Strapping Young Lad - SYL

Review von Opa Steve vom 02.04.2003 (9864 mal gelesen)
Strapping Young Lad - SYL Nach dem Überflieger "City", der vor einigen Jahren die erreichbaren Härtegrade einer CD-Produktion bis an die Grenzen auslotete, hungerte die Strapping-Gemeinde lange auf einen ebenbürtigen Nachfolger. Auch wenn die Devin Townsend Band für ihre Maßstäbe ein für ihre Begriffe recht heftiges Physicist-Album am Start hatte, so fehlte doch irgendwie die Offenbarung des Soundinfernos, für welches Strapping Young Lad stehen.

Die Zeit ist nun endlich vorbei, und das dritte Album, einfach "SYL" getauft, ist erhältlich.

Der erste Eindruck, der den Hörer beschleicht, ist, dass Strapping einen wesentlich kontrollierteren Mix gefahren haben. Der Sound lässt trotz aller Härte immer noch einige luftige Stellen im Gesamtgefüge, und auch der trockene Sound ohne die berüchtigten Hallfahnen und Kompressionseinsätze, mit der auf "City" noch dieses fast einem Rauschen gleiche Material geschaffen wurde, trägt zu mehr Transparenz bei. Nicht unbedingt das, was man wirklich erwartet hat. Durch die etwas zurückgefahrene technische Unterstützung muss die Härte eben aus den Songs selbst kommen, was die Aufgabe für die Musiker nicht einfacher macht. Dafür kann man aber die Instrumente noch gut warnehmen. Die Gitarren sägen breit durch den Grundtonbereich, und auch die Drums drücken sich präzise durch, was bei einem Spiel wie dem von Gene Hoglan natürlich eine unglaubliche Freude bereitet. Obwohl der Sound eigentlich trotz aller Transparenz einen guten Druck im Grundtonbereich hat, hätte ich mir agressive Höhen in den Gitarren gewünscht. Da wäre noch etwas mehr gegangen...

Das Material hat sich auch etwas gewandelt. Neben dem durchgetretenen Gaspedal fliessen viele epische Elemente von Devins Solokompositionen in die Musik ein, und auch die einen oder anderen sperrigen HC-Riffs irritieren bereits beim Opener. Ebenso konnte mich Devour, eine recht frühe Auskopplung auf diversen Samplern und Promos, nicht so richtig überzeugen. Nachdem ich aber nun die komplette CD rotieren lassen kann, kann ich über die Wahl des Openers sowie der ersten Auskopplung nur den Kopf schütteln. Bereits ab "Relentless" knüppeln SYL wie die Irren. Gene zerlegt sein Kit präzise wie ein Chirurg (diese versetzte Doublebass muss man erst mal unter Kontrolle halten), die Melodie des Refrains ist einfach grandios - simpel, aber überwältigend.

Als Anspieltipp sei auch unbedingt "Aftermath" genannt, welches nach einem sehr bombastischen Knüppelstart präzise wie eine Maschine in sehr schwere Riffs mündet. Angesichts der aktuellen politischen Lage bleibt einem allerdings schon die erste Textzeile im Halse stecken: "Give us a reason for coming of war. Fighting for Jesus through prices of oil....". Um mal unpolitisch zu bleiben: es wäre interessant zu erfahren, was lauter ist: das Städtebombardement im Irak oder ein gepflegter Gig dieser kanadischen Prügelknaben? Letzteres ist zumindest stressfreier...

Nach dem etwas zurücksteckenden "Devour" bietet "Last Minute" klasse Mitgröhlpassagen, die Live auf der gerade laufenden Tour bewiesenermaßen prima funktionierten. Die Böswilligkeit, die aus jeder Note der Killerriffs, erinnert schon etwas an Stilmittel des Black Metals, bevor "Force Fed" als ein klassischer Strapping Young Lad Prügler im alten Stil des Debüts oder eben des City-Albums losdonnert und auch wieder die Industrial-Samples im Hintergrund auffährt. "Dirt Pride" hingegen klingt ob der schnell gedreschten Single-Note-Parts wie eine sehr thrashige Version von Hypocrisy.

Was allerdings der psychidelische Rausschmeisser "Bring on the young" soll, das wird nur Devin selbst wissen. Auf einem Candlemass-Album würde mich sowas vielleicht nicht wundern (wenn man die gekknüppelten Passagen mal vergisst), aber dieses Stück ist mindestens so merkwürdig wie das Ende der Physicist-Scheibe....

Devin sagte einst, dass er erst ein neues Strapping Young Lad Album veröffentlichen würde, wenn er die Härtegrade des Vorgängers toppen könnte. Da ich ihn beim Wort nehme, muss ich leider sagen, dass dies nicht gelungen ist. Sicher haben die meisten Stücke ein gewaltiges Härtepotential, aber um die besondere Note des gerade noch kontrollierbaren Lärms zu bekommen, bedarf es auch einer entsprechenden Produktion. Nichtsdestotrotz ist dieses Album durch die Symbiose mit Devins Harmonievorlieben ein immer noch sehr geiles Stück Musik geworden, welches immer noch einen Großteil der als "hart" publizierten Alben locker in die Tasche steckt. Daher habe ich das "verfehlte Ziel" auch nicht in der Bewertung berücksichtigt, sondern das Album so losgelöst und objektiv gesehen, wie es nach dem geilen Gig vorgestern überhaupt möglich ist.

Gesamtwertung: 8.5 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood dry dry
Trackliste Album-Info
Band Website: www.strappingyounglad.com
Medium: CD
Spieldauer:
VÖ: 17.02.2003

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten