Sodom - Genesis XIX

Review von Damage Case vom 27.11.2020 (7433 mal gelesen)
Sodom - Genesis XIX Häufig dienen EPs als Appetizer für das folgende Hauptgericht = Album. Nicht selten soll der Fan dadurch an einen Stilwechsel, neue Bandmitglieder oder sonstige Neuerungen herangeführt werden. Was hat das mit SODOM zu tun? Nach der kompletten Besetzungsauffrischung 2018 und dem zwischenzeitlichen nochmaligen Wechsel an den Schlagzeugstöcken, seit diesem Jahr verdrischt Toni Merkel die Felle, folgt nun auf die beiden EPs "Partisan" (2018) und "Out Of The Frontline Trench" (2019) endlich das lange angekündigte und von den Fans heiß ersehnte neue Album "Genesis XIX". Bis auf den im Vergleich zur bereits von der 2019er EP bekannten, und nun um eine halbe Minute längeren, Titelsong sind alle Songs frisch und zuvor unveröffentlicht. Die beiden Vorabveröffentlichungen schielten stilistisch teilweise weit in die 1980er zurück. Und so legt man mit großer Vorfreude die Promo von "Genesis XIX" auf und lauscht gespannt, was uns der Meister und seine Gesellen 2020 mit Album Nummer 16 kredenzen.

Eins sei vorweg klargestellt: Hier rumpelt nix mehr. So geil die beiden Vorab-EPs waren beziehungsweise sind, stehen sie nicht exemplarisch für "Genesis XIX". Auch die Zeiten der deutlich punkigen SODOM (man denke an das so arg unterschätzte "Get What You Deserve" von 1994) sind wohl endgültig vorbei, obwohl der Opener 'Sodom & Gomorrah' nach dem kurzen Intro 'Blind Superstition' richtig toll und SODOM-typisch losfetzt. Danach wird das Tempo jedoch zugunsten thrashiger Härte häufiger reduziert (Titelsong, 'Nicht Mehr Mein Land', 'Occult Perpetrator', Waldo & Pigpen'). Trotzdem ertappt man sich mehr als einmal bei dem Gedanken, dass die neue Viererbesetzung nach dem Motto "Stumpf ist Trumpf" brettert. Das hier ist aber keine Rückbesinnung auf den okkulten Black Thrash der Anfangsjahre oder den klassischen Thrash Metal der "Agent Orange"-Phase. Vielmehr ist das hier etwas Neues. Mit viel Groove und Midtempo lassen uns Tom & Co. glauben, das sei einfach hingepolterte Hausmannskost. Aber mitnichten! Nur mal zum Beispiel die Gangshouts im dann doch punkigen 'Indoctrination' oder dem von sägenden Gitarren unterlegten Mittelteil von 'Occult Perpetrator' offenbaren bei allem Geschepper ein sehr differenziertes und durchdachtes Songwriting, inklusive diverser Tempiwechsel innerhalb der Songs, nachzuhören im Titelsong, 'Glock 'N' Roll' oder 'Waldo & Pigpen'. Und hat da nicht schon einer "okkult" gesagt? Ja, der Songtitel 'Occult Perpetrator' klingt sowas von nach 1986, der zugehörige Song klingt allerdings wie ein typischer SODOM-Stampfer aus der Bernemann-Zeit, und das will ausdrücklich positiv gemeint sein. Abwechslung ist auf diesem Album angesagt. Um alles zu erfassen, was in den Songs mit jeweiliger Spieldauer zwischen einer und über sieben Minuten geboten wird, braucht deutlich mehr als eine Handvoll Durchläufe. Warum allerdings wieder, wie für den Vorgänger "Decision Day", der fürwahr legendäre Joe Petagno (unter anderen für MOTÖRHEAD tätig) für das Cover verantwortlich zeichnet, anstatt dass einer der beiden Cover-Künstler der kultigen Rumpelcover der EPs von 2018 und 2019 rekrutiert wurde... das wissen nur Tom und die Götter. Das Cover der "Sodom & Gomorrah"-Single macht jedenfalls deutlich mehr her. Macht 0,5 Punkte Abzug bei der Gesamtbewertung. Beim Sound hingegen gibt es nichts zu meckern. Schlagwerker Merkel spielt gefühlt zwei Ligen über seinem zwischenzeitlichen Vorgänger Husky beziehungsweise auf gleichem Level wie sein Vor-Vorgänger Macka. Dementsprechend KANN es hier nicht die Rumpeldrums der beiden letzten EPs geben. Die vermisst man aber auch überhaupt nicht. Die beiden Gitarren klingen abwechslungsreich und nicht einfach nur monoton runter gerifft und soliert. Die Rückkehr von Frank Blackfire dürfte wahrscheinlich zu den drei besten Dingen gehören, die Onkel Tom in seiner bald 40 Jahre andauernden Karriere passiert sind - man darf hochgespannt sein, was in hoffentlich dieser Besetzung auf "Genesis XIX" noch folgen mag.

Fazit: Die beiden Vorab-EPs machten den Mund ordentlich wässrig. Und alle geneigten Fans werden nicht enttäuscht, auch wenn der Old-School-Schwenk ausbleibt. "Genesis XIX" ist SODOM in absoluter Rein- und Bestform, wenn auch vielleicht zwei Songs zu lang in Zeiten, in denen die Konkurrenz meist kaum noch 40 Minuten für ein Album aufbringt. Dann lieber ein kurzes Album und eine kultige Nachfolge-EP Ende 2021 - aber vielleicht folgt die ja auch trotzdem? All das ist jedoch Meckern auf höchstem Thrasher-Niveau.

Drei Anspieltipps: Der punkige Opener 'Sodom & Gomorrah', der wirklich große Titelsong und das einfach nur obergeile 'Nicht Mehr Mein Land'. Und dann hat man den kommenden Live-Hit 'Glock 'N' Roll' noch nicht erwähnt ...

Gesamtwertung: 8.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Blind Superstition
02. Sodom & Gomorrah
03. Euthanasia
04. Genesis XIX
05. Nicht Mehr Mein Land
06. Glock 'N' Roll
07. The Harpooneer
08. Dehumanized
09. Occult Perpetrator
10. Waldo & Pigpen
11. Indoctrination
12. Friendly Fire
Band Website: sodomized.info
Medium: CD
Spieldauer: 54:49 Minuten
VÖ: 27.11.2020

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Gähn, ne neue Sodom, und die "oldschooler" freuen sich über generischen thrash metal, der schon in den 80ern Gähn war und heute nur noch ein Symptom für metal spiessigkeit to the max (Postkarten von Gelsenkirchen sammeln, jagen, Biertrinken, rauchen, alles scheiße finden ausser Sodom)
(01.12.2020 von Gurkengandalf)

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