Interview mit Chris von Autopsy

Ein Interview von Eddieson vom 19.03.2014 (10772 mal gelesen)
AUTOPSY stehen mit ihrem neuen Album "Tourniquets, Hacksaws And Graves", welches am 21. April erscheinen soll, in den Startlöchern. Grund genug mal bei Bandchef Chris Reifert nachzuhorchen, was man von dem neuen Album erwarten kann. Dieser erzählte natürlich von der neuen Saat, außerdem dass ausreichend Bier und Whiskey im Studio geflossen sind, was er von DEATH (TO ALL) hält und noch einiges mehr.

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Hi Chris! Wie geht es dir? Was gibt es Neues bei AUTOPSY?

Chris: Hi Eddieson! Hier läuft grad 'ne IRON MAIDEN Platte und ich trinke einen heißen Kaffee. Also, alles bestens. An Neuigkeiten gibt es natürlich die neue Aussaat von AUTOPSY. "Tourniquets, Hacksaws And Graves". Holt es euch, lasst es ein paar Mal laufen und seht zu, wie euer Leben in eine gegorene, geronnene Masse Blut und Genitalien verwandelt wird. Unghh!!!

Du bist ja schon seit Jahren im Musik-Geschäft tätig. Ist es immer noch aufregend für dich wenn ein neues Album von euch auf den Markt kommt?

Chris: Ja, ja und JA! Wir sind wie Fans von unserer eigenen Band. Also, ist es spannend auf das Paket zu warten, welches von Satans Klaue verschickt wurde, und die Kopien des Albums in den Händen zu halten. Gibt es einen schöneren Geruch als den eines frisch geöffneten Albums? Ahhhh, die Tinte und der Geruch des Papiers ist doch wohl berauschend, oder? Außerdem können wir die rottige Ernte unserer Arbeit genießen ohne Angst zu haben noch irgendwelche Fehler zu machen. Oh yeah!

Das ist das 3. Album in 3 Jahren. Okay, "All Tomorrow Funerals" ist eine Compilation mit 4 neuen Songs. Es scheint, als steckt in AUTOPSY grad eine Menge Energie?

Chris: Hey, wenn wir musikalisch auf grauenhafte Weise etwas zu sagen haben, dann tun wir das verdammt noch mal auch. Sonst würden die ganzen schönen Riffs irgendwo ungehört in der Atmosphäre verschwinden, und das wäre doch furchtbar. Wenn wir also etwas verschmutzen sollten, dann doch wohl unsere und eure Gehörgänge, oder? imgright

Lass uns über das neue Album sprechen. "Tourniquets, Hacksaws And Graves", der Titel spricht ja Bände. Die Fans können also wieder 'ne Menge Gore- und Splatter-Lyrics erwarten? Wodurch lässt du dich bei den Texten inspirieren? Filme und Bücher?

Chris: Wie gewöhnlich aus der Politik, persönlichen Beziehungen und natürlich aus der Religion. Es ist wie ein innerer Zwang. So als ob der Rasen im Vorgarten unbedingt grüner werden soll, als der des Nachbarn. Verstehst du? Okay, vielleicht stimmt das auch nicht und es ist halt ein absolut schmutziges Fest, wie all die anderen Alben. Ich denke, das ist es eher. Hier passiert nichts Schönes, oder hättet ihr es gerne anders?

Ich habe das Album jetzt schon ein paar Mal gehört und denke es ist ein wahres Massaker und eine konsequente Weiterführung von "The Headless Ritual". Zermalmende und schädelspaltende Riffs, plus deine durchdringende Stimme. Wie würdest du das Album beschreiben?

Chris: Brauche ich doch nicht, du hast es ja schon sehr treffend formuliert [lacht]! Super! Aber ja, du hast absolut recht. Das Album ist wirklich wie ein siamesischer Zwilling von "The Headless Ritual". Ich wage mal die Behauptung, dass jeder, der ein echter AUTOPSY-Fan ist, auf dem Album alles finden wird, was er hofft zu finden, plus ein paar Überraschungen. Es ist heavy, es ist vernichtend, es ist schnell, es ist langsam, es ist bizarr, es ist dunkel, es ist hässlich und Fans von einem computertechnischen Sound werden es sicherlich hassen. Und so soll es auch sein. Wir sind kein "Geschmack des Monats".

Bezüglich des Songwritings: Ist das Album allein aus deiner Hand entstanden oder war es eine Zusammenarbeit der kompletten Band?

