Himmelkraft - Himmelkraft

Review von Metal Marcus vom 10.03.2025 (6347 mal gelesen)
Himmelkraft - Himmelkraft "HIMMELKRAFT? Was soll denn das sein?" Hört man nur den Namen und wirft einen Blick auf das Cover, so könnte man auf zwei mögliche Ideen kommen: Mittelalter-Rock aus deutschen Landen, oder Neue Deutsche Härte im Stil von RAMMSTEIN oder STAHLMANN (um mal nur zwei potenzielle Bands zu nennen). Weiter daneben könnte man aber kaum liegen, handelt es sich bei "Himmelkraft" von HIMMELKRAFT um das Quasi-Solo-Debüt von Tony Kakko, seines Zeichens Paradiesvogel sowie Sänger und Hauptsongwriter der international erfolgreichen Power Metal-Band SONATA ARCTICA. Die Idee für HIMMELKRAFT kam Kakko nach eigener Aussage schon in den frühen 2000er Jahren, aber dennoch hat es fast 20 Jahre gedauert, bis man erst mal etwas auf die Ohren bekommt. Laut dem beigefügten Presseschreiben handelt es sich bei HIMMELKRAFT um etwas völlig Neues und Fantastisches, was man einfach erleben muss, und nicht etwa um Ausschussware aus vergangenen Writing-Sessions für Kakkos Hauptband. Begeben wir uns also gemeinsam in die im Presseschreiben angegebene Tropfsteinhöhle und führen uns den dort sorgsam gebrauten Zaubertrank (ebenfalls ein Zitat aus dem Presseschreiben) zu Gemüte. Wohl bekomms!

Traditionell widme ich mich im zweiten Abschnitt eigentlich erst mal den Songs, um mich dann im dritten Abschnitt mit dem Sound der Platte oder eventuell den Texten auseinanderzusetzen. Die Trennung ist hier in meinen Ohren aber nur sehr schwer möglich, da der Sound so manchem Hörer sicherlich ein großer Dorn im Auge beziehungsweise Ohr sein wird. Nach dem 26-sekündigen Intro wird 'Full Steam Ahead' auf uns losgelassen und verwundert mit einem Schlagzeugsound, den man höflich formuliert als sehr basisch und wenig nachbearbeitet bezeichnen kann. Im ersten Impuls könnte man aber auch denken: Ist das eine Demofassung? Konkret erinnert mich der Song zu Beginn tatsächlich irgendwie an eine Demoversion von '02 Panic Room' von RIVERSIDE, allerdings ohne dessen Atmosphäre zu erreichen. Kakkos Stimme und seine ganz eigene Art der Melodienführung lassen einen dennoch unweigerlich in bestimmten Abschnitten immer wieder an SONATA ARCTICA denken. Auch das sich anschließende 'Uranium' (übrigens auch die erste Single des Albums) weckt in meinen Ohren unweigerlich Assoziationen mit Kakkos Hauptband, doch auch dieser Song krankt an dem eigenwilligen Sound. Auch die Gitarre klingt wenig nachbearbeitet und sehr direkt und urplötzlich mischen sich auch noch eigenartige Keyboards dazu, die man aus Kakkos Vergangenheit aber auch absolut kennt. Ich lehne mich mal etwas aus dem Fenster und behaupte, dass dieser Song mit einem 'fetteren' Sound auch ohne Probleme im Kosmos von SONATA ARCTICA funktioniert hätte. Für den Großteil des Albums nimmt Kakko dann das Tempo sehr zurück und lässt über weite Strecken seinen Gesang (oftmals unterlegt mit fetten Chören) sehr im Mittelpunkt stehen. In einem Song wie 'Fat American Lies' gönnt man sich mitten im Song auch einen Bruch, der wirkt, als hätte man die SKIP-Taste erwischt. Die bedrohliche Atmosphäre, die 'Full Steam Ahead' noch in Teilen aufwies, geht hintenraus verloren und es herrschen balladeske Töne vor. Keine Frage, Kakko kann tolle ruhige Stücke schreiben, doch so geballt wirken sie eher ermüdend, da die Songs mitunter auch hochgradig repetitiv wirken. Gelegentliche kurze Ausbrüche in schräge Klangwelten vermögen da in meinen Ohren auch nicht zu helfen. Am besten gefällt mir die Scheibe in den Momenten, wo Takko wirklich andere Wege geht und die Songs in sich auch schlüssig wirken. Dies erreicht er bei den balladesken und sehr melancholischen 'Dog Bones' und 'Gorya' sowie beim Abschlusssong 'Deeper'. Letzterer hat einen bis 1:20 dauernden symphonischen Einstieg und entwickelt sich dann in ein flotteres und dadurch mal etwas anderes Klangbild und schreckt auch vor einem kurzen Ausbruch in tatsächlich metalartiges Gitarrenspiel nicht zurück. Das sind für mich die Momente, die das Presseschreiben versprochen hat, leider aber nur drei von insgesamt elf Songs.

In meinem Ohren macht das Presseschreiben HIMMELKRAFT zu mehr, als es letzten Endes ist. Kakkos Stimme und seine Art der Melodienführung sorgen immer wieder dafür, dass man sich an SONATA ARCTICA erinnert fühlt. Die bewusst komplett anders vorgenommene Produktion sorgt dann zwar dafür, dass man weiß, dass es eben nicht SONATA ARCTICA ist, aber in Summe reicht das nicht, um mich vollkommen zu überzeugen. Es gibt Momente auf diesem Album, die ich wirklich grandios finde und nach drei Durchläufen hat man auch seinen Frieden mit dem sehr eigenwilligen Sound, aber dennoch fehlt in Summe ein echter Spannungsbogen, vor allem, da das Album ab Song sechs stetig im balladesken und melancholischen Bereich unterwegs ist und dabei in Teilen ermüdend wirkt. 'Dog Bones', 'Gorya' und 'Deeper' sind für mich aber drei waschechte Großtaten, die dieses Album vor dem Abrutschen in den unterdurchschnittlichen Bereich retten. Seien wir mal gespannt, ob es von HIMMELKRAFT eine Fortsetzung geben wird. Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, wem man dieses Album in Summe empfehlen kann. Fans von SONATA ARCTICA dürften ihre Probleme mit dem eigenwilligen Sound haben und wer Kakkos Stimme nicht mag, der ist hier ebenfalls nicht die avisierte Zielgruppe. Also ... einfach mal die drei angesprochenen Songs checken und dann entscheiden. Böswillig könnte man abschließend sagen: Über weite Strecken ist das Fahrstuhl- oder Kaufhausmusik mit ein paar Einlagen von Eskapismus in schräge Klangwelten.

Anspielempfehlungen: 'Dog Bones', 'Gorya' und 'Deeper'.

6 halbwegs brauchbare Hundeknochen

Gesamtwertung: 6.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. The Pages of History (Opening)
02. Full Steam Ahead
03. Uranium
04. Paika
05. Fat American Lies
06. Dog Bones
07. When The Music Stops
08. Gorya
09. There’s A Date On Every Dream
10. Crystal Cave
11. I Was Made To Rain On Your Parade
12. Deeper
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 56:56 Minuten
VÖ: 07.03.2025

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