Affector - Harmagedon

Review von Warlord vom 04.06.2012 (4774 mal gelesen)
Affector - Harmagedon Sehr gespannt war ich auf dieses neue Bandprojekt unter Beteiligung von Ted Leonard, einem meiner favorisierten Sänger, unter anderem neuerdings bei SPOCK'S BEARD und den völlig unterbewerteten ENCHANT zu hören. Leonard ist hier allerdings "nur" Gastsänger, es handelt sich um ein Projekt des deutschen Gitarristen Daniel Fries in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Schlagzeuger Collin Leijenaar, unter anderem auch als Tourdrummer für NEAL MORSE (SPOCK'S BEARD) tätig. Prominente Sänger sollten gemäß dem ursprünglichen Konzept die biblische Geschichte vom jüngsten Tag angesichts der Prophezeiungen des Nostradamus zum Weltuntergang 2012, Armageddon, Judgement Day entsprechend den Projekten von ARJEN A. LUCASSEN vortragen. Dieses ursprüngliche Sängerkonzept wurde laut Leonard zu seinen Gunsten fallengelassen. Bei den Keyboards geben sich dagegen Neal Morse, Rock- und Fusion-Ass Alex Argento, Derek Sherinian (BLACK COUNTRY COMMUNION, PLANET X, ex-DREAM THEATER) and Jordan Rudess (jetzt-DREAM THEATER) die Klinke in die Hand. Erschaffen so viele exquisite Köche am Ende auch ein schmackhaftes Gericht, oder verderben sie schlussendlich den Brei?
Los geht's mit einem ENNIO MORRICONE-Gedächtnisintro, lose einem Schlussduell in einem berühmten Western nachempfunden, den auch METALLICA im Laufe ihrer Karriere wohl ein paar mal gesehen haben. Nicht schlecht, die ebenso instrumentale Band-Ouvertüre fügt sich mit anfangs ruhigen dann energischeren Progklängen nahtlos an. Der Gesang setzt somit erst im dritten Stück ein, Leonard passt zum ohnehin seiner Stammband ENCHANT ähnelnden Sound wie die Faust auf's Auge. Natürlich sind auch DREAM THEATER-Anleihen vorhanden, aber der Vergleich wird auch gerne ohne langes Zögern bemüht, wenn es um schnelle virtuose Parts geht. Gut, dass diese hier nicht im Vordergrund stehen, sondern eher Kontraste zum rockig-melodischen Grundkonzept setzen. Das ist sehr kompetent gespielter Progressive Rock/Metal, hervorragend demonstriert im ersten Longtrack 'The Rapture', der alle Trademarks eines echten Epos enthält. Ein schön aufgebautes und sehr abwechslungsreiches 14-minütiges Feuerwerk mit schrägen und hymnischen Gesangsparts, furiosen Gitarren- und Keyboardsoli und dynamischem Drumming, einfach alles, was der Freund anspruchsvoller Musik sich wünscht. Die melodische Ballade 'Cry Song' bietet danach erstmal schöne Entspannung, der Song ist wieder sehr nahe an ENCHANT und gibt Leonard dementsprechend Gelegenheit, mit seiner Wahnsinnsstimme zu glänzen. Es ist laut Info der einzige Song mit einem persönlichen Text von Daniel Fries über den Tod seines Vaters, alle anderen Texte sind aus Original-Bibelzitaten betreffend dem Ende der Welt zusammengepuzzelt, ohne Rücksicht auf Reime und Rhythmen. Das wird dann von einigen Kollegen als religiöse Belehrungsstory missverstanden, ich finde so ein Konzept, das im übrigen schon seit 2006 von den beiden Köpfen entwickelt wurde, jedenfalls sympathischer als die üblichen "Sex, Drugs, Rock'n'Roll, ich liebe den Teufel und mich selbst am meisten"-Texte anderer Zeitgenossen. Wichtig ist für mich in erster Linie die Musik, und da geht es mit dem hart marschierenden 'Falling Away & Rise Of The Beast' weiter. Wieder eine schöne Gesangsleistung von Leonard in den ruhigen Parts, immer wieder auch (mit sich selbst) im Chor. Daniel Fries' geschmackvolle Gitarrenarbeit muss hier mal erwähnt werden, sehr schön im kunstvoll gestalteten ersten Solo nachzuvollziehen. Dann der Titeltrack und Höhepunkt eines ohnehin bisher starken Albums 'Harmagedon'. Das zweite Epos der Scheibe, diesmal exakt 13 Minuten lang und gleich in die Vollen hauend, im Uptempo und mit Heldentenor. Hallelujah, Salvation, da singen die Engel des jüngsten Gerichts in Form des multiplen Leonard gleich mit. Am Keyboard darf sich wieder einer der vier apokalytischen Reiter austoben, bevor Fries dazustößt und das Stück explodiert. Der fantastische Refrain taucht erst kurz vor Schluss wieder auf, in seiner pur akustischen Form und dann sich noch steigernd zu dezenter Begleitung. Vom "King of Kings" (gemeint ist natürlich Gott) wird da gesungen und der Song ist genau das: King of Kings, Bester unter lauter ersten Titeln auf einem Klassealbum. Was bleibt da noch als Schlusspunkt? Richtig, eine Hitsingle! 'New Jerusalem' hat einen so dermaßen geilen Refrain, dass ich glatt 'ne Gänsehaut bekommen habe und punktet darüberhinaus noch mit einem geilen Rockriff, ein Höhepunkt des Albums und würdiger Abschluss.

Fazit: Wenn ich mir meine Definition eines 10-Punkte-Albums anschaue, merke ich: das war schon etwas zu viel verlangt. Normalerweise hat der Warlord ja immer etwas zu kritteln, Perfektionsstreben nennt man das. Bei vorliegendem Album fällt mir aber nun so gar nichts ein. Im Gegensatz zu den positiven Argumenten: klasse Songs, klasse Musiker, klasse Produktion (mixed and mastered im The Mouse House in Los Angeles von Rich Mouser, der u. a. Werke von SPOCK'S BEARD, TRANSATLANTIC und NEAL MORSE klangtechnisch veredelt hat) und nicht zuletzt auch ein klasse Textkonzept, das Interesse weckt. Auch die Spielzeit von guten 64 Minuten ist einem Prog-Gesamtkunstwerk angemessen, 80 Minuten schaffen nur METALLICA und TRANSATLANTIC, aber bei den ersteren hapert es manchmal etwas am Songwriting und mit letzteren können AFFECTOR fast mithalten, manch' hymnischer Refrain toppt die Kollegen dann sogar noch. Das alles trotz der widrigen Bedingungen für das Projekt, das wirklich nur ein solches ist, Ted Leonard ist z. B. Daniel Fries noch nie in seinem Leben persönlich begegnet, wie er freimütig in einem Interview zugab! Deswegen hier und heute die Premiere: 10 Punkte. Ein frühes Meisterwerk. Man fragt sich was da noch kommen könnte und freut sich auf die neue SPOCK'S BEARD. Mit Ted Leonard! Am 7. Juli 2012 auch Live auf dem "Night Of The Prog"-Festival auf der Loreley zu erleben. Euer Warlord wird sich den Weg vor die Bühne freikämpfen!

Gesamtwertung: 10.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood blood
Trackliste Album-Info
1. Overture pt.1: Introduction
2. Overture pt.2: Prologue
3. Salvation
4. The Rapture
5. Cry Song ´
6. Falling Away & Rise Of The Beast
7. Harmagedon
8. New Jerusalem
Band Website: www.affector.net
Medium: CD
Spieldauer: 64:34 Minuten
VÖ: 18.05.2012

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten