Interview mit Jens von Night In Gales

Ein Interview von Eddieson vom 18.07.2020 (15835 mal gelesen)
Neu erstarkt sind NIGHT IN GALES nun mit dem zweiten Album "Dawnlight Garden" nach der Rückkehr von Alt-Sänger Christian wieder am Start. Sich wieder ihren Wurzeln des Melodic Death Metal zuwendend klingt das neue Album wie der konsequente Nachfolger zu "The Last Sunset". Songwriter/Gitarrist Jens berichtet.

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Hey Jens! Wie geht’s?

Jens: Hallo Jan. Danke gut. Habe gerade schon ein Interview gemacht, bin also voll im Modus. Kann losgehen.

Das Release eures neuen Albums “Dawnlight Garden“ steht kurz bevor. Wie geht es euch damit?

Jens: Uns geht es sehr gut dabei, denn seit dem gelungenen Überraschungs-Vorverkaufsstart am 8. Mai gab es schon lauter gute Nachrichten. Die limitierte Holzbox war am ersten Wochenende bereits ausverkauft, noch bevor überhaupt jemand einen Ton der neuen Scheibe gehört hatte, das war schon mal ein schöner Start. Dann trudelten die allesamt sehr hohen Soundcheck-Platzierungen in den großen nationalen Printmagazinen ein, was uns sehr stolz macht, denn so einheitlichen Rückenwind hatten wir bisher noch mit keiner Veröffentlichung vor "Dawnlight Garden".

Aufgeregt müsst ihr also nicht sein. Schon mit "The Last Sunset" konntet ihr voll überzeugen und mit "Dawnlight Garden" macht ihr genau da weiter. Es scheint ein wenig, als wenn die Rückkehr von Sänger Christian der Band neues Feuer gegeben hat.

Jens: Im Prinzip trifft das ja auch zu. Der ursprüngliche Stil der Band konnte sich seit rund 20 Jahren aus verschiedenen Gründen nicht mehr frei entfalten. Als Songwriter versucht man ja schon, auch den Ideen und Ansprüchen der anderen Bandmitglieder gerecht zu werden. Dadurch werden dann Teile deines eigenen Stiles durchaus unterdrückt oder zumindest eingeschränkt. Mit Christians Rückkehr war schnell klar, dass wir an die Anfangstage anknüpfen wollen. Wenn alle in die gleiche Richtung wollen, muss man weniger Kompromisse eingehen. Das hört man jetzt beim Songwriting.

"The Last Sunset" hat euch neu gepusht. Danach habt ihr wieder große Festivals gespielt, was ja auch zeigt, dass die Nachfrage nach NIGHT IN GALES und auch Melodic Death Metal sehr hoch zu sein scheint.

Jens: Definitiv, das war echt super, nach längerer Pause wieder auf die großen wie Breeze und Wacken, aber auch das Rage in Duisburg oder das Dong zurückzukehren. Trendy wie '95 ist der Stil aber sicher nicht und wird es auch nicht mehr schätze ich. Aber unser heutiger Exotenbonus mit 90er-Timewarp-Garantie gefällt mir auch wesentlich besser als wie damals eine Band unter vielen zu sein.

Etwas schade, dass Corona dem Release von "Dawnlight Garden" einen kleinen Strich durch die Rechnung macht. Dadurch fallen Release-Partys und Festivals für den Sommer aus. Hattet ihr überlegt das Album zu verschieben, um "Dawnlight Garden" auch live promoten zu können?

Jens: Es ist wirklich nur ein kleiner Strich, denn der Erfolg der Veröffentlichung hing in unserem Fall nicht von den zwei bis drei Releaseshows, die angedacht waren, ab. Apostasy Records ist gut vernetzt und macht neben der Promo- auch eine strategisch gute Vertriebsarbeit. Natürlich macht so eine Releaseshow immer Laune, weil man dort immer das ganz direkte Feedback von den Leuten bekommt, aber das kann man ja nochmal nachholen in 2021. Wir sehen es tatsächlich positiv, dass wir gerade mal keinen Probestress haben, einfach die Füße hoch legen können und auf die VÖ warten dürfen. Wir hoffen natürlich, dass bis dahin alle unser Album vorbestellt haben.

Wie ist die Stimmung in der Band? Ist das ein wenig wie früher, als man merkte, dass da doch einiges geht und die Musik einen nach vorne bringt, oder seht ihr das heutzutage alles etwas gelassener und freut euch einfach Musik machen zu können? imgright

Jens: Es ist definitiv etwas anderes. Man kann nach den Erfahrungen im Business mit unterschiedlichen Plattenfirmen die Lage besser einschätzen als früher, dazu kommt natürlich, dass die Lebenssituation nach über 20 Jahren eine andere ist als heute. Es ist aber immer noch genauso geil, die neuen T-Shirts von der Druckerei abzuholen und den ersten Blick drauf zu werfen, genauso freut man sich über die kleinen Erfolge wie gute Reviews, Soundcheck-Platzierungen oder wenn man die Vinyl-Version erstmals in Händen hält. Wenn ich morgen einfach aufhören würde, hätte ich immer ein schlechtes Gewissen, dass da noch ganz viel Musik hätte geschrieben und veröffentlicht werden müssen, die in mir schlummert und raus muss. Es ist ja keine Anstrengung, im Gegenteil, es macht Spaß und ist etwas ganz Normales geworden, diese Alben zu produzieren. Es gehört einfach dazu.

Ihr habt euch ja musikalisch auch wieder dem guten alten Melodic Death Metal gewidmet, vor allem dem aus den Neunzigern Jahren. Und nicht nur das, ihr habt auch einen Song von der "Razor"-Single neu aufgenommen, was auch die Verbundenheit zu der damaligen Zeit etwas verdeutlicht. Warum habt ihr grad den Song neu eingespielt?

Jens: 'A Spark In The Crimson Eclipse' erschien nur auf der 1996 7" "Razor", kurz bevor wir bei Nuclear Blast unterschrieben. Der Song bekam also nie die verdiente Aufmerksamkeit, die Produktion war natürlich auch eher speziell damals. Da wir mittlerweile wieder klingen wie damals, war es auch gerade dafür eine Art Beweis-Experiment, mal einfach einen uralten Song unter das Material der neuen Platte zu mischen, also nur um zu sehen, ob das funktioniert.

Und es funktioniert. Der Song ist über 20 Jahre alt. Habt ihr ein paar kleine Veränderung daran vorgenommen oder ihn eins zu eins übernommen?

Jens: Wir haben den Bass-Part in der Mitte etwas aufgepimpt und Adriano hat natürlich seinen Drumstil eingebracht, also hier und da mehr Doublebass-Attack und so weiter. Da wir seit 2005 die Gitarren auf C runtergestimmt haben, klingt alles insgesamt auch etwas fetter. Ach ja und wir spielen jetzt, anders als damals, auf Click.

Nachdem ihr ja mit "Thunderbeast" euren Stil etwas gewechselt habt und dann später sogar in etwas progressivere Gefilde abgedriftet seid, seid ihr nun wieder zu euren Wurzeln gelangt. Wie kam es dazu, jetzt wieder die Schiene wie damals zu "Towards The Twilight"-Zeiten, zu fahren?

Jens: Björn hatte seit 1998 mehr und mehr Spaß daran, seine Stimme zu entwickeln, und hat das auch durchgezogen. Seitdem kamen halt immer mehr gesungene Parts in die Songs. Das letzte Album mit Ihm, "Five Scars", hatte beispielsweise in meinem Kopf beim Schreibeprozess auch noch gar keine clean-gesungenen Passagen. Björn hat dann beim Arrangieren seiner Lyrics Stellen in den Songs ausgeguckt, die sich für getragenere Clean-Parts anboten. Es war also ganz klar sein Ding. Wir anderen mögen es da lieber stlistisch straight, also war klar, dass wir ab der Rückkehr von Christian diese Sachen lassen und uns auf das konzentrieren, was wir am besten können und die Fans der ersten Jahre von uns nach wie vor erwarten.

