Athame - Magick Of The Goddess

Review von baarikärpänen vom 02.11.2024 (313 mal gelesen)
Athame - Magick Of The Goddess Es ist ja durchaus bekannt, dass viele Bands - um einen möglichst authentischen Sound hinzubekommen - gerne auf Technik aus der Zeit zurückgreifen, die auch ihre Musik inspiriert. Das darf nicht nur so sein, nein es muss auch. Vorausgesetzt, die finanziellen Mittel reichen. Oder falls der Zaster gerade nicht ausreicht, kann man das natürlich auch mithilfe von modernen Apps und Tools so klingen lassen. Und ganz ehrlich, wer will schon eine Platte hören, deren Material dem traditionellen Metal oder dem Classic Rock huldigt, aber so klingt, als wäre soundtechnisch der Produzent eines Plastik-Stangenware-Chart-Projekts verantwortlich gewesen. Dass es auch gewaltig in die Hose gehen kann, wenn Truppen ihre Outputs mit dem Heimcomputer verschlimmbessern, davon zeugen unzählige Veröffentlichungen jede Woche. Da klangen zum Teil die (legendären) Demos von METALLICA, EXODUS, KREATOR, DESTRUCTION oder HELLHAMMER ja noch besser - weil eben authentisch und den damaligen Möglichkeiten geschuldet. Aber selbst diesen ersten Aufnahmen besagter Bands setzen jetzt ATHAME noch die Krone auf. Und das meine ich absolut nicht negativ. Nach Einfuhr des unten angehängten Videos wird es bestimmt eine Menge Leute geben, die der Meinung sind, ich hätte komplett den Überblick verloren, aber immer langsam mit den jungen Pferden. Sich bewusst für die Form zu entscheiden, die ATHAME ihrer ersten wirklich abendfüllenden Scheibe gönnen, das ist in diesem Zusammenhang nämlich schon über-authentisch.

Ich bin mir sicher, dass ATHAME es mir nicht krummnehmen, wenn ich sie nicht als "normale" Band bezeichne, sondern eher als Künstlerkollektiv. Man kann ATHAME also durchaus mit Bands wie HEILUNG oder WARDRUNA vergleichen. Nicht wegen der Musik, sondern vom künstlerischen Ansatz. Wo Letztere sich der nordischen Mythologie widmen, legen ATHAME den Fokus auf Wicca, Feminismus und persönliche Erfahrungen. Die Dresdnerinnen und Dresdner gründeten sich 2023 als überwiegend weibliche Band und sehen sich selbst als Okkult-Rock-Band. Das mit dem erwähnten Künstlerkollektiv wird auch dadurch untermauert, dass zum Beispiel Zuza auf "Magick Of The Goddess" gar nicht zu hören ist, aber ein wichtiger Teil von ATHAME ist, da sie sich vor allem um die Ritual-Elemente der Shows kümmert, wie Räucherungen oder das Great Rite-Ritual der Wicca, wo der Athame (der Ritualdolch, daher auch der Name der Band) eine gewichtige Rolle spielt.

