Coroner - Dissonance Theory

Review von Damage Case vom 17.10.2025 (366 mal gelesen)
Coroner - Dissonance Theory Manche Studio-Comebacks fühlen sich einfach richtig an. CANCER 2018, EXHORDER und POSSESSED 2019 sowie NASTY SAVAGE 2024 haben bewiesen, dass man auch nach mehreren Jahrzehnten Abstinenz auf einem vergleichbaren Niveau der eigenen Klassiker zurückkehren kann - wenngleich eine weit größere Zahl hier ungenannt bleibender Acts an diesem Versuch mehr oder weniger kläglich gescheitert sind.

Jetzt CORONER. Als sie 1993 mit "Grin" ihr letztes wirkliches Studioalbum veröffentlichten (der geplante Schwanengesang "Coroner" zwei Jahre später war eine Mischung aus Best Of, Remixen und einer Handvoll neuer Songs), war die Welt, nicht nur die der Musik, eine ganz andere. Oftmals als die europäischen Brüder im Geiste und Komponierens der kanadischen Avantgarde-Thrasher VOIVODS verkannt, haben Tommy Vetterli & Co. seit ihrem Live-Comeback 2011 die Zeit genutzt, um sich Gedanken über ihren neuen Sound zu machen. Doch was dabei herausgekommen ist, sprengt tatsächlich alle Erwartungen. Die Ahornblätter scheinen nicht mehr allgegenwärtig durch, vielmehr klingt das Trio, inzwischen sitzt Diego Rapacchietti am Schlagzeug, wie eine Thrash-Version von CELTIC FROST beziehungsweise TRYPTIKON. Das mag auch daran liegen, weil die Stimmbänder von Basser/Shouter Ron Royce heuer so sehr wie die von Tom G. Warrior klingen, wie niemals zuvor. Doch wo die einen sich der kompletten Düsternis und dem Suhlen im doomigen Verderben hingeben, fahren die anderen lautstark mit einem aufgemotzten Bulldozer durch die Auen der Dunkelheit. Und so bricht direkt nach dem kurzen Intro 'Oxymoron' die Thrash-Hölle los, wenn sich 'Consequence' so dermaßen mächtig durch die Bude rifft, dass einem beinahe vor Schreck (oder ist es schlicht Freude?) der Atem stockt. Wenn dann im Refrain die mitreißendste Roboterstimme seit STYX' 'Mr. Roboto' erklingt, kann man förmlich spüren, wie sehr sich dieses Trio auf diesen Moment der Rückkehr im Herbst 2025 vorbereitet hat. Knapp über eine Dreiviertelstunde reiht sich Monsterriff an Monsterriff, Gänsehautmoment an Gänsehautmoment, Break an Break, Groove an Groove und Solo an Solo. CORONER fahren in allen Belangen (dieser Sound! Danke an Jens Bogren!) alles auf, was sie können, ohne ihre technische Finesse zu sehr in den Vordergrund zu hieven. Natürlich sollte man sich nichts vormachen: Tommy Vetterli hatte 30 Jahre Zeit, um "Dissonance Theory" bis zur letzten Note vollständig auszukomponieren und reifen zu lassen - was man dem Album auch anhört, denn er hat die Zeit schlicht genutzt, wo andere mal kurz nach 30 Jahren Metalrente ins Studio steigen und um ein paar alte Ideen herum bei mittelmäßigem Sound ein Album eintrümmern (auch hier werden keine Namen genannt). Nein, auf "Dissonance Theory" ist alles Hochglanz und schlicht auf höchstem Maß gleichsam professionell und spürbar leidenschaftlich. Schon alleine diese Optik: Das Cover ist in seiner Farbgebung, Bildauswahl und Bildsprache in der Tradition seiner Vorgängeralben so unfassbar gut geworden. Heraus kam dabei eine der packendsten und aussagekräftigsten Bildbeschreibung harter Musik seit langer, langer Zeit. Einzig der seit "No More Color" auf jedem Albumcover abgebildete Hinweis auf die klassische Trio-Besetzung fehlt inzwischen, da Ur-Drummer Marquis Marky seit 10 Jahren nicht an den Fellen sitzt. Als Bonus der 2CD-Version gibt es übrigens noch das vergriffene ultralegendäre "Death Cult" Demo von 1986 dazu.

Fazit: "Dissonance Theory" ist ein Album-Comeback, wie man es sich kaum besser ausdenken könnte. Selten hat eine Band ihr Momentum besser zu nutzen gewusst als die drei Schweizer, die alle Erwartungen an neue Songs und deren optische Präsentation quasi pulverisieren und aus dem Nichts den Standard für modernen Thrash Metal mit diesen neun Songs neu definiert. Dieses Level wird die Band bei kommenden Veröffentlichungen ob der dann nicht zur Verfügung stehenden Jahrzehnte nur mit Mühe halten können. Doch genießen wir den süßen Moment des Augenblicks und dieses Monument von einem Album, das uns CORONER geschenkt haben.

Anspieltipps: Jeder Song, ohne Ausnahme. Denn bereits der brettharte Opener 'Consequence' reüssiert dank seines prägnanten Riffings und des noch prägnanteren Roboterrefrains direkt im Hirn und will dort partout nicht mehr heraus. Wenn dann noch ein Song 'The Law' heißt, jedoch überhaupt nicht auf die Härte- oder Geschwindigkeitskacke hauen zu müssen, um zu zeigen, dass hier die Big Boys spielen … das sagt eigentlich alles aus, was man über "Dissonance Theory" wissen muss.

Gesamtwertung: 9.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Oxymoron
02. Consequence
03. Sacrificial Lamb
04. Crisium Bound
05. Symmetry
06. The Law
07. Transparent Eye
08. Trinity
09. Renewal
10. Prolonging
Band Website: www.coroner-reunion.com/
Medium: CD
Spieldauer: 47:19 Minuten
VÖ: 17.10.2025

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