Interview mit Thorsten von Scalpture

Ein Interview von Eddieson vom 10.03.2025 (6176 mal gelesen)
Der Bielefelder Panzer rollt wieder. Mit ihrem vierten Album "Landkrieg" legen SCALPTURE ein ordentliches Geschoss, mit dem sie den Dreißigjährigen Krieg behandeln. Sänger Thorsten und Bassist Niklas erzählten ein bisschen was zum neuen Album, von den positiven und negativen Seiten einer "kleinen" Band und ob es die Arminia in die nächste Runde des DFB-Pokals schaffen.

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Moin. Wie geht es euch?

Thorsten: Moin Jan, gut so weit. Danke, ich hoffe dir auch.

Danke, ja. Euer viertes Album "Landkrieg" kommt am 07.03. in die Regale. Seid ihr noch aufgeregt bei einem neuen Release oder ist das schon eine Art Routine für euch?

Thorsten: Einerseits fällt in dem Moment eine Menge von uns ab. So ein Release vorzubereiten ist eine unglaubliche Menge Orgakram, sodass wir in gewisser Hinsicht ziemlich erleichtert sind, dass es jetzt endlich so weit ist. Andererseits ist es schon sehr aufregend, ob alles dann auch so klappt, wie man sich das vorstellt und wie die Resonanz sein wird. Zwischen den Alben vergeht so viel Zeit, dass sich eine Routine bisher nicht eingestellt hat. Ich denke, diese wird es bei uns auch nie geben.

Ich persönlich finde, dass es wieder eine sehr geile Scheibe geworden ist. Eine gute Mischung aus walzenden Parts, hier und da mal etwas Raserei und dazu leicht doomige Anteile. Ein Album, welches am Stück am besten funktioniert. Was war euch wichtig für das Album?

Niklas: Vielen Dank, wir sind auch sehr stolz auf das Album. Wir sind glücklich darüber, dass auf diesem Album sämtliche Mitglieder ausreichend Zeit hatten, ihren Senf beizutragen, was auf den Vorgängern aus diversen Gründen nicht immer möglich war. Da wir alle sehr unterschiedliche Einflüsse haben, ist somit ein musikalischer Hybrid entstanden, der neben Death Metal auch deutlich mehr Facetten zu bieten hat. Dass man all diese Einflüsse in einem stimmigen Song und kohärenten Albumkontext vereinbart, war von Anfang an wichtig für uns. Das Wichtigste ist aber natürlich, dass jeder Song abgeht und Spaß macht zu spielen; wir haben uns da nicht von konkreten Vorstellungen abhängig gemacht.

Auch textlich ist das Album wieder stark geworden. Nun bietet der Dreißigjährige Krieg viele brutale Geschichten. Worum genau geht es in den Lyrics und beruhen eure Texte auf wahren historischen Begebenheiten?

Thorsten: Danke, ich freue mich, dass dir die Lyrics gefallen! Ich will die Aufmerksamkeit der Lesenden hier nicht überstrapazieren und werde mich kurz halten. Lass uns die Details dann gerne bei einer Kiste Bier vertiefend erörtern. Ja, wir haben uns auf reale historische Ereignisse, Personen und Fakten fokussiert. Das gilt unter anderem für die verheerende Zerstörung Magdeburgs im Jahr 1631 ('Of Siege And Besieged'), für Heerführer wie Albrecht von Waldstein ('Wallenstein') oder Gustav II. Adolf von Schweden ('Den Mörka Nattens Lejon') oder den Kriegsein- und -austritt Dänemarks in den 1620er Jahren ('Til Jeret Undergang'). Unterm Strich versuchen wir in den Lyrics historische Fakten aus der Fachliteratur mit einer gewissen Stimmung zum jeweiligen Thema zu verweben und in Songtextformat zu gießen. Wir wollen also keinen Geschichtsunterricht betreiben und doch eine kritische Distanz zu den Themen bewahren. imgright

Das Coverartwork stammt vom Berliner Künstler Eliran Kantor. Gibt es eine Verbindung zwischen dem Artwork und der Musik beziehungsweise der Texte?

Niklas: Auf jeden Fall. Insbesondere dieser Krieg - stellvertretend für viele Kriege - hatte direkte, brutale Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft. Wir wollten keine plumpe Darstellung von Schlachten oder Soldaten, sondern den Aspekt der zivilgesellschaftlichen Auswirkungen verbildlichen. Eliran hat dies wunderbar umgesetzt und ich finde, dass diese Darstellung gut zu dem musikalischen Teil des Albums passt.

Ein paar Tage nach der Release-Show in Münster geht es auf Tour zusammen mit CARNAL TOMB. Wie genau bereitet ihr euch auf diese Tour vor?

Niklas: Für die Release-Show haben wir bereits ausgiebig geprobt und sind so weit gut eingespielt; sicherlich wird es vorher noch ein bis zwei Proben geben. Ich für meinen Teil muss mir noch ordentlich Hornhaut auf die Finger hobeln, um nicht nach drei Shows schon abzukacken. Die meiste Zeit wird eh dafür draufgehen, sich Gedanken über die Kleidung und Frisuren zu machen, die man an jedem Abend trägt - schließlich stehen wir wie niemand Zweites für optisch makellose Fressen.

Thorsten: Geplant sind 15 Shows am Stück. So viele Gigs haben wir alle noch nie in einer Reihe abgerissen. In der Regel hau ich bei Shows gerne immer alles raus und gehe mindestens ans Limit. Um möglichst nicht nach drei Shows abzukacken, habe ich mir Hilfe bei einer Gesangslehrerin gesucht. Britt Görtz (unter anderem HIRAES) ist eine sehr erfahrene Death Metal-Sängerin und ein super Vocal Coach. Mit ihr versuche ich ein paar Stile und Techniken zu lernen, die mir meine Stimme hoffentlich bis zum letzten Gig sichern. Das erfordert eine Menge Zeitmanagement, da ich - wie die anderen auch - die meiste Zeit damit beschäftigt bin, Bühnenoutfits anzuprobieren, Haare zu glätten und makelloses Fressenziehen zu üben.

Mittlerweile seid ihr ja auch schon etwas über 15 Jahre unterwegs. Wir würdet ihr die letzten 15 Jahre beschreiben?

Thorsten: Durchaus bewegt. Die Band gibt es ja quasi nun fast schon mein halbes Leben und es ist etwas Besonderes für mich, dieses Projekt mit Menschen gemeinsam zu betreiben, die sich sehr lieb haben. Es sind Member gegangen und dazugekommen und wir hatten natürlich auch immer mal wieder mit Rückschlägen und zäheren Phasen zu kämpfen, die wir zusammen meistern beziehungsweise durchstehen mussten. Durch die Band ist man an coole Orte gekommen und hat tolle Menschen getroffen und nach allem fühlt es sich an, wie ein ganz steter und beständiger erfolgreicher Entwicklungsprozess.

Wie ist es für SCALPTURE als "kleine" Band in diesem Musikbusiness? Was läuft gut? Was nervt? Und was würdet ihr verändern, wenn ihr die Möglichkeit dazu hättet?

Niklas: Sehr gute Frage. Natürlich ist es für jeden Musiker ein Wunsch, auf der ganz großen Bühne stattzufinden. Ich denke aber, dass wir alle ziemlich froh sind, unsere Band als ein riesengroßes Hobby zu betreiben, ohne hiervon finanziell oder sinnstiftend abhängig zu sein. Wir arbeiten mittlerweile alle in ganz normalen Berufen, haben teilweise Familien aufgebaut und sind nicht abhängig von der Band, sondern betreiben dieses Hobby mit purer Motivation an der Sache an sich. Unterm Strich zahlen wir alle mehr in die Band ein, als dass sie abwirft; sie ist pure Ambition. Ich denke, dass dieser Zustand für uns alle ideal ist. Wirklich gut läuft, dass diese Szene und unsere Fans aus Liebhabern besteht, die niederschwellig vor allem positives Feedback geben, kaufstark Merchandise und Tonträger kaufen und natürlich auf Konzerten richtig die Sau rauslassen. Genau das, was wir brauchen. Nerven tut hingegen, dass man als kleine Band oft unter dem Radar fliegt, wohingegen bereits erfolgreiche Bands nach Überschreiten einer kritischen Schwelle zu einem "Selbstläufer" werden. Hat sicherlich etwas damit zu tun, dass Medien mit großen Bands mehr Kohle verdienen können als mit kleinen Bands. Dementsprechend sind wir euch natürlich auch sehr dankbar, für die Berichterstattung.

Die Geschichte der Menschheit hält ja genug "Kriegsmaterial" parat, dass man hunderte Alben damit füllen könnte. Habt ihr schon Ideen für das nächste Album?

Thorsten: Einige Ideen habe ich auf jeden Fall, welchem Thema man sich als nächstes widmen könnte. Wir werden wohl vom Dreißigjährigen Krieg aus wieder etwas in die Zukunft gehen, aber mit mehr können wir aktuell noch nicht teasen.

Neben dem Party San Festival steht ja noch ein Highlight im Sommer an, doch was habt ihr sonst noch so für das Jahr geplant? Geht es bald daran, neue Songs zu schreiben oder schreibt ihr laufend neue Songs, ohne euch an ein konkreten Zyklus zu halten?

Niklas: Wir sind alle nicht besonders schlau, aber jedes einzelne Bandmitglied kann eine unumstößliche Wahrheit über sich selbst und die anderen behaupten: Ohne eine konkrete Frist kriegen wir nichts geschissen. Soweit ich weiß, ist noch kein Studio gebucht für den Nachfolger von "Landkrieg", deswegen werden wir dieses Jahr sicherlich keine Musikgeschichte mehr schreiben. Stattdessen nutzen wir das Jahr, um möglichst viel aufzutreten und die geschriebenen Songs live zu genießen, natürlich in Abhängigkeit vom Resturlaub jedes Einzelnen. Vielleicht trudeln ja noch Anfragen für das ein oder andere Festival an; würd mir lecker schmecken.

Arminia oder Leverkusen, wer kommt in die nächste Runde vom DFB-Pokal?

Thorsten: [lacht] Ich bin tatsächlich Fan der Arminia und seit über einer Dekade Dauerkarteninhaber. Habe öfter nach Schmerzensgeld gefragt, aber bisher keins erhalten. Der eine Teil von mir und von allen in der Stadt weiß, dass Leverkusen uns an einem normalen Tag ganz professionell zeigen wird, wie man richtig hart auf die Fresse bekommt. Aber Pokalabende auf der Alm sind gerne auch mal nicht normal. Der andere Teil hat sich für das Finale am 24. Mai beim Freund in Berlin bereits die Couch gesichert.

Damit sind wir auch am Ende. Ich wünsche euch sowohl für das Album als auch für die kommende Tour viel Erfolg und überlasse euch die letzten Worte.

Thorsten: Vielen Dank! Famous last words liegen uns nicht so sehr, aber eine Sache ist vielleicht tatsächlich wichtig zu sagen: Wenn ihr rausgeht saufen, vergesst das regelmäßige Zwischenwasser nicht!

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