Pinhead - Egomessiah | |
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| Review von Schwarzfraggle vom 21.02.2025 (20982 mal gelesen) | |
Ilja John Lappin, bekannt als Bassist und Sänger der Progressive Metal-Band THE HIRSCH EFFECT, kommt mit seinem ersten eigenen Album um die Ecke. Musikalisch ist "Egomessiah" eine gnadenlose Auseinandersetzung mit dem Schönen und Schrecklichen der menschlichen Individualität. Für Lappin ist diese musikalische Beschwörung noch viel drastischer: Eine persönliche Schauder-Gottheit wie PINHEAD kann nicht leichtfertig ohne die drängendsten Zustände herbeigerufen werden. Sie muss der Identifikation und Aufspaltung des Selbst standhalten können, so kündigt die Label-Promo dieses Album an. Da ich ja an sich Metalcore, Death Core und Death Metal mag und auch teils progressiver Musik nicht abgeneigt bin, dachte ich mir,: Okay, dann schreibe ich dieses Review. Aber das sollte sich doch komplizierter gestalten und machen lassen als angenommen. Aber ich gebe mein Bestes, um dieser Art von Musik gerecht zu werden. Erstmal ist zu erwähnen, dass es nicht viel zu irgendwelchen Bandmitgliedern gibt, außer, dass Multiinstrumentalist Ilja John Lappin als einziger aufgeführt ist, also quasi ein Soloprojekt. Seine Stimme finde ich grandios, sowohl clear als auch bei Shouts und in den Growls. Da ist er anscheinend Perfektionist. Direkt beim Opener 'Lapse' geht es ordentlich zur Sache, minimalistisch ist wohl eher nicht Lappins Ding. Der Song wird getragen von Synthesizern, starken Gitarrenriffs und einer wahnsinnig intensiven Clearvoice. Die wütenden Growls tun ihr übriges, und man merkt dem Song seine Zerrissenheit völlig an. Es ist, als ob zwei unterschiedliche Persönlichkeiten hier performen. Für mich klingt das unheimlich gut und intensiv, man möchte eigentlich gar nicht, dass es endet. Mit fast fünf Minuten Länge ist er gut auszuhalten. 'Violator' ist der zweite Song auf dem Album, der für mich eher ruhiger und eingängiger klingt, jedoch nicht weniger intensiv. Die sehr dominanten, flirrenden Gitarrenriffs verleihen dem Song eine unheimliche Intensität und machen Gänsehaut. Für mich einer der besten Songs auf dem Album. Bei 'Absurdist' scheint der Protagonist "Pinhead" die Oberhand gewonnen zu haben. Der Song wirkt deutlich aggressiver und man kann förmlich fühlen, wie der innere Kampf unseres "Helden" bizarre Formen annimmt. Die Musik klingt eher statisch, wobei es zum Ende auch immer wieder ruhige, melancholische Phasen gibt, mit sehr intensivem Gesang. Lappin weiß genau, seine Stimme in Szene zu setzen und immer wieder für musikalische Überraschungen zu sorgen. Mein Mann sagt gerade, der Song erinnert ihn an DEVIN TOWNSEND. Ich lass das jetzt einfach mal so stehen. 'In Recent Times' gibt's dann endlich auch mal progressiven Metalcore, und der Song geht einfach nur nach vorne und macht Spaß. Mir passiert gerade, dass ich nicht über die Figur Pinhead nachdenke, sondern an den nächsten Moshpit (mit neuem Knie!). Freu, freu! Toller Song, leicht und einfach nur zum Abfeiern. Drums und Bass passen ausgezeichnet, sehr melodisch und absolut nicht schwerfällig. Bei 'III' weiß ich ehrlich nicht genau, was ich dazu schreiben soll - paranoides Shouten wechselt zu sanfter Clearvoice, um im nächsten Moment in wahnsinniges Growlen zu wechseln, dazu Musik, die klingt, als wäre der Terrifier unter uns: ein bisschen wie ICE NINE KILLS auf Speed. Und trotzdem fesselt mich auch dieser Song. Ich bin von der musikalischen Bandbreite einfach fasziniert. Auch 'Used Future' hat seinen ganz eigenen Klang. Eher wieder etwas simpler gestrickt, aber nicht weniger gut. Mit 'Counterfate' geht es dann sehr ruhig weiter. Man hat das Gefühl, unser Protagonist scheint wieder etwas mehr bei Verstand zu sein und endlich zur Ruhe zu kommen. Ein Duett, das leidenschaftlich und melancholisch klingt. 'Serene Day' kommt mit leisen Pianoklängen daher und entführt uns in eine Art "Ruhephase", dieses Interlude nimmt man als Hörer dankend an. Manchmal muss das einfach sein. 'Lonefall' kommt deutlich elektronischer daher, und man merkt, dass sich die Auseinandersetzung unseres Protagonisten langsam dem Ende nähert - für Synthie-Fans definitiv ein Ohrwurm. Der letzte Song 'Lesser Lights' ist mit 10:17 Minuten der längste Song des Albums. Für mich klingt er, als gäbe es doch noch Hoffnung für unseren Protagonisten. Toller Song, getragen durch melodische Gitarrenklänge und eine wahnsinnig intensive Stimme, der Stil erinnert mich total an TOOL und das Ende klingt wie 'Wildhoney' von TIAMAT. Da haut Lappin nochmal alles raus, was er stimmlich und musikalisch zu bieten hat, und dem Hörer stellt sich die Frage: Gibt es einen Neuanfang? Mein Fazit zu "Egomessiah" ist, dass ich es mag, auch wenn die Musik sehr kompliziert ist und mich an meine Grenzen bringt, aber vielleicht liegt auch genau darin meine Faszination. "Egomessiah" - vom Zerbrechen und Neu-Zusammensetzen, der Abschied von indoktriniertem Gedankengut und den Geistern der Vergangenheit, der Aufbruch aus einer alten Welt, die Zuwendung zu allem Neuen und vor allem: sich selbst. Ich denke, genau so sollten wir das sehen, und manchmal ist es halt schwer, sich seinem Spiegelbild zu stellen, sich damit auseinander zu setzen und vor allem der Wahrheit ins Auge zu blicken. PINHEAD schafft es virtuos, atmosphärische und epochale Soundwelten aufzubauen, diese mit heftigen und gnadenlosen Parts zu verbinden, niederzureißen, um schließlich alles in einer anderen Form wieder neu zu erschaffen. Ich danke Lappin für dieses wirklich außergewöhnliche Stück Musik und hoffe, dass es weitergeht. Ich gebe neun Punkte. Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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| Trackliste | Album-Info |
| 01. Lapse 02. Violetor 03. Absurdist 04. In Recent Times 05. I I I 06. Used Future 07. Counterfate 08. Serene Day 09. Lonefall 10. Transition 11. Stigmatizer 12. Lesser Lights | Band Website: www.facebook.com/Pxnhead/ Medium: CD Spieldauer: 65:07 Minuten VÖ: 31.01.2025 |
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Ilja John Lappin, bekannt als Bassist und Sänger der Progressive Metal-Band THE HIRSCH EFFECT, kommt mit seinem ersten eigenen Album um die Ecke. Musikalisch ist "Egomessiah" eine gnadenlose Auseinandersetzung mit dem Schönen und Schrecklichen der menschlichen Individualität. Für Lappin ist diese musikalische Beschwörung noch viel drastischer: Eine persönliche Schauder-Gottheit wie PINHEAD kann nicht leichtfertig ohne die drängendsten Zustände herbeigerufen werden. Sie muss der Identifikation und Aufspaltung des Selbst standhalten können, so kündigt die Label-Promo dieses Album an. Da ich ja an sich Metalcore, Death Core und Death Metal mag und auch teils progressiver Musik nicht abgeneigt bin, dachte ich mir,: Okay, dann schreibe ich dieses Review. Aber das sollte sich doch komplizierter gestalten und machen lassen als angenommen. Aber ich gebe mein Bestes, um dieser Art von Musik gerecht zu werden.

