Interview mit Florian und Björn von Twilight Prophecies

Ein Interview von Souleraser vom 06.08.2003 (4392 mal gelesen)
"Live Attack", der Erstling der Waberner Knüppelcombo "Twilight Prophecies", machte bei mir ordentlich Lust auf mehr. Warum es noch nicht mehr davon gibt und einiges mehr habe ich Björn und Florian einfach mal gefragt...

Hallo erstmal! Für den Anfang möchte ich anmerken, dass ich von "Live Attack" nicht wenig angetan bin. Für ein nicht professionell produziertes Live Album macht das Teil ungeheuer Laune. Kann ich euch zuerst mal um eine Vorstellung der Band bitten? Wer gehört dazu, woher kennt ihr euch usw.?

Florian: Die Band besteht nach einigen Umbesetzungen und auch einer Namensänderung nun aus Florian (vocals/guitar), Björn (guitar), Marco (bass) und Jan (drums). Björn und ich haben uns in unserer Jugendstammkneipe kennen gelernt und Gründeten 1998 eine Band namens IRON CROW. Die beiden anderen Gründer Patrick und Pierre sind mittlerweile nicht mehr dabei, deshalb haben wir uns auch im Jahr 2002 in TWILIGHT PROPHECIES umbenannt. Während diese Umbesetzungsphase kamen dann auch die beiden Brüder Marco und Jan dazu, welche wir ebenfalls in unserer damaligen Stammkneipe kennen lernten.

Welchen gemeinsamen Nenner habt ihr, was Musik angeht? Was sind eure Einflüsse?

Florian: Unsere Haupteinflüsse sind definitiv im Bereich Doom-, Death- und Blackmetal zu finden. Wir hören zwar nicht nur diese 3 Richtungen des Metals aber sie haben es uns wahrscheinlich am meisten angetan.

Björn: Ja, aber im Grunde hat jeder aus der Band auch seine eigenen Einflüsse die teilweise, wie bei mir, nicht im Metal liegen aber ich glaub die kleinsten gemeinsamen Nenner die wir alle haben sind Immortal, Amon Amarth, Nile und Hypocrisy.

Wann kam der Entschluss, eine Band zu gründen - und woher?

Florian: Ohoh wenn ich das erzähle dann glaubt mir das kaum jemand. Die ersten Gedanken eine Metalband zu Gründen kamen 1996 mir zusammen mit Pierre und Patrick. Im zarten alter von 16 Jahren wollten wir unbedingt so größen wie IRON MAIDEN, METALLICA, etc. nacheifern. Die erste wirkliche Bandgründung war dann am Neujahrstag 1998, wir hörten '2 minutes to midnight' von IRON MAIDEN, und schlag Mitternacht gründeten Patrick, Pierre, Björn und ich IRON CROW. Ende 1998 kauften sich Björn und ich eine Gitarre und versuchten irgendwelche Töne dieser zu entlocken, für die Nachbarn war das sicherlich sehr schlimm. Nun dann ging alles seinen Weg und im Jahr 2000 hatten wir dann auch unseren ersten Auftritt, er war eher schlecht als recht und die Leute waren im Grunde auch nur deshalb da weil ich Geburtstag feierte. Und dann kam es zu den oben angesprochenen Umbesetzungen und nun sind wir TWILIGHT PROPHECIES.

Björn: Im Grunde hatte ich die Idee dank dem Alkohol an dem Abend auch schon wieder vergessen bis dann eines Tages Florian bei mir vor der Tür stand und meinte: 'So wir fahren jetzt Klampfen kaufen'. Aber mit ein wenig Unterricht und viel learning by doing haben wir uns immer weiter entwickelt bis zu dem Punkt an dem wir heute sind.

Was hat es mit dem Bandnamen auf sich?

Florian: Eigentlich wollten wir mit IRON CROW gerade ein DEMO aufnehmen welches so heißen sollte, dann kam allerdings der Split und Björn meinte das es auch ein guter Bandname wäre. So war er geboren und er passt auch sehr gut zu uns, da die Musik und die Texte oft sehr zwielichtig sind.

Björn: Stimmt, auf den Namen für das Demo ist damals unser Schlagzeuger Jan gekommen weil er ziemlich oft gut klingende Namen auf Lager hat. Und als damals die Umbenennung kam hab ich gemeint warum nicht TWILIGHT PROPHECIES weil das irgendwie zu uns passte und schön griffig klang.

Eure CD, "Live Attack", ist zeitgleich euer erster Release. Warum veröffentlicht eine junge Band ein Live-Album als Erstlingswerk?

Florian: Das ist ganz einfach, wir wollten eine Visitenkarte von uns haben und da wir über keinerlei geldliche Mittel verfügten haben wir die Liveaufnahme genommen. Wir hatten dadurch nur kosten für Booklet und Rohling dadurch erklärt sich auch der Hammerpreis von 3,00 EUR zzgl. Versand etc. Uns war schon klar das wir damit auch einige harte Kritiken hinnehmen mussten (Sound und Songs sind keineswegs einwandfrei) aber wenn du ein DEMO aufnehmen willst musst du erst mal Geld vorstrecken, das war uns nicht möglich.

Björn: Man sollte sie auch mehr als kleinen Appetitanreger sehen der Lust auf mehr machen soll und das wir halt mal was in der Hand haben wenn jemand wegen Konzerten usw. anfragt. Natürlich stellt sie auch ein kleines Risiko wegen dem Sound da und weil wir uns inzwischen weiterentwickelt haben, da ein teil der Lieder noch aus der Zeit von IRON CROW stammen und sich von unseren neuen Liedern gewaltig abheben.

Was kannst Du denjenigen, die es nicht kennen, über dieses Woodstock-Festival erzählen?

Florian: Das Woodstock Open Air ist in einem kleinen Dorf ca. 30 km. von Bad Hersfeld entfernt, es wurde vor etlichen Jahren ins Leben gerufen und ist immer gut besucht. Dieses 2 Tage Festival teilt sich auf in: Freitag Metal etc. und Samstag Rock, Blues etc. Die Atmosphäre ist sehr genial weil man sich wirklich ein wenig versetzt fühlt in die Zeit des eigentlichen Woodstock Festivals. Es regnet fast jedes Jahr und die Stimmung ist sehr angenehm.

Björn: Nun ja das Woodstock ist ein Festival auf dem Bands aus allen Bereichen des Gitarrensektors spielen. Vor allem die Mischung von unterschiedlichen Stilen auf einem Festival finde ich sehr interessant. Und selbst wenn einem mal die Band nicht gefallen sollte sind noch genug Leute da um mit ihnen Party zu machen.

Irgendwie kommt auf der CD kaum etwas von den Publikumsreaktionen rüber. Gab es keine oder gingen die schlicht bei der Aufnahme verloren?

Florian: Also es waren nach meiner Schätzung ca. 150 bis 200 Leute vor der Bühne, wir standen auf der Bühne mit wirklich wackligen Beinen und zitternden Händen. Es war unser 2. Konzert und das Nachts um 24UHR, so in eigentlicher Headlinerposition. Die Reaktionen waren dementsprechend überwältigend, ich hatte nicht mit so viel Zuspruch gerechnet, dieser ging leider verloren, da wir kein Raummikrofon hatten.

Björn: War halt auch schwer da wir zusammen mit Celebrate Hate die einzigen Metalbands an dem Tag waren und das Metalpublikum etwas gering vertreten war aber dann haben doch noch einige Leute Party gemacht nur leider ist das halt nicht richtig rübergekommen auf der Aufnahme. Ist nicht einfach zwischen einer Ska- und einer Alternativeband zuspielen *g*.

Wer ist bei euch für die Texte verantwortlich - und woher kommt die Inspiration dafür?

Florian: Also Texte schreiben Björn, Jan und ich, oft auch zusammen. Inspirationen dafür sind Dinge die uns Bewegen, uns ankotzen oder die wir einfach los werden müssen. Ich kann ja mal einige Songs erklären, was sie bedeuten. 'Between the spheres' handelt z.B. vom zerstörten Verhältniss zwischen mir und meinem Vater, 'The highest art' handelt von der selbstzerrstörerischen Art von uns Menschen, 'No Mercy' von dem täglichen Scheiß der uns mittels Medien wie TV, Radio etc. angetan wird und 'Three and a half' handelt von den blutigen aber sinnlosen Handlungen des Krieges, gerade im Bezug auf religiöse Kriege.

Wie kam der Kontakt zu den Veranstaltern des "Ohrenbluten"-Festivals zustande?

Björn: Das war reiner Zufall da ich Alex vom Ohrenbluten auf einer Metalveranstaltung hier in der Gegend kennen gelernt habe. Hatte halt im laufe des Abends mitbekommen das er in einer Band singt und wollte ihn nur wegen einem Linktausch fragen. Und da ist dann der Opener für das Ohrenbluten draus geworden.

Gibt's eine Live-Erfahrung, auf die ihr im Nachhinein lieber verzichten würdet?

Florian: Eigentlich nein, weil man jeden Auftritt braucht um etwas dazu zu lernen. Man sollte auch jeden Auftritt so erst nehmen als ginge es um alles. Es ist schlicht weg schlecht wenn man auf die Bühne geht und den zahlenden Gästen nichts bietet. Klar gab es Konzerte wo wir vor 3 zahlenden gespielt haben, aber auch die haben volle Leistung verdient.

Björn: Genau, wir sehen eigentlich jeden Auftritt als gleichwichtig an und man kann immer was lernen und wenn es nur einem einzigen gefällt hat man schon viel erreicht. Klar ist es deprimierend vor ein paar Leuten zu spielen aber so was gehört auch dazu und hilft einem auf dem Teppich zu bleiben.

Angenommen ihr würdet von heute auf morgen Studiozeit bekommen und ein Album aufnehmen müssen: Habt ihr noch mehr fertige Songs in der Hinterhand?

Florian: Ja, wir denken sogar daran so schnell wie möglich ein Album rauszubringen, ne Mini-CD mit 5 Songs oder so, aber da kommen wir wieder zum leidigen Thema Geld. Wir sind alles Studenten bzw. Arbeitslos, wir können uns es einfach momentan nicht leisten was aufzunehmen, reich wird man mit der Art von Musik die wir machen nicht, nein man legt eher drauf, immer.

Björn: Stimmt, genug neue Lieder hätten wir schon und es wäre interessant mal im studio aufzunehmen aber das liebe Geld fehlt

Prinzipienfrage: Haare abschneiden für einen Job?

Florian: Schwere Frage, eigentlich nein, ich studiere Informatik und habe den Traum das ich meine Haare auch im Job später behalten kann, ich hoffe das klappt.

Björn: Selbst als ich noch als Dreher gearbeitet habe gab es damit keine Probleme und da ich demnächst anfange zu studieren sind die Haare erst mal sicher. Kommt aber auch meiner Meinung nach drauf an wie sie aussehen, weil wenn sie gepflegt sind dürften sie auch bei Kundenarbeit kein Problem sein. Der einzige Grund wäre das ich von meiner Matte die Schnauze volle habe.

Noch eine Prinzipienfrage: Gibt's Dinge, die eurer Meinung nach im Metal nichts verloren haben? Politik? Soziale Themen?

Florian: Radikalismus jeglicher Art, das ist in meinen Augen nicht die Message die der Metal rüberbringen will. Kritische Sachen machen wir selber, aber wir tun dabei keinem weh und das ist das wichtigste.

Björn: Ich bin mit so Bands wie Sepultura und Sacred Reich aufgewachsen da mich meine Schwester damit schon früh beschallt hat und solange es nicht zur Zeigefingermentalität bzw. ich schreib dir jetzt vor was du denken musst kommt, ist es in Ordnung. Nur Politik hat im Metal nichts zu suchen.

Es gibt ja nicht wenige Nachwuchsbands im Düster- und Extremsektor des Metal. Warum hat ausgerechnet "Twilight Prophecies" es verdient, dass die Fans ihre sauerverdienten Kröten investieren?

Florian: Es gibt tatsächlich viele Bands da draußen die es verdient haben, und warum gerade wir ist eine gute Frage. Wir machen keinen Einheitsbrei, wir versuchen zwischen allen Bands die wir mögen eine Schnittmenge zu bilden, viele verschiedenste Elemente einbringen und dies dann spielen. Das ist unser Ziel und deshalb denke ich ist das was wir machen interessant und gut.

Björn: Wir versuchen halt unser eigenes Ding durchzuziehen aber in Zeiten in denen man mit neuen CD's regelrecht zugebombt wird ist die frage durchaus berechtigt. Es gehen so viele gute Bands inzwischen in dieser CD - Flut unter oder werden ignoriert weil man lieber das Geld für Bands ausgibt die man kennt. Naja und die Preise für Tonträger gehen ja auch nicht grade in den Keller. Wir versuchen das beste abzuliefern wozu wir in der Lage sind und ich denke das ist auch nicht das verkehrteste.

Okay, das war's von meiner Seite. Gibt's irgendwas, was ihr unsern Lesern mitteilen wollt?

Florian: Erst einmal danke für das Interview. Wir bedanken uns auch bei allen Fans, Bands etc. die und jemals unterstützt haben, schaut mal vorbei wenn wir Live spielen (23.10 in Kassel ist der nächste Gig), da gibt's dann die CD auch immer für 3,00 EUR weil der Versand entfällt.

Björn: Habt Spaß geht auf Konzerte und feiert ... und vor allem SUPPORT THE UNDERGROUND.

Ich danke für eure Zeit und das Interview und wünsche euch alles Gute für euren Weg. Ich hoffe mal, wir sehen uns am 23.10. in Kassel!

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