Interview mit Jens Ryden von Profundi

Ein Interview von Opa Steve vom 03.02.2007 (5263 mal gelesen)
Wir sprachen mit dem Solo-Musiker Jens Ryden, der unter dem Namen PROFUNDI ein bemerkenswertes Black Metal Album "The Omega Rising" herausgebracht hat.

  Hi Jens, gratuliere zum hervorragenden Album "The Omega Rising", welches 9/10 Punkten erhielt - das ist in unserem Mag recht selten für ein pures Black Metal Album. Wie waren so die anderen Reaktionen?

Jens Ryden:   Ja, vielen Dank. Selbstverständlich freue ich mich über jedes gute Wort über das Album, aber ich möchte auch klarstellen, dass Reviews für mich nicht so wichtig sind. Weißt du, ich schreibe die Musik, weil es die ist, die ich selbst hören möchte. Genau das sind die Songs, die ich hören möchte. Ich bin überzeugt davon, dass dies der einzig ursprüngliche Weg ist, Musik zu schreiben. Wenn eine Band anfängt, auf Wünsche, Meinungen oder Feedback von Reviews zu hören, Plattenfirmen oder gar Fans, geht meiner Meinung nach die Seele und der Zusammenhalt der Band verloren. Du musst die Musik für dich schreiben, und nicht für andere. Für mich ist ein positives Review ein Zeichen, dass ich mit meinem Musikgeschmack nicht alleine dastehe, und ein negatives ist lediglich der Beweis, dass Geschmäcker unterschiedlich sind. Sicher, wenn ein Album nur schlechte Kritiken erhält, ist wahrscheinlich etwas dran, dass die Performance oder das Songwriting verbessert werden müsste... Aber im Allgemeinen ist ein Review nur die Meinung einer Person und abhängig davon, ob ein Album dem richtigen oder falschen Rezensenten vorgelegt wird. Aber um die Frage zu beantworten: ja, die meisten Reviews waren sehr gut, aber ich hab auch einen Haufen schlechter gelesen. So alles in allem also eine völlig normale Situation.

  Bitte stell dich unseren Lesern mal vor - wer ist die private Person hinter PROFUNDI, bekannt als Jens Ryden?

Jens Ryden:   Ich denke mein Privatleben ist unspektakulär.... aber das ist vielleicht der Sinn dieser Frage - hinter das "Image" von PROFUNDI zu blicken. Also, ich bin 30 Jahre alt, fange langsam an, ein verdammter alter Bastard zu werden, und lebe mit meiner Freundin in Tyresö am Rand von Stockholm. Über die Woche bin ich Art Directory im Magazin FHM (ich glaube, davon gibt es auch eine deutsche Ausgabe). Meine Zeit geht komplett für Musik und Grafikdesign drauf. Mit PROFUNDI bin ich in der glücklichen Lage, beides zu vereinen.

  Nach den persönlichen Details nun zum Musiker Jens Ryden. Du bist eine Ein-Mann-Show: es geht hier um deine Kompositionen, deine Gitarren, deine Keyboards, deine Drums, deine Vocals. Und alles verdammt gut. Du hast also wirklich keinerlei Hilfe bei den Aufnahmen gebraucht?

Jens Ryden:   Nein, ich hab alles selbst gemacht. Ich hatte schon einmal ein Solo-Album unter dem Namen DEAD SILENT SLUMBER vor paar Jahren gemacht, welches ähnlich erstellt wurde... und das hat mich sehr inspiriert. Aber mich hat es geärgert, dass ich einige Parts nicht besonders gut hinbekam. Als ich dann mit der Arbeit für PROFUNDI begann, wollte ich mein Niveau ein paar Stufen steigern, und während alles voranging, hab ich die Messlatte immer höher gelegt. Irgendwann dachte ich "Hey, pobier doch auch noch XXXXXX (wasauchimmer) aus.". Oft geht es nur darum, einen Weg zu finden, der deinen Fähigkeiten gerecht wird. Nimm z.B. die Drums. Ich kann sie nicht spielen, und vermutlich werde ich das auch nie.... aber ich wollte intensives Drumming auf der Scheibe. Also habe ich einen Weg gesucht, Drums so zu programmieren und produzieren, dass es wirklich gut klingt. Also erlernte ich die Techniken, die zum gewünschten Resultat führten....

