Interview mit Rob, Martin, Simon von Crimson Swan

Ein Interview von Krümel vom 20.04.2015 (7381 mal gelesen)
CRIMSON SWAN präsentierten im Frühjahr ihr mehr als ordentliches Debütalbum "Unlit". Eine Portion Glück war dabei, dass die Scheibe tatsächlich veröffentlicht wurde und die Band so existiert, wie sie es heute tut. Warum dies so ist und noch einiges mehr verrieten uns Gitarrist Robert, Sänger Simon (der auch gleichzeitig die zweite Klampfe bedient) und Drummer Martin im Interview.

Erzählt doch bitte zunächst ein bisschen über die Entstehung der Band. Wenn ich das richtig gelesen habe, war CRIMSON SWAN zunächst nur als Studioprojekt geplant, richtig? Wie kam es dann dazu, dass doch "mehr" daraus wurde? imgright

Rob: Entstanden ist das Ganze tatsächlich als Nebenprojekt, bei dem alle Stücke, die in irgendeiner Art und Weise nicht zum eigentlichen Projekt EMBERCROW als passend erschienen, verarbeitet werden sollten. Die Eigendynamik, die CRIMSON SWAN dann schließlich aufgenommen hat, hat uns wohl alle überrascht. Eine Portion Glück war dabei genauso entscheidend, wie die frühzeitige Unterstützung von OPHIS-Sänger Phil bzw. der Hamburger Veranstaltungsagentur Tragic Serenades.

Und wie hat sich die aktuelle Besetzung gefunden?

Martin: Ich kannte Simon, Marcos und Robert von gemeinsamen Auftritten meiner damaligen Band mit EMBERCROW. Stefan, der Bassist, der die Basslinien für "Icon" eingespielt hat, kam dann eines Tages auf mich zu und erzählte mir, dass die Jungs für ein neues Projekt einen Trommler suchten. Nach ein wenig Bedenkzeit habe ich sie dann einfach mal angemailt und es war sozusagen "Liebe auf den ersten Ton".

Simon: Jakob wiederum kam ins Gespräch, weil ich mit ihm nebenher immer mal wieder an einem Folk-Projekt arbeite. Wir haben ihn dann einfach zwangsrekrutiert, so nach dem Motto: So, du spielst jetzt Bass und machst Doom!

Seid ihr Vollzeitmusiker oder läuft die Band nebenher als "Hobby"?

Simon: Die Band ist rein finanziell gesehen ein Hobby, von der Wichtigkeit her für uns aber deutlich mehr. Da fließt schon eine Menge Zeit, Geld und Herzblut rein.

Rob: Vollzeitmusiker ist etwas, was sich kaum noch rentiert. In Underground-Genres wie Doom-Metal sogar noch krasser als in den normalen Bereichen der Rockmusik. Nee, also wir arbeiten alle und versuchen dabei kreativen oder sozialen Tätigkeiten nachzugehen und möglichst nicht im Gleichschritt mit den Burn-Out-Anwärtern zu marschieren. Trotzdem lässt sich auch hier feststellen, dass das (Über)Leben zunehmend schwieriger wird, denn die aktuelle Politik setzt immer mehr auf Wirtschaftswachstum und Expansion und scheißt auf Kunst, Kultur und leider auch auf Soziales. Aber genug der Politik ...

Womit finanziert ihr euch bzw. welchen Berufen geht ihr denn nach? Und wäre es euer Wunsch, von der Musik leben zu können? Oder ist euch die Unabhängigkeit wichtiger, um ein gutes Feeling bei der Sache zu behalten?

Rob: Beruf und Berufung. Die Frage nach dem Beruf, den wir alle ausüben müssen, um das finanzieren zu können, was wir am liebsten machen wollen, möchten wir nicht beantworten. Letztendlich ist aber jedem von uns klar, dass wir vermutlich auf lange Sicht immer in irgendeiner Art und Weise draufzahlen werden müssen und es ist ok.

Martin: Von der Musik zu leben hat Vor- und Nachteile und ich bin für alles offen. Es wird sich zeigen, was die Zeit bringt.

Simon: Wie Rob und Martin schon angedeutet haben, ist das von der Musik leben können ein zweischneidiges Schwert. Abgesehen davon, dass ich dies in unserem relativ kleinen Genre sowieso für sehr schwierig halte, ist man unter Umständen zu Kompromissen gezwungen, wenn man darauf angewiesen ist, sich komplett durch seine Musik zu finanzieren. Ich würde die Frage daher für mich so beantworten: Ich wäre zufrieden, wenn man einen Status erreicht, bei dem sich die Band finanziell selbst trägt bzw. eventuell ein kleines Zubrot abwirft, ohne dass man dafür künstlerische Zugeständnisse machen muss.

Ihr seid bei Quality Steel Records, richtig? Habt ihr davor selbst verschiedene Labels angeschrieben oder kam man auf euch zu?

Simon: Beides. Wir haben selber Labels angeschrieben, QSR kamen aber auf uns zu.

Rob: Richtig und wir sind mehr als zufrieden mit der Entscheidung für QSR. Wir hatten noch ein paar Optionen zur Auswahl, uns war aber schon immer der persönliche Kontakt sehr wichtig. Dass Malte in Hamburg sitzt, hat uns die Entscheidung erheblich erleichtert.

Hattet ihr vor der ersten EP schon Recording-Erfahrung oder war es völliges Neuland für euch? Wie fühlt man sich als junge Band dabei?

Rob: Recording-Erfahrung konnten wir schon aus anderen Projekten vorweisen. Jeder von uns war schon vor "Icon" des Öfteren im Studio. In unserem Fall ist es nun so, dass ich die EP komplett selbst produziert habe (Recording, Mixing und Mastering), "Unlit" im eigenen Studio aufgenommen und gemischt habe. Das Mastering haben wir Tom Meyer von "Master&Servant" überlassen. Schließlich macht es in der Regel wenig Sinn eine Platte zu mastern, die man im Vorfeld selber gemischt hat.

Martin: Ich habe zwar für vorige Bands und Projekte schon mehrfach Aufnahmen gemacht, daher war die Erfahrung für mich nicht vollkommen neu. Aufnahmen sind aber mit jeder Band und für jedes Projekt anders.

Simon: Das sehe ich ähnlich. Mir persönlich macht das Aufnehmen meistens Spaß, auch wenn es oft anstrengend ist.

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Aktuell habt ihr nun das Debütalbum "Unlit" veröffentlicht. Wie ist dieses entstanden? Habt ihr alle an den Songs gearbeitet oder gibt es bei euch so was wie einen Bandkopf?

Rob: Songwriting 2.0 kommt da oft zum Tragen. Viele unsere Songs entstehen tatsächlich in der heimischen Kammer. 80% des derzeitigen Songmaterials gehen dabei auf meine Kappe. In der Regel küsst mich die Muse während ich übe und mit dem Vorteil über ein zusätzlichen Heimstudio verfügen zu können, bastle ich mit Midi-Drums aus den Skizzen oft ganze Songs. Ab dann kommt die gesamte Band zum Tragen, die den Songs durch individuelle Nuancen den Rest gibt.

Simon: Auch meine Songideen bringe ich meistens relativ fertig mit in den Proberaum. Es gibt allerdings auch Ausnahmen, wie z. B. 'Voidhaven', wo die Grundidee aus einer Proberaum-Jam entstand. Generell profitieren unsere Song-Arrangements meistens davon, dass am Ende noch mal die ganze Band Details hinzufügt. Falls wir uns mal nicht alle einig sind, hat Rob das letzte Wort, was auch gut für die stilistische Geschlossenheit ist.

Soweit ich das überblickt habe, kommt die Scheibe ziemlich gut an! Darüber freut ihr euch doch sicher, oder? Habt ihr diese positive Reaktion erwartet?

Martin: Erwartet nicht, aber erhofft. Natürlich wünscht sich jeder Musiker, dass das eigene Werk anderen gefällt. Letztendlich ist selbst der böseste Schwarzmetaller, der Tonträger veröffentlicht, ein Entertainer.

Rob: Ja, klar. Natürlich freuen wir uns sehr darüber. Das ist ja letztendlich die Quittung für monatelange Arbeit, die nicht immer angenehm ist. Dass die Reaktionen derart positiv ausfallen, überrascht mich aber schon. Danke dafür!

Lest ihr denn alle Reviews? Auch die negativen?

Martin: Ja, wieso nicht?

Simon: Ich lese auch alles, was ich finde. Es interessiert einen ja schon, was die Hörer denken.

Rob: Ich denke, dass die negativen Reviews sehr gut darüber Aufschluss geben, was beim nächsten Mal besser sein sollte/könnte/müsste. Hierbei muss man aber immer ein wenig die persönlichen Präferenzen des Autors abziehen. Es kam ja schon vor, dass Leute Rezensionen geschrieben haben, die von der Existenz des Genres Doom keinen Schimmer hatten. Das darf natürlich nicht passieren.

Nehmt ihr euch z. B. nicht so gute Besprechungen oder kritische Anmerkungen zu Herzen?

Martin: Klar, immerhin nehmen andere die eigene Arbeit immer anders wahr als man selbst. Vor allem, da der Konsument "nur" das Endresultat kennt und die Entwicklung, die ein Song vorher durchmacht, nicht.

Simon: Es kommt darauf an, welcher Art die Kritik ist. Wenn jemandem unser Stil, die Songs oder Texte nicht gefallen, dann ist das halt so. Man kann und sollte es eh nie allen Recht machen. Bei Kritikpunkten z. B. technischer oder handwerklicher Art überlegt man aber natürlich schon mal, ob da nicht vielleicht was dran ist bzw. wie man das verbessern könnte.

So im Rückblick: Seid ihr selbst komplett zufrieden mit dem Album? Oder gibt es schon etwas, das ihr hättet besser/anders machen können oder wollen?

Martin: Es gibt *immer* etwas, was man besser machen könnte, wollte und würde, und ich bin eigentlich nie zufrieden mit etwas, an dem ich gearbeitet habe. Glücklicherweise muss es irgendwann einen Punkt geben, an dem man sich mit dem, was man hat, zufriedenstellen muss, um ein Ziel zu erreichen.

Rob: Ganz genau. Als Bandmitglied ist man leider immer sehr kritisch eingestellt. Für mich steht zumindest die Entscheidung fest, dass das nächste Album zwar unter meiner Leitung produziert werden soll, aber in einem neutralen Studio mit dem Dazutun eines neutralen Toningenieurs.

Welcher Song auf dem Album gefällt Dir/Euch am besten und warum?

Simon: Wenn ich mich unbedingt entscheiden müsste, würde ich den Titeltrack 'Unlit' nennen, weil ich finde, dass er in einem Song gut unser gesamtes Spektrum zeigt.

Martin: Der ist ja auch von Dir. Ich mag 'Words Of Perdition', ich steh auf diesen Bombast-Kram am Ende.

Rob: Oh, das variiert sehr stark. Ich favorisiere auch 'Words Of Perdition' aber in stetiger Abwechslung mit 'Voidhaven'. Letzterer Titel hat unheimlich viel Energie, das imponiert mir.

Gibt es anders herum auch ein Stück, dass ihr im Nachhinein weniger gut gelungen findet?

Martin: Nein, die Songs sind alle gut und das Beste, was wir zu dem Zeitpunkt aus uns herausholen konnten. An 'Accusations' habe ich mich inzwischen überhört, das liegt aber einzig und allein daran, dass dieser Song der älteste auf der Platte ist und wir ihn am längsten spielen.

Simon: Ich finde auch alle Songs gut und denke, dass die Platte als Ganzes gut funktioniert, weil sie sehr abwechslungsreich ist. Im Gegensatz zu den anderen beiden mag ich 'Words Of Perdition' allerdings am wenigsten.

Haben die Texte eine Art "roten Faden" oder gar ein Konzept? Wie entstehen überhaupt eure Lyrics?

Rob: Obwohl Konzeptalben ja an sich totgeredet werden, finde ich einen roten Faden oder einen Grat wichtig. Trotzdem erscheint "Unlit" im Gegensatz zu "Icon" etwas unzusammenhängender. Das liegt aber auch ein wenig daran, dass wir bei "Icon" die sakrale Schiene schon sehr vordergründig behandelt haben. "Unlit" umfasst dazu auch noch zwei Songs, die von Simon geschrieben wurden. Diese lockern das Ganze sehr gut auf. Die Lyrics zu den Songs entstehen bei mir meist beim Autofahren. Deswegen habe ich mir angewöhnt einen Block und einen Stift im Auto zu haben. So passiert es dann, dass die ein oder andere Autofahrt auf einem Autobahnparkplatz eine längere Pause erfährt.

Simon: Ich habe oft spontan Ideen für Zwei- oder Vierzeiler, die ich dann auf die Schnelle irgendwo festhalte. Für die komplette Ausarbeitung eines Textes muss ich mich dann aber meistens in Ruhe hinsetzen und es kann auch schon mal gut dauern, bis ich zufrieden bin.

Welche Bedeutung steckt eigentlich hinter dem Titel "Unlit"?

Rob: "Unlit" steht für mich für all das Erloschene in uns, aber auch für das, was noch nicht in uns entfacht worden ist. Es ist also eine Symbiose aus dem, was in uns tot ist und dem, was noch geboren werden wird. Mit Mitte 30 kann man schon mal eine kleine Retrospektive wagen, ohne direkt von einer Midlife-Crisis reden zu müssen, oder?

Simon: Ich mag den Titel sehr, weil ich finde, dass er viel Interpretationsspielraum bietet. Neben den von Rob genannten Dingen, kann man "Unlit" zum Beispiel noch als metaphorischen Zustand sehen. Etwa für jemanden, der für etwas lichterloh brennen möchte, dies aber aus verschiedenen Gründen nicht kann und daran innerlich verglüht. All diese Aspekte werden auch durch die Person auf dem Cover veranschaulicht.

Sind noch Live- oder Touraktivitäten geplant, um die neue Scheibe zu promoten?

Rob: Klar. Das ist ja der eigentliche Grund für alle Mühen. Live-Aktivitäten sind das, was diese Band letztendlich anstrebt. Wie auch schon im Vorfeld gesagt, ist uns persönlicher Kontakt sehr wichtig. Sobald etwas ansteht, könnt ihr es auf unserer Facebook-Seite erfahren.

Und wie sehen die Zukunftspläne bei CRIMSON SWAN aus? Arbeitet ihr evtl. schon an neuen Songs für einen weiteren Longplayer?

Rob: Wir wollen jetzt erst mal ausgiebig unsere Platte promoten. Nebenbei sammeln sich aber wieder kleinere Ideen, die vielleicht mal ihren Weg auf eine CD oder LP finden werden.

Bei uns haben/hat der/die Musiker das letzte Wort. Was wollte(s)t Du/ihr schon immer mal loswerden... ?

Rob: An sich möchten wir uns bei allen bedanken, die unsere CDs und Shirts kaufen, die unsere Konzerte besuchen und uns in allen erdenklichen Weisen unterstützen. Des Weiteren bedanken wir uns auch bei euch für die Gelegenheit ein so nettes Interview zu führen und das Interesse an uns.

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