Edge Of Paradise - Prophecy

Review von Rockmaster vom 11.03.2025 (8232 mal gelesen)
Edge Of Paradise - Prophecy Ich bin ja nun nicht der Metalhead mit der allergrößten Affinität zu Modern Metal. Vielleicht liegt es daran, dass mir EDGE OF PARADISE bislang nicht untergekommen ist. Die Combo aus Los Angeles hat nämlich bereits ihren sechsten Longplayer am Start, wird Zeit sich die mal anzuhören. Brachiale Riffs und effektgeladene (und manchmal -überladene) Keyboards und Samples kennzeichnen klar die moderne Prägung. Obwohl Dave Bates und David Ruiz erstmals mit achtsaitigen Gitarren im Studio angetreten sind, versprühen die Riffs jetzt nicht direkt die Vibes von progressivem Gefiedel - vereinzelt fühlt man sich an die Herangehensweise von RAMMSTEIN erinnert, z.B. in 'Give It To Me (Mind Assassin)' - aber der Sound ist megafett, und auch die einfachsten Riffs bringen die Jungs effektiv rüber. Bassist Kenny Lockwood hat es schwer, da seine Basslines in den Vordergrund zu spielen, aber auch das ist irgendwie typisch moderner Mix. Wenn die Soundwand gefühlt bis zum Zenith geht, achtet keiner mehr auf das Fundament. Hochleistungsportler dopen oder versehen ihren Skisprunganzug mit unzulässigen Nähten - was Sängerin (und Keyboarderin) Margarita Monet so im allgemeinen konsumiert, möchte ich gar nicht wissen. Aber die Frau gibt Gas bis die Tachonadel das Zeitliche segnet - und das mit klasse Melodien und immer wieder mit großer Variabilität im Ausdruck. Gut, vieles davon deutet vor allem auf eine technisch gute Stimmausbildung hin und transportiert nicht immer Gefühle, aber es funktioniert einfach. Der Opener 'Death Note' erinnert mich teils an die russische Band FALLCIE, von denen leider nach 2019 nichts mehr über die Grenze zwischen Europa und dem Zarenreich geschwappt ist, nur dass deren Sängerin Valentina noch viel angepisster klingt. Jamie Morenos Schlagzeugspiel ist fast wohltuend zurückhaltend. Da ist alles dem Groove untergeordnet, der meist stampfende Beat passt und lässt vom Fuß bis zum Nacken alles wippen und zappeln.

Inhaltlich geht es auf "Prophecy" auch um moderne Zeiten - im Kern um das, was die englischsprachige Welt laut (englischem) Beipackzettel wohl als "Die Singularität" kennen sollte - den Moment, in dem die Menschheit die Kontrolle über künstliche Intelligenz verliert und diese einen Kataklysmus auslöst, der unser aller Lebensrealität verändert. 'Death Note' dürfen wir in dem Zusammenhang gerne als unsere eigene Todesmeldung in der selbstgewählten, digitalen Isolation verstehen - und als Aufruf, diese zu durchbrechen. Zusammen mit der expressiven, aber auch etwas unterkühlten Performance ('Hear Me' könnte so schön sein, technisch ist die Nummer perfekt, aber man fühlt es nicht wirklich) entwickelt sich daraus ein interessantes Spannungsfeld. Die absolut gefühllose Rechenpower von Computeralgorithmen, die tatsächlich gerade in alle unsere Lebensbereiche eindringen, steht hier der menschlichen Kreativität gegenüber, die gleichzeitig auf Messers Schneide zwischen Ausdruck und technischer Perfektion balanciert. Ganz ehrlich, wenn das Monster, das wir geschaffen haben ('Martyr (Monster)'), diesen Punkt so treffgenau erwischt, irgendwann mal sinnvolle Texte schreibt und so catchy Melodien komponiert wie auf "Prophecy", dann sollte ich auch mein Hobby Musikrezensionen an künstliche Instanzen übergeben.

Einige Male finde ich, ist Margaritas Gesang etwas over the top, und das komplette Album fesselt mich nicht lückenlos. Trotzdem überzeugt die brachiale Power, die die Band in jedem einzelnen Song entfesselt. Wenige moderne Bands sind gleichzeitig so melodiös und watschen einem ihre wenigstens zwanzig (ich spekuliere: mehr) Saiten links und rechts um die Ohren, dass einem Hören und Sehen vergeht. So macht Heavy Metal sowohl dem Nu-Metalhead als auch dem Traditionalisten richtig Spaß.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Death Note (4:05)
02. Give It To Me (Mind Assassin) (3:53)
03. Prophecy Unbound (4:19)
04. Sad Life Of A Rose (4:23)
05. Rogue (Aim For The Kill) (3:54)
06. Hear Me (4:26)
07. The Other Side Of Fear (4:16)
08. Martyr (Monster) (4:18)
09. Relive Again (4:32)
10. Falling Light (4:27)
Band Website: https://www.edgeofparadiseband.com
Medium: CD, LP
Spieldauer: 42:35 Minuten
VÖ: 07.03.2025

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