  .... verdammt, ich dachte, dass ich ein sehr geschultes Ohr für programmierte Drums hätte. Aber du hast mich reingelegt.

Jens Ryden:   Und da ich mich für Recording interessiere, habe ich mir ein komplettes Studio eingerichtet. Das Meiste kann man dort allein erledigen.

  Du gehst noch ein paar Schritte weiter als andere Solo-Projekte: ich gehe davon aus, dass du das Album selbst produziert hast, und du macht das komplette Artwork. Sogar einen Postscript-Font namens "Profundi" stellst du zum Download bereit. Ich muss dich fragen: wieviel verdammte Zeit hast du für dein Projekt?

Jens Ryden:   Ich möchte die Frage lieber anders formulieren: Wie viel Zeit bist du bereit zu investieren, um deine Visionen und Ziele zu verwirklichen? Klar, ich hab unzählige Stunden damit verbracht, aber davon war's jede einzelne Sekunde wert. Ich hatte schon in der Vergangenheit Alben veröffentlicht, aber ich kam zum Punkt, wo es nichts Besonderes mehr war. Es ist uninteressant, zweimal die gleiche Straße entlangzulaufen. In PROFUNDI möchte ich mich neu erfinden, um meine Ziele zu erreichen, und um dem Ganzen mehr Seele einzuhauchen. Und einen Schritt weiterzugehen. Alben zu veröffentlichen ist heute nichts Aufregendes. Aber die komplette Eigenverantwortung war etwas Spannendes für mich. Natürlich ist es extrem, sogar noch einen Zeichensatz zu erschaffen, aber ich habe etwas Vergleichbares in der Metalszene bisher nicht finden können. Während der Produktion des Albums studierte ich Grafikdesign und lernte eine Menge über Typografie, und da ich keinen geeigneten Zeichensatz finden konnte, dachte ich "Warum machst du dir nicht deinen selbst?". Somit hatte ich etwas Training für mein Studium, und einen geilen Zeichensatz für das Album-Design. Natürlich hätte ich's mir auch leichter machen können, das hätte schon ein paar Stunden gespart.

  Es muss ein paar Dinge geben, die du nicht selbst machen kannst. Nenn mir bitte 3 davon, und sei bitte ehrlich....

Jens Ryden:   1. Die Plattenfirma. Dass ich das nicht selbst machen kann, wurmt mich am Meisten. Aber dafür reicht meine Zeit einfach nicht mehr. Aber vielleicht später mal. 2. Das Musikvideo. Obwohl ich für PROFUNDI wohl nie eins machen werde... aber darin kenne ich mich wirklich nicht gut aus. Ich hätte ein paar Grundlagen und die visuellen Ideen. Aber die Produktion ist einfach zu komplex für mich. 3. 3D-Design. Da ich mich für Grafikdesign entschieden habe, habe ich leider kaum Übung in wirklicher 3D-Technologie, auch wenn ich es gern könnte.

  Du hattest sicher eine musikalische Vergangenheit in anderen Bands. Welche Instrumente spieltest du dort, und was waren die Gründe, die Bandgeschichten hinter dir zu lassen: musikalische oder persönliche?

Jens Ryden:   Vorher war ich vor allem Sänger mit bisschen Gitarre. Als ich mit dem Studium anfing, zog ich in eine andere Gegend in Schweden und verließ die Band. Danach stellte ich fest, dass dies die richtige Entscheidung war, weil mir klar wurde, dass meine Ziele woanders liegen. Viele Dinge, die ich in einer Band einfach nicht verwirklichen konnte. Und das war die Geburtsstunde von PROFUNDI.

  Bist du mit dem Ergebnis auf "Omega...." glücklich? Und bist du im Nachhinein ein bisschen ausgebrannt, oder brennt es schon wieder unter den Nägeln, neue Ideen zu verwirklichen?

Jens Ryden:   Ja, ich bin sehr glücklich mit dem Ergebnis. Vor allem wegen all den Mühen und der Zeit, die für jedes einzelne Detail draufging. Bei allen bisherigen Alben mit meiner Mitwirkung war ich anschließend nie ganz zufrieden. Weißt du, halt kleine oder große Details, die man hätte besser machen können. Aber dieses Mal nahm ich mir so viel Zeit, die ich brauchte. Daher war ich in der Lage, alle kleinen Probleme zu lokalisieren und zu beheben. Selbst nach 100 Durchläufen habe ich keine Sekunde mehr gefunden, mit der ich nicht zufrieden wäre. Das ist meine beste Aufnahme und mein bestes Material, vermute ich mal. Ja, ich hab schon ein paar neue Ideen. Und obwohl es mir unter den Nägeln brennt, diese umzusetzen, bin ich mit "Omega..." noch nicht ganz fertig. Ich habe noch Interviews zu erledigen, etwas Artwork, und muss mich noch um paar Lizenzen kümmern. Nach all dem muss ich diesem Album eben die volle Aufmerksamkeit widmen, die es benötigt.

  Denkst du über die Möglichkeit nach, "Omega...." auch live mit Gastmusikern zu präsentieren - oder magst du keine Livegigs?

Jens Ryden:   Ich habe keine Pläne, PROFUNDI auf die Bühne zu bringen. Da schreibe ich lieber neues Material. Ich hatte in der Vergangenheit ein paar grandiose Liveshows, und es reizt mich einfach heute nicht mehr so. Ich möchte mich lieber weiter PROFUNDI widmen.

  Das Album ist sehr extrem, und gestatte mir die Beschreibung als "MARDUK mit starken klassischen Einflüssen", denn du nutzt sehr melodische Elemente, die es bei MARDUK nicht gäbe. Ist es für dich wichtig, Black Metal nicht nur aggressiv, sondern auch mit großer musikalischer Vielfalt umzusetzen?

Jens Ryden:   Das ist meine Vision, wie extremer Metal klingen sollte. Ich vergleiche mich nicht mit anderen Künstlern, aber es gibt sicherlich Parallellen ... und Unterschiede. Meine Songs müssen intensiv sein, und in der Tat finde ich Abwechselung sehr wichtig. Langsame Parts lassen die schnellen intensiver klingen, und andersherum macht der schnelle Kram die langsamen Parts mächtiger. Harmonien machen das dissonante Riffing fieser, und so weiter. Ich habe hart daran gearbeitet, jeden Übergang ausgearbeitet, jedes Break verbessert, und jeden schwachen Moment ersetzt. Bis ich das Gefühl hatte, dass ein Song komplett ist. Ich verstehe die Leute nicht, die sich mit "klingt gut genug" oder "das müsste reichen" zufriedengeben. Das sind nur Entschuldigungen für Faulheit und Unlust.

  Wer sind deine musikalischen Einflüsse?

Jens Ryden:   Niemand im Speziellen ... zumindest niemand aus dem Metal Business. Meine Inspirationen hole ich mir aus allen möglichen Musikstilen, Details, die man für extremen Metal passend ausgestalten kann. Das kann Filmmusik sein, Orchester, oder elektronische Musik. Der Stil ist eigentlich egal - wichtig sind gute Ideen, und dass man sie in andere Stile transferieren kann.

  Steht eine typische Black Metal Ideologie hinter PROFUNDI, z.B. Satanismus, oder bist du lediglich von einer musikalischen Vision angetrieben?

Jens Ryden:   Ich bezeichne mich als Musiker. Sicher, es gibt ein paar ideologische oder religiöse Standpunkte, die Teil von Profundi sind. Aber wenn ich die Meinung von Leuten beeinflussen wollte, wäre ich besser Politiker geworden, als Alben zu veröffentlichen, dessen Lyrics ohnehin nur die wenigsten hören. Ich teile viele der traditionellen Black Metal Gedanken und Standpunkte, und ich halte es für unnötig, Dinge zu wiederholen, die hundertemale schon gesagt worden sind. Also konzentriere ich mich auf die Musik, und die ist für PROFUNDI wichtig.

  Bitte vollende folgenden Satz: "PROFUNDI steht für..."

Jens Ryden:   .... einen ungekünstelten Zusammenprall von Intensität und Wut.

  Vielen Dank für das Interview!

Jens Ryden:   Danke. Dass du dir Zeit für PROFUNDI und die Szene genommen hast wird nicht vergessen werden.

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten