Déhà - Nethermost & Absolute Comfort | |
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Review von Chaosswampchicken vom 21.04.2025 (13895 mal gelesen) | |
![]() 'Nethermost' zieht uns in den unausweichlichen Abgrund: Fast 45 Minuten beträgt die Spielzeit von 'Nethermost'. Hier bekommen wir keinen sanften Start, oh nein! Auch kein Sich-Anschleichen, nur dieser schier endlose Strudel, der sich stetig um einen schließt und einen verschlingt. Wer hier auf eine klassische Songstruktur hofft, dem sei gesagt, das wird nichts werden, es gibt keinen Momentumaufbau, keinen Chorus, und auch keine Bridge oder Verschnaufpausen. Der Song (manche würden ihn ein vollwertiges Album nennen) wartet auf mit verschiedensten Schichten, langsam, dröhnend und so so schwer. Tiefe Frequenzen wälzen sich durch Raum und Zeit, die langsam gespielte Gitarre ist so verzerrt, dass eine solide Wand aus starken Untertönen und Obertönen entsteht, die einen immer mehr in ihren Bann zieht. Die ersten Melodien hier waren tief, langsam, angespannt und einfach düster, doch die cleanen Gesangsharmonien heben sich wunderbar und klar davon ab. DÉHÀs Stimme ist unglaublich wandelbar, sie fügt sich so passend dem gegebenen Klangkonzept, klarer Gesang, tiefes Knurren, als auch wahnsinniges Kreischen. Der Growl-Gesang hingegen zeichnet ein anderes Bild: Die gutturalen Vibrationen und die langsame Darbietung spiegeln Gefühle der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit wider. An manchen Stellen klingt das Ganze nicht mehr nach Metal-Gesang, sondern eher nach einer Panikattacke (wie gut ich das kenne) während einer zermürbenden Diskussion, wenn das Ganze in einen langen Fry Scream ausbricht, spürt man pure Euphorie. Von da an zieht sich die Geschichte mit gelegentlichen Leadgitarren-Parts in die Länge. Man bewegt sich so langsam, dass ich das Bild eines alten Mannes vor Augen habe, der auf dem Weg nach Hause durch den Schnee stapft, jede Bewegung fällt ihm schwer, Wind zieht durch seine spärlich wärmende Kleidung. Die Melancholie, die hier immer wieder mitschwingt, macht wirklich süchtig, man läuft Gefahr, sich zu verlieren. Im Verlauf des Songs bringt man zusätzliche Einflüsse ein, um den Doom-Kern noch zu verstärken, unter anderem beinhaltet das Prog-Rock-Leads, dröhnende Ambient-Sounds als auch atmosphärische Höhepunkte. Was ist eigentlich mit dem Schlagzeug? Das setzt man hier nur ein, wenn man es wirklich braucht, das gibt hier noch mehr Tiefe, kein unnötiger Schlag auf die Becken, nichts, was nicht sein muss. Im Hintergrund schwingt ein statisches Rauschen mit, das fast schon unangenehm nah an den Nerven sitzt. Es geht nicht mehr um Harmonie, es geht darum, aufzuzeigen was diese 'Wall of Sound' mit deinem Innersten macht, es wühlt es auf, das ist Doom für mich: lähmende Ohnmacht und existenzielle Angst. Nach fast 45 Minuten muss ich hier auch erst mal einen Break machen, ich brauche Luft zum Atmen und muss sicher gehen, dass dieses drückende Gefühl auch wirklich von meiner Brust verschwindet. 'Absolute Comfort', macht die Dunkelheit noch etwas dunkler: Nehmen wir uns jetzt dem mit etwa 27 Minuten fast schon kurzen Stück 'Absolute Comfort' an. Anders als bei unserem ersten Stück ist dieser Beginn hier schon fast ruhig, die tiefen Growls wirken schon fast wie ein religiöser Singsang in den Tiefen der Natur. Gerade wenn du dich im Einklang mit dir selbst und in Sicherheit fühlst, passiert es, es wird bedrohlich und sehr sehr düster. Dieses nicht zu ignorierende Dröhnen geht durch Mark und Bein, es zieht in jede Pore deines Seins und verweilt dort, all das setzt auch meinen Körper auf Alarmstellung. Wollen wir uns nun den Vocals zuwenden, diese eröffnen sich uns wie schon zuvor als ein massiver Schlag, sie sind roh und wirken unglaublich zerrissen, gleichzeitig auch so einnehmend, genau das, was diese Art von Herangehensweise an Musik braucht. Auch hier könnte man wieder eine Schneise zu mentalen Herausforderungen ziehen, dieser Song gibt einem das Gefühl, dass etwas auf einen lauert und nur wartet zuzuschlagen, aber du bleibst trotzdem, wohin willst du denn auch entkommen? Auch hier hört man die Drums nur, wenn sie absolut von Nöten sind, in diesem Fall dienen sie der Mitte als Warnung an uns, ein angsterfüllter Herzschlag, der uns nach vorne (oder noch tiefer nach unten) treibt. Werden wir aufgefordert, uns für die Schlacht (auch gegen uns selbst) bereit zu machen? Eines ist klar: Man sollte den Moment nutzen, denn - so wie ich dieses Klangkonzept kennenlernen durfte - wird dieses Gefühl gleich in einem allumfassenden Dröhnen verschlungen werden. Und genau das bekommen wir dann auch wieder, mit einer absoluten Kraft und Power, diese existentielle Verzweiflung ist so allgegenwärtig, dass auch mein Kopf für ein paar Minuten Pause machen muss, denn all das, was auf einen klanglich einbricht, ist gewaltig. Die Komposition steigt unerbittlich an und erklimmt langsam diesen Berg aus Schmerz, während die Vocals immer dämonischer und die Musik zunehmend kraftvoller und zerstörerischer wird. Das ist mein Favorit von den beiden Werken und er beendet das Album auf einem erschreckend hohen und ausgefeilten Punkt. Fazit Die Frage, die sich hier am Ende des Ganzen stellt, ist: Warum tut man sich das eigentlich an? Wieso taucht man ab in diese Tiefen aus Verzweiflung und hörbarem Schmerz? Weil leider nicht nur die Gefühle existieren, die einem gut tun, sondern auch diese Gefühle, vor denen man Angst hat sie zu erleben und zu fühlen. So ist das Leben, und genau das spiegelt die Musik von DÉHÀ wieder. Hier werden genau diese Gefühle genommen und in Melodien und Sound verarbeitet. Bleibt dieser Schmerz? Ja, so auch die Verzweiflung. Ebenso die Zerstörung und Hoffnungslosigkeit. Aber - und es mag vielleicht komisch klingen - ist es auch eine Befreiung. Denn wenn der Schmerz sich ausbreiten kann und Raum sowie Zeit bekommt um zu existieren, kann er endlich atmen. Und dann, dann kann er auch langsam anderen Gefühlen weichen. "Nethermost & Absolute Comfort" ist ein weiteres DÉHÀ-Meisterwerk, das kann ich so einfach unterschreiben, Eine Schöpfung, die Schmerz in der Musik existieren lässt. Roh, animalisch und ehrlich, ihr werdet Zeit brauchen, bis ihr hier rein gefunden habt, aber es wird sich lohnen. Gesamtwertung: 9.0 Punkte ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() | |
Trackliste | Album-Info |
1. Nethermost 2. Absolute Comfort | Band Website: www.facebook.com/dehamusic Medium: CD Spieldauer: 72:03 Minuten VÖ: 14.03.2025 |
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