Interview mit Olo von Obscure Sphinx

Ein Interview von Dimebag vom 22.06.2017 (8131 mal gelesen)
OBSCURE SPHINX gehören zur Speerspitze der aktuellen Post Metal-Generation. Mit ihrem neuesten Album "Epitaphs" hat die Band ein weiteres Füllhorn an komplexen musikalischen Ideen vorgelegt. Das ist Grund genug, Gitarrist Olo Łukomski zum aktuellen Stand der Band, den kreativen Prozessen hinter dem Album und natürlich Ausnahmesängerin Zofia Frás zu befragen.

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Herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Album "Epitaphs", auf Bleeding4Metal.de gab es eine 8,5/10.

Olo: Vielen Dank! Wir erhalten aber meistens nur erstklassige Reviews so wie deine (haha). Um ehrlich zu sein, sind wir immer bestrebt, unser Bestes zu geben und nur 10/10-Bewertungen abzusahnen. Aber ich denke, dieses Album wird von uns noch kommen. Bisher erreicht "Epitaphs" aber unsere Erwartungen, das Album klingt großartig auf CD, LP und live - die Leute lieben es und wir lieben es, die Songs zu spielen.

Das Album ist aufgeteilt in zwei Teile: "Part I: Per-mortem" and "Part II: Post-mortem". Kannst du bitte erklären, was hinter diesem Konzept steckt?

Olo: Nun, dieses Mal haben wir versucht, ein offenes Konzept über den Verlust des Lebenswillens zu liefern. Es hatte viel mit meinem persönlichen Leben und Depressionen in den letzten Jahren zu tun, aber auch mit all den Dingen, welche im Leben anderer Leute und innerhalb der Band passierten. Das Konzept wirft alle negativen Emotionen auf, gibt dem Hörer aber die Möglichkeit, diese seinen eigenen Gefühlen zuzuordnen. Die Pre- und Post-mortem-Idee war erstens eine gute Metapher zum Sterben an sich oder buchstäblich als die Ursache, alles zu verlieren und zweitens passte die Musik perfekt zu dem Konzept von zwei verschiedenen "Akten".

Ihr habt "Epitaphs" in Eigenregie veröffentlich. Was waren die Gründe dafür?

Olo: Das ergab sich im Laufe der Jahre, in denen wir ein selbständiges Unternehmen wurden. Wir machen unsere eigenen CDs, unser eigenes Merch, wir buchen unsere Shows, machen die PR, Fotosessions und wir machen unsere eigenen Musikvideos. Auf dem Level, welches wir jetzt erreicht haben, ist es ein guter Weg für die Band, finanziell zu funktionieren und in der Lage zu sein, weiterzumachen oder sogar in sich selbst zu investieren. Wir haben herausgefunden, dass die kleinen oder mittleren Labels nicht viel mehr bieten können als das, was wir bereits haben. Momentan funktioniert es so für uns - wenn wir ein Majorlabel finden, das uns sehr groß promoten würde, dann wären wir bereit, etwas von der Unabhängigkeit abzugeben, die wir haben. Aber das müsste wirklich profitabel für uns sein.

Aufgrund der Komplexität eurer Musik ist die Zuordnung zu einem speziellen Genre schwierig. Wie würdest du jemandem, der noch nie einen Ton von euch gehört hat, euren Sound, insbesondere auch "Epitaphs" erklären?

Olo: Das ist eine schwierige Frage. Ich möchte immer Einflüsse von so vielen Quellen übernehmen, wie ich kann - so dass die Kunst, die ich erschaffe, nicht nur eine Kopie ist, sondern eine Mischung und vielleicht etwas Neues. Das erklärt teilweise, warum es so schwer zu beschreiben ist, wie unsere Band klingt. Du wirst alles finden, was im traurigen/langsamen Metal gerade angesagt ist (haha). Du hast MESHUGGAHs supertiefe 8 Stringriffs, du hast Black Metal-Traurigkeit und Dunkelheit, du hast sludgy/stonery Langsamkeit, die dich bewegt. Dazu noch weibliche Vokals, die dem Ganzen ein anders Gefühl und Vielfalt verleihen und außerdem Progness und Konzepte, die alles sehr ehrgeizig wirken lassen. Zumindest hoffe ich das alles. imgright

Wie wurde Mario Duplantier von GOJIRA der Designer des Coverartworks? Hatte er dafür Vorgaben von euch?

Olo: Es ist ein Kunstwerk, das er nicht speziell für das Album gemacht hat. Es war eher so, dass wir durch ihn inspiriert wurden und es deshalb für das Album verwenden wollten. Zum Glück war er so freundlich, dem zuzustimmen. Ich sprach mit Mario bei einer Show die wir zusammen mit GOJIRA in Gdansk spielten und er meinte "Oh, vielen Dank, dass ihr mein Kunstwerk auf eurem Cover haben wollt", aber ich dann "Nee Alter, es ist genau andersrum VIELEN DANK!!!".

Wie schreibt ihr eure Songs? Kann jeder seine Ideen einfließen lassen oder gibt es einen Hauptsongwriter?

Olo: Nun, es gibt verschiedene Möglichkeiten ... wir begannen vor dem vorherigen Album mit der Idee, Songs zusammen bei Jamsessions zu machen, die wir dann weiter ausgearbeitet haben, aber es hatte immer seine Grenzen. Im Schreibprozess von "Void Mother" haben wir damit angefangen, zu Hause Riffs, Motive und Strukturen zu entwickeln. Mit diesem Album fingen wir damit an, mehr zu Hause zu schreiben (meistens ich und unser Schlagzeuger Mateusz) und die Ergebnisse mit zur Probe zu bringen, um den Song mit der kompletten Band fertig zu stellen. Wir arbeiten immer noch an der perfekten Formel, aber wir haben so viele gute und komplexe Ideen, die in der Regel Zeit brauchen und individuell entwickelt werden, um alle Beteiligten an dem Prozess zu beteiligen und zu sehen, was passiert, wenn wir zusammen jammen. Wenn wir das beherrschen, hoffentlich auf der nächsten Platte, dann bin ich sicher, dass du uns eine 10/10 geben wirst.

Zofia hat eine sehr anspruchsvolle Art zu singen. Wie hält sie ihre Stimme fit, vor allem auf Tour?

Olo: Sie übt höllisch viel! Sie geht mehrmals im Monat zu einem Stimmtrainer, sie hat Stimmtraining vor jeder Probe, vor der Show und nach der Show. Es ist die Kombination von Schreien und Singen, die so viel Aufmerksamkeit braucht - auf keinen Fall kann sie eine Show beenden und anfangen zu trinken, wie andere Metal-Sänger es tun würden. Sie trinkt aber gewöhnlich auf der letzten Show der Tour.

Im Oktober gabt ihr bekannt, dass euer Drummer Mateusz die Band nach der Tour verlassen will. Habt ihr schon einen Nachfolger gefunden?

Olo: Wir sind mitten in einem Prozess, um einen Nachfolger zu finden. Eine wichtige Sache, die man über uns wissen muss ist, dass wir eine starke emotionale Bindung innerhalb der Band haben. Also suchen wir nicht nur nach einem Musiker, sondern nach einem Freund und jemandem, der unsere Musik fühlt. Deshalb lassen wir uns mit der Entscheidung auch Zeit, denn nur die Zeit kann uns zeigen, ob jemand zu uns passt. Derzeit spielen wir mit Paweł Jaroszewicz, den du vielleicht von DECAPITATED oder VADER kennst. Er ist ein außergewöhnlicher Schlagzeuger und passt hervorragend in unsere Band. Die Zeit wird es zeigen.

Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Olo: Wir wollen natürlich mit neuer Musik zurückkommen. Wir haben noch zwei Festivals zu spielen und dann unterbrechen wir das Touren und beginnen mit dem Schreibprozess. Wir spielen nur noch die ganz großen Shows, keinen Kleinkram mehr. Wenn also TOOL oder CULT OF LUNA oder GOJIRA uns auf ihrer Europatour haben wollen, müssten wir ablehnen. Haha, ich mach nur Spaß. Aber du wirst uns erstmal nur auf Festivals oder größeren, einmaligen Shows sehen. Ich hoffe, wir haben die Platte bis nächstes Jahr fertig und veröffentlichen sie dann vielleicht auch.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Zum Abschluss darfst du noch ein paar letzte Worte an unsere Leser richten.

Olo: Vielen Dank für die Unterstützung, wir lieben es wirklich, dass ihr in diesen Zeiten der Digitalisierung immer noch den Willen und das Geld habt, um zu unseren Shows zu kommen, CDs, LPs und Merch zu kaufen. Es macht uns lebendig, euch zu sehen und in der Lage zu sein, diese Musik zusammen zu leben. Vielen Dank!

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