Past M.D. - Circles

Review von Stradivari vom 21.12.2010 (5438 mal gelesen)
Past M.D. - Circles Waren Konzeptalben früher etwas ganz Erhabenes, an das sich nur wirklich große Gruppen wie QUEENSRYCHE oder SAVATAGE herangetraut haben, fühlt sich seit einiger Zeit jede noch so mittelmäßige Combo berufen, ziemlich beliebige Songs irgendwie inhaltlich zu verknüpfen und das Ergebnis als Konzeptalbum zu feiern. Von daher war die Skepsis groß, als es hieß, PAST M.D. haben mit ihrem neuen Output 'Circles' ein Konzeptalbum am Start. Zumal der Vorgänger 'Part Time Rebellion' zwar ein ganz passables Album war, aus der breiten Masse allerdings auch nicht sonderlich herausragte. Umso unglaublicher die Klasse von 'Circles'. Hier stimmt nahezu alles, was ein gutes, oder in diesem Fall sogar sehr gutes, Konzeptalbum ausmacht. Die Musik, die Story, die Adaption von Story und Musik, die Lyrics, der nachvollziehbare, rote Faden durchs Album, die atmosphärische Dichte, das handwerkliche Können und der Sound.

Zum thematischen Inhalt von 'Circles': Der Held der Geschichte ist ein Astronaut, welcher sich auf dem Weg zu einer Raumstation befindet. Während er durchs All reist, bricht auf der Erde ein künstlich erzeugter Virus aus, der nach und nach die gesamte Menschheit hinrafft. Die Songs erzählen abwechselnd vom Flug des Astronauten und dem fortschreitenden Aussterben der Menschheit. Schlussendlich ist er als einziger Überlebender dazu verdammt, den Rest seines Lebens in der Raumstation zu verbringen. Diese mitreißende, sensibel und detailverliebt erzählte Geschichte über menschliche Ignoranz, Einsamkeit, Liebe und den nervenzerreißenden Kampf ums Überleben wird von PAST M.D. mit streckenweise düsteren und schweren Songs untermalt.

Den Auftakt bildet das instrumentale Intro 'Take Off', gefolgt von 'The Journey' welches einen überraschend starken Prog-Touch besitzt, den man PAST M.D. nun wahrlich nicht zugetraut hätte. Die dezenten, spacigen Keyboardklänge nehmen den Hörer mit in den Orbit, ohne dass es platt, gewollt und aufgesetzt klingt. Beeindruckend. 'Contagious' kommt etwas luftiger daher, mit eingängigem Chorus und weniger bedrückend, man atmet förmlich etwas durch. Nahtlos schließt sich 'The Devil In Me' an. Für sich alleine vielleicht kein sonderlich überragender Song, im Kontext der Scheibe jedoch stark und unverzichtbar. 'The Delivery' gönnt dem Hörer erneut etwas trügerische Entspannung, aber nur um auf die bedrückende Ballade 'Far Away' vorzubereiten. Es handelt sich hierbei um einen völlig klischeefreien, ruhigen Titel, der inhaltlich einfach an dieser Stelle sein muss und nie den Eindruck einer "Zwangsballade" erweckt. Zumal sehr sparsam instrumentiert und ohne vorsätzlichen Pathos unerlässlicher Bestandteil des ablaufenden "Kopfkinos". Auch wenn das nun etwas übertrieben klingen mag, wer sich die Mühe macht, dem Album beim Hören im Booklet zu folgen, hat in der Tat nahezu das Gefühl einen Film zu schauen. 'Hazardous Freight' ist im Anschluss ein eher recht entspannter Doublebass-Track, der allmählich bereits das Grande Finale einläutet. Das Instrumental 'Anybody There?' versteht man inhaltlich auch ohne Text, selten hat man eine Gitarre dermaßen ausdrucksvoll "sprechen" hören. Was nun folgt ist ganz großes Tennis. Erstaunlich, wie viele Metal-Stilelemente man in einem einzigen Stück verbinden kann, ohne dabei den Fluss des Songs zu unterbrechen oder eine künstliche Verschachtelung zu erzeugen. Das acht Minuten-Opus '40 Days' beinhaltet BON JOVI-artige Gesangsmelodien, Akustikgitarren-Parts, epische Breaks, dramatische Instrumental-Strecken und JUDAS PRIEST-artige Klampfen mit dem legendären 'Turbo Lover'-Sound. Gänsehaut-Feeling pur. Und es kommt noch besser. Das wiederum instrumentale 'Satalite´s Calling' schlägt die Brücke zu 'Nevermore', dem grandiosen Höhepunkt des Albums. Inhaltlich geprägt von Melancholie, Angst und Wut des in der Raumstation auf den langen, einsamen Tod wartenden Protagonisten geben PAST M.D. musikalisch und emotional in diesem Stück alles was sie haben und das ist verdammt viel. Es ist so viel, dass es sehr schwierig zu beschreiben ist. Dieses Stück muss man fühlen, nicht nur hören. Leider endet das Album an dieser Stelle auch, obwohl man gerade in diesem Moment noch mehr möchte. Wie bei guten Büchern oder Filmen hat es PAST M.D. geschafft, den Spannungsbogen so zu setzen, dass 'Circles' den Hörer in genau jenem Moment alleine lässt, an welchem sich Begeisterung und Faszination auf dem Höhepunkt befinden.

Natürlich kann man 'Circles' nicht mit den Outputs der in der Einleitung genannten Bands vergleichen, das wäre anmaßend. Aber die Oberhausener haben mit dieser CD eine überzeugende Duftmarke gesetzt. Viel besser geht es mit den PAST M.D. zur Verfügung stehenden Mitteln nicht. Insbesondere Gitarrist Detlef "D.P." Poschmann, der zu den renommiertesten, deutschen Studiomusikern zählt, und Sänger Jörg "Josh" Reuter mit seinem charismatischen, klaren Gesang deuten ihre internationale Klasse an. D.P. ordnet sich jederzeit dem Gesamtkonstrukt unter und verbrät trotzdem beiläufig in fast jedem Song mehr brillante Riffs, Soli und Sounds als so manche selbsternannte Gitarren-Koryphäe auf einem kompletten Album. Ähnlich verhält es sich bei Josh. Wenn er die Vocals in Geoff Tate-Gefilde hochschraubt oder in Zak Stevens-Manier Gefühle transportiert, dann das ist schon sehr bemerkenswert und weit über dem Durchschnitt.

Wäre die Band bei einigen Stücken etwas epischer und bombastischer zu Werke gegangen, statt sich "nur" mit gutem, powervollem und melodischem Metal zufrieden zu geben, hätte man in der Tat über die Höchstnote nachdenken müssen. So bleibt letztlich noch ein wenig Steigerungspotential. Aber über dieses Potenzial verfügen PAST M.D. sicherlich.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01.) Take Off 1:34
02.) The Journey 7:49
03.) Contagious 3:35
04.) The Devil In Me 5:34
05.) The Delivery 6:12
06.) Far Away 4:34
07.) Hazardous Freight 3:55
08.) Anybody There? 5:45
09.) 40 Days 7:57
10.) Satelite´s Calling 1:12
11.) Nevermore 8:45
Band Website: www.pastmd.com
Medium: CD
Spieldauer: 56:52 Minuten
VÖ: 26.11.2010

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