, finde ich den Begriff Goth Rock passender. Hiermit meine ich auch nicht die Richtung, welche eine Band wie THE 69 EYES vorgibt, sondern eher den Stil von alten Helden wie SISTERS OF MERCY, SLOWDIVE oder MY BLOODY VALENTINE. Als lyrische Vorlage dienen Lovecraft, Edgar Allan Poe und andere für die Szene wichtige Autoren. Wer also etwas Modernes sucht, kann gleich das Review überspringen. "Nachtmusik" klingt wie aus der Zeit gefallen und PØLTERGEIST wie eine "alte" Band, und das ist auch gut so.

Als ich mir zum ersten Mal die Platte auf die Ohren gelegt hatte, war ich gerade auf dem Weg nach Hause von einem Gothic-/Metal-Nachtmarkt im Herzen von Berlin. Die dunklen Straßen einer Großstadt mit einer gehörigen Ladung seltsam anmutender Menschen waren die perfekte Kulisse für das Album. Allein das Intro 'Einfürung' schaffte es innerhalb knapper zwei Minuten, mich vollständig in das Album hineinzuziehen. Ein sanftes Pianospiel, ein waberndes Etwas im Hintergrund und ein paar Synths reichen vollkommen aus, um eine packende, leicht schaurige Atmosphäre zu erzeugen. Nach wenigen Minuten entschloss ich mich, auf die U-Bahn zu verzichten und den Weg vollständig zu Fuß zu bestreiten, nur um genug Zeit für das vollständige Album zu haben. Diese intensive Atmosphäre hält die Band auch die gesamte Zeit über. Ein Zwischenspiel in der Mitte und ein Outro runden das Ganze dann auch passend ab. Wie schaffen es PØLTERGEIST nun, diese Atmosphäre zu erzeugen und zu halten? Da gibt es gleich mehrere Punkte, neben den spannenden Zwischenspielen.

Zum einen haben wir da die Produktion des Albums. Am ehesten würde ich den Sound mit den SISTERS OF MERCY vergleichen. Würde die Band noch heute Alben veröffentlichen, würde ich erwarten, dass sie in etwa wie PØLTERGEIST klingen. Jedem Instrument wird ausreichend Raum gegeben, um sich vollkommen zu entfalten, wobei sie klingen, als kämen sie direkt aus dem Proberaum. Roh und mit Ecken und Kanten mag ich es halt immer noch am liebsten. Was mir auch sehr zusagt, ist der prägnante Bass. Viel zu selten wird dem Instrument so viel Raum gegeben wie hier. Besonders beim Song 'Ethereal Nightmare' merkt man es. Dieser ist auch nicht umsonst einer meiner Highlights der Platte. Die Gitarren arbeiten sich recht gewohnt durch das Album und glänzen immer wieder mit verträumten Melodien, sind aber hier nicht das Zentrum der Musik. Um den Sound dann noch abzurunden, mixt man etwas Black Metal-Feeling mit hinein. Etwas Kälte und Hall auf den Vocals haben noch nie geschadet.

Ein weiteres Highlight von "Nachtmusik" ist der Gesang. Was die Band hier abliefert, ist für mich die Blaupause für Goth Rock. Eine volle, rauchige Stimme, die in die Nacht hineinsingt. An einigen Stellen findet man auch kleine Parts aus extremen Metal-Bereichen. Das Tom Warrior-Gedächtnis "Uhhh" findet man zum Beispiel in 'Children Of The Dark'. Der Gesang agiert zwar weitestgehend auf demselben Level und variiert selten, dennoch stört mich das recht wenig. Er passt einfach zu gut dazu, auch wenn in dem Bereich für kommende Werke noch Luft nach oben ist.

Einen Wermutstropfen kann ich aber nicht verschweigen. Songs wie 'Swallowed By The Ocean', 'Children Of The Dark', 'Ethereal Nightmare' oder auch 'Will We Ever Live Again' sind echte Hymnen und ich freue mich schon riesig, die mal auf der Bühne hören zu dürfen. Nichtsdestotrotz schaffen es PØLTERGEIST nicht, dieses Niveau überall zu halten. "No Fillers, Just Killers!" kann ich somit nicht unterschreiben. Bei einer noch so frischen Band kann ich das allerdings gut verkraften.

PØLTERGEIST legen mit "Nachtmusik" ein herausragendes Debüt vor, was die Konkurrenz ins Schwitzen bringen wird. Dass ich nochmal eine Band finde, welche die alten Geister des Goth Rocks weiterträgt, hätte ich nicht gedacht. Der durchdachte Aufbau des Albums, die packende Atmosphäre, die Vocals und die oben genannten Hymnen machen das Werk zu einem Jahreshighlight, selbst wenn noch Luft nach oben ist. In Zukunft erwarte ich Großes von der Truppe.



Gesamtwertung: 9.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood dry
Trackliste Album-Info
01. Einfürung
02. Burning Sword
03. Ethereal Nightmare
04. Cold In September
05. Yesterday Fades
06. Nachtmusik
07. Children Of The Dark
08. Swallowed By The Ocean
09. Will We Ever Live Again
10. Walking Alone
11. Dammerung (Outro)
Band Website: www.facebook.com/Poltergeistovdoom
Medium: CD, LP
Spieldauer: 39:26 Minuten
VÖ: 25.10.2024

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten