The Inspector Cluzo - Less Is More

Review von derkleinekolibri vom 06.06.2025 (1449 mal gelesen)
The Inspector Cluzo - Less Is More THE INSPECTOR CLUZO, das sind zwei Biobauern aus der französischen Gascogne, die keinen Hehl daraus machen, Bassisten nicht zu mögen und demzufolge auch ihr am 6. Juni 2025 erscheinendes zehntes Album "Less Is More" ohne einen Viersaiter eingespielt haben. Die beiden Franzosen machen sich um die Welt große Sorgen. Dass man mit der Produktion von Lebensmitteln Geld verdient, geht für sie in Ordnung, allerdings gibt es für sie einen Punkt, an dem man der Erde zu viel zumutet und der Menschheit dadurch mehr schadet als nutzt (das nennt sich dann Postwachstum). Das Prinzip, dem entgegenzuhandeln, setzen sie auf ihrer eigenen Farm um und bemühen sich dabei, ihren CO2-Fußabdruck auszugleichen. Das wiederum übertragen sie aufs Musikgeschäft und finanzieren sich zu 100 Prozent selbst und weigern sich, Verträge mit Majors und Hedge Fonds für ihre Tourneen abzuschließen. Mit all diesen Erklärungen ist das Konzept des Albums "Less Is More" hinlänglich beschrieben. Die Songtexte wurden durch den amerikanischen Naturforscher und Philosophen des 19. Jahrhunderts Henry David Thoreau und den französischen Philosophen Guy Debord des 20. Jahrhunderts inspiriert. Erstgenanntem widmet man sogar einen Song: 'Thoreau', so lautet schlicht und ergreifend der Titel.

Im vergangenen Jahr wurden sämtliche Titel innerhalb vier Tagen komplett eingespielt und anschließend in drei Tagen gemischt. "Das schont die Ressourcen ..." Keinesfalls hat die Qualität darunter gelitten, so viel sei vorab schon verraten.

Am Coverartwork scheiden sich natürlich die Geister. Steckt dahinter wirklich Rockmusik oder doch eher Lagerfeuermusik von und mit Bauern? Wie so oft im Leben sollte man sich nicht von Äußerlichkeiten leiten lassen. Es erwartet den Hörer eine geballte Ladung erdiger Rock - es sei dahingestellt, ob Art, Garage, Hard, Pop oder Psychedelic Rock - dem man sich nicht verschließen kann. Der erste Höreindruck war jedenfalls nicht der dank meiner (leider) ebenfalls vorhandenen Vorurteile erwartete, sondern eine Überraschung par excellence.

In den Neunzigern spielten Mathieu Jourdain und Laurent Lacrouts noch bei WOLFUNKIND, 2007 begann dann die Geschichte mit THE INSPECTOR CLUZO (wer sich nicht mehr erinnert: Inspektor Clouseau war die Hauptfigur der Pink Panther-Filmserie). Seitdem wird in annähernd gleichen Abständen von durchschnittlich fast zwei Jahren etwas Neues auf den Markt gehauen. Das Duo ist auch auf den Brettern der Welt unterwegs und betört sein Publikum ein ums andere Mal. Was die beiden Männer nämlich aus dem Boden stampfen, ist der Hammer. Mathieu ist fürs Schlagzeug und den Backgroundgesang zuständig und Laurent ist Leadsänger und Gitarrist in einer Person. Zuweilen verirrt sich auch der ein oder andere Blechbläser auf die Bühne. Das Ergebnis: ein brachiales Live-Erlebnis!

Etwas "gesitteter" geht es auf "Less Is More" zu. Das Gitarrenspiel lässt viele Vergleichsmöglichkeiten zu - manchmal klingt das Instrument wie von Geisterhand verzaubert gestimmt und gespielt, dann sucht man (fast) vergeblich nach Ähnlichkeiten. Das Fehlen eines Basses fällt auch nicht sonderlich auf. Freche Zungen behaupten ja, dass das schon alleine deswegen der Fall ist, weil die Gitarre eben sechs Saiten hat und somit zwei mehr als der Bass und dieser größere Umfang auch für das tiefere Klangspektrum genutzt werden kann. Warnung! Bitte glaubt nicht alles, was ihr lest. Nichtsdestotrotz drängen sich elf hervorragend konzipierte und an kein Genre haltende Songs an die Ohrmuscheln. Vollkommen unterschiedliche Eindrücke wecken die Jungs. 'Catfarm' weist einige Reggae- und Ska-Elemente auf, die einen gedanklich sofort nach Jamaika entführen. Im Anschluss geht es bei 'Rules' fast schon punkig zu - schnell, roh und dreckig. Bei 'Thoreau' stellt man sich unweigerlich vor, wie der Leadsänger diesen Titel nach dem Genuss eines großen Schlucks Whisky intoniert - was für eine herrlich rauchige Stimme. 'The Greenwashers' entführt uns schließlich in die Welt von Love, Peace and Happiness im Jahre 1969, sprich Woodstock. Das Gitarrenspiel weckt Erinnerungen an einen der besten Gitarristen, den die Welt bisher gesehen und natürlich gehört hat: Jimi Hendrix. Der psychedelische Anteil des Stücks wird dem drogenbeeinflussten Zustand vieler Woodstock-Besucher gerecht. Das mit etwas mehr als zwei Minuten Länge kürzeste Stück 'Mr. Fameless' des Longplayers tritt rotzig und ruppig in die Fußstapfen des Punks der ausgehenden Siebziger. Das verhalten beginnende 'Workers' reißt einen plötzlich vom Hocker, nur um dann wieder in leisere Passagen zu verfallen. 'Almost Cut My Hair' erlaubt mit seinem leicht bluesigen Touch einen weiteren Blick nach Woodstock. Ein Song, der so richtig unter die Haut geht. Erschreckend, aber vermutlich nicht gewollt, erscheinen einige dunkelhäutige, musizierende Sklaven vor einem Farmgebäude der Konföderierten im Amerika des neunzehnten Jahrhunderts, wenn THE INSPECTOR CLUZOs 'Journey Men' erklingt. Ein wundervoller Abschluss des zehnten Machwerks der Naturburschen.

Was menschlicher Wille in der Lage ist zu kreieren, zeigen die beiden Franzosen in gekonnter Art und Weise. Die raue, rohe, wilde Natürlichkeit der fast 42 Minuten langen CD ist mal etwas ganz anderes in der Welt der harten Musik.

Wer THE INSPECTOR CLUZO live erleben möchte, kann dies im Jahr 2025 weltweit tun, das Duo hat im Oktober sogar Deutschland auf dem Tourplan.

"Less Is More" ist der absolut passende Titel für dieses Album, bei dem man auf fast alles verzichtet hat, dennoch aber ein glänzendes Ergebnis erzielt.

Gesamtwertung: 8.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood dry dry
Trackliste Album-Info
01. We Win Together I'm Losing Alone
02. As Stupid As You Can
03. Catfarm
04. Rules
05. Thoreau
06. The Greenwashers
07. Less Is More
08. Mr. Fameless
09. Workers
10. Almost Cut My Hair
11. Journey Men
Band Website: www.theinspectorcluzo.com/
Medium: CD
Spieldauer: 40:44 Minuten
VÖ: 06.06.2025

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten