Interview mit Jill Janus von Huntress

Ein Interview von Opa Steve vom 02.02.2014 (8316 mal gelesen)
Vor ihrem Gig im Kölner Underground nahm sich Jill ausgiebig Zeit, um mit uns über den beschwerlichen Aufstieg von HUNTRESS zu plaudern.

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Hallo Jill, bis letzte Woche wart ihr noch auf Tour mit LAMB OF GOD. Wie haben euch die Fans in Europa angenommen?

Jill Janus: Es ist gerade eine aufregende Zeit für HUNTRESS. Wir sehen, dass sich eine richtige Fanbasis bildet. Du kommst am Club an und erwartest eigentlich niemanden, der extra wegen uns gekommen ist. Aber wir werden immer besser angenommen, und unser Album "Starbound Beast" läuft in England und Europa insgesamt immer besser. Für uns ist das faszinierend, denn wir hatten mit weniger gerechnet. Aber tatsächlich kommen wir an und ziehen direkt die Leut auf uns. Die Dinge laufen gut! (lacht).

Prima, also die Reaktionen sind also super?

Jill Janus: Ja, und es ist ein interessantes Lineup, mit diesen verschiedenen Heavy-Acts unterwegs zu sein. Death Metal, Groove Metal und so. Das funktioniert für HUNTRESS sehr gut. Wir decken zwar die True-Sparte ab, aber wir haben viele Einflüsse, auch aus dem Death/Thrash/Black-Bereich. Aber die Melodien sind halt elementar für uns.

Einige Parts erinnern mich an alte MERCYFUL FATE, nur mit anderem Gesang ...

Jill Janus: Danke! MERCYFUL FATE sind ein großer Einfluss für uns!

Ihr habt euch nun entschieden, noch paar Clubgigs als Headliner dranzuhängen.

Jill Janus: Ja, eine Woche. Heute in Köln, morgen noch Berlin, aber das war's dann. Danach geht's nach Hause, und wir werden mit dem dritten Album anfangen.

Ich glaube, die Bedingungen sind nun etwas härter, allein durch kleinere Clubs zu tingeln ...

Jill Janus: Och, das kommt darauf an. Man muss sich seinen Weg nach oben erst mal verdienen, um ein Headliner zu sein. Wir fühlen uns in der Rolle als Opener für starke Metal-Bands auch sehr wohl. Wir bauen unsere Fanbasis auf, und wenn wir nun allein spielen, müssen wir natürlich die Leute mobilisieren. Das ist viel Arbeit, aber für uns auch sehr befriedigend.

Viele Bands erleben ja gerade auf Tour verrückte Geschichten. Habt ihr da auch was auf Lager?

Jill Janus: Oh, die Jungs erleben sicher verrücktere Geschichten als ich. Typischerweise brauche ich nach einem Gig auch etwas meine Ruhe und lasse es nicht drunter und drüber gehen. Die Jungs sind da von einem anderen Schlag, aber ich bin eher der Langweiler.

Also nicht das typische Party-Tier?

Jill Janus: Ach, niemand von uns ist ein wirkliches "Party-Tier". Du kannst nicht dauernd auf Tour sein und es krachen lassen. Es könnte was schiefgehen, du könntest krank werden. Da musst du schon ein bisschen auf dich aufpassen. Wir haben auch eine ganz schöne Strecke hinter uns. Ein paar Bier, ein paar Jägermeister und bisschen Gras. Mehr ziehen sich auch die Jungs nicht rein.

Das ist ja nicht euer erster Europa-Aufenthalt. Ihr hattet die Metalfest-Open-Airs, dann die Tour mit DRAGONFORCE im gleichen Jahr ...

Jill Janus: ... ja, 2012. Das war unser erstes Tour-Jahr nach dem Release von "Spelleater". Letztes Jahr haben wir dann Sweden Rock, Download und einige Headliner-Gigs gemacht. Mit LAMB OF GOD kamen wir nun zurück, nachdem wir mit ihnen schon durch die USA gereist sind. Das waren anstrengende Jahre, dabei ist die Band erst drei Jahre alt.

Ihr liebt also das Tourleben?

Jill Janus: Ja, wir lieben es! Es gab auch tolle Gelegenheiten für so eine junge Band wie uns. Das mussten wir einfach machen.

Wenn du Europa mit den USA vergleichst, was sind so die größten Unterschiede?

Jill Janus: Es gibt einfach zu wenig Fastfood! Ich vermisse amerikanisches Essen, aber ich liebe euer Wiener Schnitzel! Europa ist sehr altertümlich und sehr höflich. Ich liebe es, mir es anzusehen, auch all die kleinen Städte. Aber dann machen um 18 Uhr die ersten Läden zu. Man muss doch als Mensch überleben, aber man kann doch nicht jedes Mal auswärts Essen gehen. In den USA ist die Bequemlichkeit einfach größer. Du bekommst alles zu jeder Zeit. Besonders für mich ist das schwer, da ich auf Tour eigentlich immer essen möchte.

Und die Leute?

Jill Janus: Die sind sehr enthusiastisch! Sie kommen auf uns zu, stellen uns Fragen, egal wo wir sind. Besonders verrückte Fans haben wir in Italien erlebt. Wirklich wild. Aber ansonsten gibt es keine großen Unterschiede, die sind alle super.

Als "Spelleater" rauskam, witterten manche deutschen Szene-Blätter so ein künstliches Geld-Projekt dahinter ...

Jill Janus: ... Oh ja ...

... denn direkt zu Beginn erfuhren alle, dass du früher Oben-Ohne-DJane in Playboy-Clubs warst. Und jeder dachte natürlich: "Jetzt lässt sie den Plattenteller hinter sich und macht mal eben einen auf Heavy Metal".

Jill Janus: Die Leute haben nie verstanden, warum ich DJane war. Es ging darum, meine Musik zu finanzieren. Ein paar Glückliche haben coole Jobs, und wie viele andere hatte ich Scheißjobs. Bei mir war es halt kein Job im Büro, aber glücklicherweise konnte ich Platten auflegen, um mir Geld zu verdienen. Das ist allein schon interessant, weil ich nie damit gerechnet hatte, dass ich damit so erfolgreich sein könnte. Ich meine, ich hab auch viele schwule Freunde. Und dann auch mal in die Schwulenclubs zu gehen und oben ohne aufzulegen, das war fuckin' fun! Und irgendwann hat halt der Playboy angeklingelt und meine schwulen Freunde meinten: "Schätzchen, das musst du einfach machen." Bisschen Geld verdienen, warum nicht. Und dieses Geld vom Playboy finanzierte die ersten HUNTRESS-Demos! Alles, was ich gemacht habe, habe ich für HUNTRESS gemacht. Ich habe 10 Jahre gebraucht, um eine Band zusammenzustellen, und dabei wollte ich keine Kompromisse eingehen. Was also meine Geschichte angeht: es ist eine Weile her, und es war ein interessanter Weg bis hierhin zu kommen.

Vielleicht war es einfach ungeschickt, direkt in den ersten Promo-Flyern dick darauf hinzuweisen...

Jill Janus: ... Jaaaaa (lacht), niemand von uns ändert die Welt, und es gab immer Missverständnisse in Bezug auf HUNTRESS. Entweder du magst es, oder nicht. Und wir sind immer glücklich, wenn wir Leute überzeugen können. Gerade die, die zu einer HUNTRESS-Show kommen, ohne zu wissen, was sie erwartet.

Die Meinung hat sich ja auch schnell geändert, nachdem ihr exzessiv auf Tour gegangen seid.

Jill Janus: Das ist gut zu hören. Wir sind Amerikaner, die zu euch nach Deutschland kommen, wir haben ein österreichisches Label - es ist einfach wichtig für uns, dass ihr unser wahres Ich erleben könnt. Daher nochmal vielen Dank. Es ist ein harter Weg, und wir wollen da auch kein Risiko eingehen, aber schon unseren Respekt verdienen.

Ich habe euch ja ganz am Anfang auf dem Metalfest 2012 auf der Loreley erlebt. Früh am Mittag, es war heiß, und niemand kannte euch ...

Jill Janus: ... yeah, das war eine verdammt geile Show, wir hatten so viel Spaß! Niemand kannte uns damals, aber es ging dann in Europa mit diesen Festivals steil nach oben. Eine wunderbare Basis, von der wir starten konnten.

Kannst du dich eigentlich noch an deinen ersten Kontakt mit Heavy Metal erinnern?

Jill Janus: Ja! Ich habe einen deutschen Brieffreund, Arno, mit dem ich seit meinem 12. Lebensjahr in Kontakt bin. Ich hatte damals Deutschstunden genommen und einen Brieffreund gesucht. Arno schickte mir Mix-Cassetten mit Heavy Metal. Auf einer waren dann SUICIDAL TENDENCIES mit "Controlled By Hatred". Nach einem Song wusste ich, dass ich Metal-Sängerin werde. Davor hatte ich im Alter von 10 Musicals gesungen und meine Stimme trainiert, weil meine Mutter entdeckte, dass ich eine Opernstimme hätte. Aber danach wollte ich eigentlich nur noch in Metal- oder Rockbands sein, habe auch mit 15 in Coverbands MISFITS und DANZIG gesungen, aber meine Mutter war mit dem Training sehr streng. Heute bin ich froh darüber, denn dieses Training ermöglicht mir heute meine Schreie Abend für Abend, ohne dass ich meine Stimme verliere. Ich habe von Kind an diese Disziplin beigebracht bekommen, ohne die auch King Diamond, Rob Halford oder Freddy Mercury nicht ihre Fähigkeiten entwickelt hätten.

Und was sind heute deine Favoriten?

Jill Janus: Alles an Metal. 70er Metal, True Metal, brutaler Metal ... ich versuche mich auch, in den New Metal reinzuhören, um mitzubekommen, wie sich alles entwickelt. Ich höre AVENGED SEVENFOLD, ich liebe natürlich LAMB OF GOD, und versuche so, meinen Horizont zu erweitern. Sogar mit SLIPKNOT. Nach der ganzen Zeit mit IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST oder KING DIAMOND möchte ich auch schauen, was es im modernen Metal alles gibt. Auf Festivals nehme ich die ganzen fantastischen Bands mit.

Das ist interessant, weil HUNTRESS eigentlich recht oldschool klingen.

Jill Janus: Wir bleiben den Wurzeln treu, aber nehmen diese Einflüsse mit, auch in punkto Produktion. Wir lassen uns genauso vom Death oder Black-Metal beeinflussen. Aber unser Markenzeichen bleiben unsere Melodien. Und wir sind Heavy. Heavy as fuck.

Letztes Jahr habt ihr ja "Starbound Beast" veröffentlicht - was sind die Unterschiede zum ersten Album?

Jill Janus: Die ersten drei Alben werden eine spirituelle Reise mit verschiedenen Gesichtern. Wir lassen das Heidentum auf diese Weise auferstehen, was ich durch meinen Hexen-Hintergrund mitbringe. Die drei Alben repräsentieren die drei Gesichter der Göttin. Das erste Album ist das Gesicht der Jungfrau. Es ist voller Jugend und frischer Haut. Das zweite Album ist das Gesicht der Mutter. Darauf hörst du, wie wir uns auch musikalisch weiterentwickelt haben. Jetzt machen wir das dritte Album, und es ist das erwachsene Gesicht. Sie ist fies und voller Schwielen. Und alt. Das ist das sterbende Gesicht. Die Story ist also schon da, wir müssen sie nur noch in Musik gießen. Es bedeutet auch: ein Album pro Jahr! Das ist das Tempo, was wir uns für die ersten drei Alben auferlegt haben. Das hängt natürlich auch bisschen von den Tourangeboten ab, denn es gibt schon wieder ein paar tolle Gelegenheiten.

Dann lass uns doch von "Starbound Beast" ein kleines Song-by-Song-Special machen. Hast du eine 'Blood Sister'?

Jill Janus: Der Song ist durch ein Mädchen inspiriert, welches in an der Highschool kennenlernte. Sie hieß auch Jill. Sie weiß auch, dass ich den Song über sie geschrieben habe. Ein Song über alte Zeiten, die wir durchgemacht haben. Double trouble, hahaha.

Der Text zu 'I Want To Fuck You To Death' stammt von Lemmy. Wie kam das?

Jill Janus: Ich habe ihn einfach gefragt, ob er einen Song für das neue HUNTRESS-Album schreiben möchte. Und er tat es. Das ist das Romantischste, was ein Kerl jemals für mich getan hat - ich bin so stolz! Eine große Ehre.

'Destroy Your Life' - hast du das getan?

Jill Janus: Es bedeutet, dir treu zu sein. Du lebst für dich. Ich habe mein Leben definitiv dafür zerstört, spätestens seit dem Plattenvertrag lebe ich nur noch für HUNTRESS. Das ist mein Leben.

Du kennst sicher Doro Pesch - sie hat in den 80ern ähnlich gehandelt.

Jill Janus: Natürlich! Ich habe sie letztes Jahr getroffen, als ihr vom Metal Hammer eine Auszeichnung für ihr Lebenswerk verliehen wurde. Sie ist so beeindruckend. Ich habe mit ihr genau darüber gesprochen. Sie bekam damals einen Anruf, dass sie auf Tour mit JUDAS PRIEST gehen könnte. Sie kündigte ihren Job und blickte nie zurück. Und genau das mache ich auch.

'Starbound Beast' ruft die Götter um Gnade an. Was sind deine Götter?

Jill Janus: (lacht) Das Starbound Beast steckt in uns allen, welches darauf wartet, zu den Sternen zurückzukehren, zum Ursprung unserer Existenz. Es ist eine etwas neidische, traurige Kreatur, die immer etwas mehr möchte, als uns gegeben wurde.

Bei 'Zenith' habe ich keine Idee ...

Jill Janus: 'Zenith' handelt von mehreren Ebenen. Wenn du auf Drogen bist, wie hoch möchtest du fliegen? Natürlich bis zum Zenit, und dort Gras mit Aliens rauchen. Es ist eine Art SciFi-Trip.

'Oracle' handelt vom Orakel von Delphi. Wer ist das bessere Medium oder was auch immer: Männer oder Frauen?

Jill Janus: Das kommt drauf an. Meine Texte handeln von Trance. So wurden wir in der Familie aufgezogen, unsere psychischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ich kenne mehr Frauen, die dazu fähig sind. Das Orakel von Delphi hat mich immer fasziniert, da sie von den aufsteigenden Dämpfen halluziniert, und dann sagte sie die Zukunft voraus. Eine unglaubliche Geschichte.

Von Trance-Erfahrung handelt auch 'Receiver'. Sind das deine eigenen Erfahrungen?

Jill Janus: Ja. Das letzte Album handelte viel von Geistern und Menschen. Der Empfänger auf diesem Album empfängt die Botschaften von den Anunnaki und den Außerirdischen von Aldebaran.

Und der nächste Song, 'Spectra Spectral'?

Jill Janus: Dieser Song handelt vom Sterben und Gehenlassen. Im Jenseits wird alles gut, akzeptier es einfach. Der letzte Song, 'Alpha Tauri', handelt wieder von den Anunnaki und Aldebaran, dem Fliegen in einer Untertasse. Das ist SciFi, aber auch sehr spirituell, denn wir kehren nach Hause zurück, nach Aldebaran.

So viel zum Album, zum Schluss noch ein kleines Spiel - ich sage dir zwei Begriffe, und du sagst mir, was dir wichtiger ist: imgright

Whisky oder Bier?

Jill Janus: Weder noch - Jägermeister!

Schlaf oder Party?

Jill Janus: Schlaf!

Frauen oder Männer?

Jill Janus: Ähhmmm, beide! Warum nicht.

Playboy oder Tageszeitung?

Jill Janus: Playboy! Ich schau lieber hübsche Frauen ...

Republikaner oder Demokraten?

Jill Janus: Ich spreche nie über Politik.

Metal oder Club Music?

Jill Janus: Oh, Metal.

Kalifornischer Sommer oder deutscher Winter?

Jill Janus: Deutscher Winter. Warum nicht. Das ist brutaler, und somit besser fürs Songwriting. (lacht)

Prima, herzlich willkommen im deutschen Winter! Jill, ich danke dir für deine Zeit.

Jill Janus: Ich danke euch auch ganz herzlich! Und jetzt muss ich flugs zum Soundcheck - die Tage bleiben stressig ...

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