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"Magick Of The Goddess" ist, wie es hier vorliegt, genau so von ATHAME gewollt. Klar hätten die Damen und der Herr das Material am hauseigenen Rechner bearbeiten, es auf eine nette CD brennen und mit einem hübschen Booklet mit tollen Farben verpacken können. Aber ATHAME haben eben das nicht getan. "Magick Of The Goddess" wurde live im Proberaum der Band mit nur ein paar Mikrofonen aufgenommen und physisch erhältlich ist das Schätzchen auch nur auf einer Cassette. Da sie sich selbst als Okkult-Rock bezeichnen, könnte man in Versuchung kommen, ATHAME mit COVEN zu vergleichen. Aber weit gefehlt, denn die Dresdnerinnen und der Dresdner bündeln in ihren Songs das Beste aus Doom, Psychedelic, Proto- und gar Black Metal. Wobei Letztgenannter nicht so sehr musikalisch, sondern eher stimmungsmäßig zu Buche schlägt. Was außen vor bleibt ist Kraut Rock, und das ist auch gut so. Wenn es irgendwelche Bezüge zum Kraut Rock gibt, dann sind es die ausufernden Passagen in den Stücken, die aber bei ATHAME keinen Jam-Charakter haben, sondern in ihrer fast schon hypnotischen Ausstrahlung eher Mittel zum Zweck sind, die Hörerinnen und Hörer (so wie die Band wohl selbst auch) in eine spirituelle Stimmung zu versetzen. Gerade diese Parts haben eine fast schon kathartische Wirkung. Eben diese Wirkung beginnt bereits beim Intro, das wie der Beginn des Rituals klingt, die beschwörenden gesprochenen "Formeln" von Gitarrist und Sänger Sören, die ätherischen Backing Vocals von Schlagzeugerin Yasi und Bassistin Juli. 'Magick Unfolds' beginnt dann fast schon Classic Rock-mäßig, schlägt aber nach knapp sechs Minuten in einen dunklen Brecher um, der mich enorm an die langsamen Songs von HELLHAMMER erinnert, hier vor allem 'Triumph Of Death'. Weiter geht es mit 'Mother Nature I', das beinahe leichtfüßig klingt und dem ATHAME mit 'Mother Nature II' einen doomig-noisigen Counterpart gönnen, der - sieht man von den Vocals ab - auch bei TRIPTYKON gut ins Material passen könnte, auch wenn ATHAME diesem Song einen Schlussteil verpassen, der wieder die Leichtfüßigkeit des ersten Teils aufgreift. Überhaupt fällt auf, dass gerade die überlangen Stücke oft so klingen, als hätte die Band drei verschiedene Songs zusammengefasst, was allerdings genau so beabsichtigt ist, wie eine Nachfrage ergeben hat. Alles dient dazu, Hörerinnen und Hörer in das Ritual hineinzuziehen. Spannend finde ich dann 'Moon Of Doom', das dem Titel entsprechend wieder dunkel und abgrundtief beginnt, dem ATHAME aber einen Zwischenteil geben, der original so auf einer Scheibe einer Psychedlic-Combo der 60er Jahre hätte stehen können. Proto Metal pur ist dann wiederum 'Dianic Defiance (Wicca Rebel)', wohingegen 'Lost Souls' wieder eine tiefe Verbeugung vor den (musikalischen) schwarzen Künsten ist, in dessen Endpart ATHAME sogar mal die Geschwindigkeit anziehen. 'Outro (Mighty Goddess Of The Moon)' ist mit seinen siebeneinhalb Minuten das Ende der Zeremonie, und Sören klingt mit seinen verzweifelt klingenden Vocals gar wie Thomas Gabriel Fischer.

Was ist "Magick Of The Goddess" von ATHAME also? Nun, wer eine weitere Band erwartet, die auf den langsam übervollen Zug der sich auf Classic Rock und Psychedelic beziehenden Bands aufspringen will, sieht sich getäuscht. ATHAME sind anders. Und das nicht nur, weil sie das Album in dieser Form eingespielt haben. Hier ist nicht nur die Lehre (Wicca) pur, sondern auch das, was aus den Boxen oder Kopfhörern kommt. Audiophile Hochgenüsse und perfekt gespielte Songs bleiben außen vor - und das mit Absicht! Man muss bereit sein, sich darauf einzulassen, dann bekommt man eine Scheibe zu hören, die lange wirkt und auf eine Reise mitnimmt. Mir ist in all meinen Jahren, in denen ich das Vergnügen hatte, Musik rezensieren zu dürfen, mit THANGORODRIM nur eine einzige Band untergekommen, die so weit vom Mainstream entfernt war und polarisieren dürfte, wie ATHAME es nun sind. Ich bin mir sicher, ATHAME wissen genau, dass sie mit "Magick Of The Goddess" nur eine kleine und winzige Nische besetzen, in der sie sich allerdings mehr als wohl fühlen dürften. Kunst machen der Kunst wegen, sich nicht zu Gunsten der breiten Masse verbiegen. Im Falle der Dresdnerinnen und des Dresdners kann es keinen breiten Konsens geben, man mag es oder man belächelt es. Wer offen ist und sich den fast 90 Minuten hingibt, über die live mitgeschnittenen Aufnahmen des Proberaums mit den limitierten klanglichen Defiziten hinwegsieht, der oder die könnte belohnt werden und besucht am besten mal ATHAME auf Bandcamp. Mich haben ATHAME definitiv mitgenommen und aus diesem Grund vergebe ich hier auch gerne (sehr subjektive, wohlgemerkt) neun Punkte.



Gesamtwertung: 9.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood dry
Trackliste Album-Info
01. Intro
02. Magick Unfolds
03. Mother Nature I
04. Mother Nature II
05. Wicca Chant
06. Moon Of Doom
07. Dianic Defiance (Wicca Rebel)
08. Lost Souls
09. Outro (Mighty Goddess Of The Moon)
Band Website: www.facebook.com/athame.occultrock
Medium: MC
Spieldauer: 88:29 Minuten
VÖ: 00.00.0000

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