Killer - Broken Silence

Review von Odin vom 14.05.2003 (5188 mal gelesen)
Killer - Broken Silence Seit vier Alben waren sie die Motörhead Belgiens; ein rockendes, rollendes Trio von urwüchsiger Rock-Energie. Jetzt haben sie sich einen Keyboarder ins Boot geholt...

Dessen Synthie-Sounds sind denn auch nahezu omnipräsent und verwirren den geneigten Hörer schonmal von Anfang an. Diese Nightwish-mäßigen Teppiche und Düdel-Soli wollen nicht so recht zu der nach wie vor deutlichen Rock'n'Roll Schwarte passen, die zwischen Riffs und Vocals kracht. Aber ich muss sagen, man kann sich dran gewöhnen.

Der Titelsong bolzt denn auch gut los, die Keyboards werden zweckdienlich zurückgehalten und brechen nur stellenweise aus. Mit über 7 Minuten Spielzeit macht der Opener Lust auf das folgende "Crash And Burn", das ebenfalls eine stattliche Dauer von über 6 Minuten aufweist. Hier sind die Keys etwas aufdringlicher, die Drums wieder ähnlich treibend und die Chor-Shouts machen auch Laune.

Das Kommen und Gehen der Keyboards im Vordergrund setzt sich im Verlauf der Platte fort, wer sich damit arrangieren kann, dass hier der rotzig rohe Rock etwas verklärt wird, sollte sich davon nicht abhalten lassen. Dies und die Tatsache, dass alleine in den ersten beiden Songs deutlich mehr Abwechslung als auf sämtlichen Motörhead-Alben (was keine Abwertung derselben ist ;-) ) steckt, führt Vergleiche eigentlich ad absurdum. Schnelle, Doublebass-getriebene Passagen wechseln sich mit ruhigen, Keyboard-getragenen Verschnaufpausen ab.

So auch in "Time Machine" und dem folgenden "Dancing With The Devil". Letzteres wird von einer Orgel intoniert (gute Anwendung für die Keyboards!), dann drängelt sich die Klampfe mit einem Riff ins Bild, um wenig später mit Unterstützung der Rhythmusfraktion loszubrechen. Das textliche Thema scheint zurzeit wieder beliebt zu sein - dazu fällt mir ein: "Death to dancing men!" Den Belzebub können sie also anscheinend nicht leiden... Cooles Riff, eingängiger Chorus, klasse Song erneut mit Solo-Passagen und überdurchschnittlicher Spielzeit. Und zwar sogar mit Vocal-Solo in Form eines Refrains nur mit Drums.

Danach werden die Klänge orientalisch, aber nicht minder forsch. Hier sind alte Rock-Hasen am Werk, das merkt man und das gefällt. Die Keyboards verleihen einen gewissen monumentalen Touch, der Killer in eine andere Ebene befördert. Zeitweise progessive Ambitionen heben die Belgier aus dem Metier der rockenden, NWOBHM-beeinflussten Metal Acts heraus. Auf dem ersten Album mit Keyboards haben sie deren Einsatz vielleicht etwas übereifrig betrieben, aber wer sich damit anfreunden kann bekommt ein heißes Eisen an die Hand. Große Riffs, große Refrains, gutes Songwriting und solide Arbeit der Musiker.

"The Answer" kommt dann noch als Piano-Ballade daher und stellt sozusagen den Ruhepol zur Halbzeit dar - und das nach einer Spielzeit von ca. 37 Minuten, wo viele aktuelle Alben schon den Rausschmeisser auffahren oder gar bereits hinter sich haben! Nach diesem ruhigen, nachdenklichen Stück könnte auch in der Tat der Abend erfolgreich beendet werden, aber das Publikum ist heiß und möchte Zugaben. Kein Problem, die Herren haben noch ein paar auf der hohen Kante.

"Only The Strong Survive" treibt dann auch schon wieder ein trockenes Hardrock-Riff der Schule von Lemmy oder auch der seeligen Kollegen von Thunderhead ins Volk. Und: Keine Keyboards vom Soloteil abgesehen, in dem sie mit der Gitarre konzertieren. Nach diesem kurzen Aufwecker sind die Nackenwirbel wieder geschmeidig in Bewegung und heißen das stampfende "Hear Me Calling" willkommen. Wenig später geht es wieder zurück zu den schnellen, nostalgischen Riffs und ein ums andere Mal einem astreinen Mitgröhl-Chorus in "A Matter Of Time".

Das zweiteilige Instrumental verblüfft nochmal mit stimmiger Atmosphäre und musikalischer Unterhaltung der Oberklasse, bevor der Rausschmeißer eingeläutet wird. Ein letztes Mal im Uptempo von der Doublebass getrieben in den Chorus einstimmen und ein Durchgang ist vorbei. Über 70 Minuten nackte Spielzeit, das gibt dicke Bonuspunkte. Abzug setzt es für die in der ersten Hälfte zu aufdringlichen Keyboards, die im zweiten Teil aber das Feld verstärkt den ursprünglichen Metal Sounds überlassen. Hier werden dann Vergleiche mit alten Grave Digger Platten (z.B. Heart Of Darkness) möglich, was auch die rauhe Stimme von Fronter Shorty nahelegt. So bricht das erste Killer Album seit 1991 wie Donner in die Stille und kann zumindest bei mir ordentlich abräumen. Daumen hoch und unbedingte Kaufempfehlung, denn soviel Spielzeit - und schon gar so unterhaltsame - bieten heute leider nicht mehr viele reguläre Alben.

Gesamtwertung: 8.5 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood dry dry
Trackliste Album-Info
01. Broken Silence
02. Crash And Burn
03. Time Machine
04. Dancing With The Devil
05. In The Land Of Pharaoh
06. High In The Mountains
07. The Answer
08. Only The Strong Survive
09. Hear Me Calling
10. A Matter Of Time
11. The Run Of The Chupacabra (instrumental)
  Part 1 (Exploring The Stratosphere)
  Part 2 (The Escape)
12. Lethal Virus
Band Website: www.4-killer.com
Medium: CD
Spieldauer: 71:04 Minuten
VÖ: 26.05.2003

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