Siehst du es jetzt im Nachhinein als Fehler, dass ihr damals die stilistischen Änderungen vollzogen habt?

Jens: Für unsere Karriere waren die schnellen Veränderungen Gift, ganz klar. Aber wir waren jung und konnten vieles nicht richtig einschätzen und waren zudem durch Erwartung des Labels auch verunsichert. Die deutsche Metalpresse stand auch nicht besonders hinter uns, da war man dann schon mal schnell vom Weg angekommen oder sagte sich auchmal 'scheiss drauf, lass gucken was passiert'. Ich habe oft drüber nachgedacht und mich auch geärgert, aber das ist vorbei, denn das bringt nun mal nichts. Ich sage mir eher, dass es für etwas Anderes gut war, diese Ehrenrunden gedreht zu haben. Ich rede mir das sozusagen schön, haha.

Um mal wieder in die Gegenwart zu kommen. Für mich ist "Dawnlight Garden" nicht nur der konsequente Nachfolger zu "The Last Sunset", sondern was mir vor allem an dem Album gefällt ist das konstant hohe Nivau. Alles Songs machen extrem viel Spaß, es gibt ein paar Songs, wie 'The Spectre Dead' oder 'Beyond The Light' die bilden einen Ausreißer nach oben, aber so wirklich abfallen tut wirklich kein Song. Also kann ich meine Glückwünsche zu einem absolut gelungenen Album ausrichten.

Jens: Vielen Dank das hört man natürlich gerne. Tatsächlich war ich mir diesmal bis die ersten Reviews reinkamen gar nicht so sicher, wie das Album ankommen würde. Ich dachte, es ist etwas zu anstrengend und unruhig geworden, aber wahrscheinlich ist das genau das, was die Leute gerade in diesem langweilen Lockdown brauchen, haha.

Nun hat man ja im Moment als Musiker viel Zeit. Nutzt ihr die konzertfreie Zeit, um vermehrt zu proben und auch schon um an neuen Material zu arbeiten?

Jens: Wir proben gar nicht, erst wieder wenn es konkrete Bookings gibt, das wird also noch ein Weilchen dauern. Wir nutzen die livefreie Zeit jetzt für musikalische Nebenprojekte. Ein neues GLORYFUL Album ist geplant, dann steht das Debut von SUB-ORBITAL in den Startlöchern und ich werkel zudem noch an einem Projekt im Stile von ENTOMBED/CARNAGE/DISMEMBER, das macht richtig Spaß, da alles in DIY-Style passiert. Dann fangen wir vielleicht schon diesen Winter mit dem Songwriting für das nächste Album an, mal sehen.

Gibt es denn schon Pläne/Angebote für 2021 und habt ihr überhaupt die Möglichkeit größere Touren zu fahren?

Jens: Es gibt vereinzelt Anfragen, aber solange es noch keinen Impfstoff gibt, werden wir da nicht ernsthaft drauf eingehen. Da die Festival-Lineups wie es aussieht meist eins zu eins auf 2021 verschoben wurden, werden wir es schwer haben, da noch dazwischen zu kommen irgendwo. Mal sehen was passiert. Bock hätten wir natürlich schon auf ein paar nette Open-Airs. Ausgedehntes Touren ist eher unwahrscheinlich und zeitlich kaum machbar.

So, damit wären wir auch schon am Ende angekommen. Ich danke für die Zeit zur Beantwortung der Fragen. Viel Erfolg für "Dawnlight Garden" und die letzten Worte gehören dir.

Jens: Danke Jan. Danke an alle die "Dawnlight Garden" bereits vorbestellt haben! Schaut mal in unserem Bandcamp-Shop auf www.night-in-gales.com vorbei, da gibts noch Re-issues der Nuclear Blast Releases, die Divebomb-Compilation, Shirt-Restposten, Nachdrucke von alten Shirt-Designs, gewebte Sylphlike Patches, und so weiter, lohnt sich also.

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