Chris: Wir waren alle daran beteiligt. Normalerweise schreiben Eric und ich den größten Teil eines Albums, aber jede Idee ist natürlich willkommen und Danny und Joe haben ein paar großartige Sachen dazu beigetragen. Es zählt eigentlich nur, das Album zu einem möglichst fiesen Biest werden zu lassen.

Auch die neuen Songs haben einen hohen Doom-Anteil. Dadurch werden die Songs definitiv noch heavier. Haben Bands, wie SAINT VITUS, TROUBLE, PENTAGRAM immer noch einen großen Einfluss auf AUTOPSY oder hat keine Band mehr Einfluss auf euch?

Chris: Wir haben natürlich wieder 'ne Menge Doom einfließen lassen. Damit meine ich aber nicht den einen Akkord, der dann 15 Minuten läuft. Wir nehmen Riffs, die dir unter die Haut gehen. Eben wie bei den Bands, die du genannt hast. Die begannen alle als Instrumental-Band, wie viele andere damals auch, und das half uns quasi einen Entwurf für AUTOPSY zu erschaffen. Aber zu diesem Zeitpunkt haben eigentlich keine Bands mehr Einfluss auf AUTOPSY. Nach all den Jahren im Metal-Business ist das alles so ins Blut übergegangen.

Wie war die Recording-Session? Ist alles gut gelaufen oder wurden die Aufnahmen von viel Bier und Whiskey beeinflusst?

Chris: Meinst du das geht nicht zusammen? Das klingt ja so, als wäre es etwas Schlechtes im Studio zu trinken [lacht]. Wie auch immer, die Aufnahmen liefen super, auch wenn es 'ne Menge Bier und Whiskey gab. Wir sind halt wie wir sind, wir wollen uns nicht verstellen, wir wollen auch nicht so perfektionistisch sein, dass wir keinen Spaß mehr haben können. Uns ist es wichtig am Ende ein Resultat zu haben, mit dem wir zufrieden sind. Sicherlich werden einige Dinge mit der Zeit etwas verschwommen gesehen, aber es ist dennoch Rock 'n' Roll und man sollte es verdammt noch mal genießen.

Mein Favorit auf "Tourniquets, Hacksaws And Graves" ist ja der Titeltrack. Hast du auch einen persönlichen Favoriten auf dem Album?

Chris: Für mich ist es ein einziger bestialischer Song. Vom Anfang bis zum Ende. Es wäre ja sonst irgendwie, als ob man sich sein Lieblings-Kind oder sein Lieblings-Körperglied aussuchen müsste. Jeder einzelne Song lässt gruselige Dinge in meinem Hirn entstehen und davon bin ich begeistert. Es gibt viele kleine Einflussfaktoren in jedem Song. Holt also euer Mikroskop raus und lasst uns wissen, was wir richtig oder falsch gemacht haben. Bedenkt aber, dass es zu spät ist, um irgendwas zu ändern [lacht]. Genießt es, Freunde!

Übrigens: Produzent Adam Munoz hat wieder einen großartigen Job gemacht. Der Sound ist schmutzig und räudig. So, wie man es von AUTOPSY erwartet. Auch das Artwork von Wes Benscoter ist top und passt perfekt zur Musik. imgleft

Chris: Ah, vielen Dank! Da muss ich dir zustimmen. Adam kennt uns und weiß genau, was wir wollen. Wir sind auch absolut glücklich mit jemandem, der quasi in den AUTOPSY-Körper eindringen kann und unsere Vorstellungen zum Leben bringt. Ganz im Ernst: Er ist eine gewaltige Bereicherung für unsere Band. Und was Wes angeht, da haben wir, nachdem wir das Endprodukt gesehen haben, alle gedacht: "Yeah, das ist absolut Death Metal!". Es ist wie ein fauliger Mantel, der die Musik umhüllt. Wenn du also sagst, die Musik klingt, wie das Cover aussieht, dann liegst du genau richtig. So sollte es sein.

Die Band DEATH (TO ALL), die aus ehemaligen Mitgliedern von DEATH besteht, spielt hin und wieder einige Shows zu Ehren von Chuck. Wurdest du auch gefragt ob du dich an der Band beteiligen möchtest und warum bist du letztendlich nicht dabei?

Chris: Ja, ich wurde auch dazu eingeladen, aber es war alles etwas zu knapp für mich. Wenn ich an so etwas beteiligt bin, dann muss es auch 100-prozentig laufen, sonst muss ich mich höflich verabschieden. Ich möchte damit natürlich niemanden angreifen, aber nach so vielen Jahren hätte ich gerne etwas mehr Zeit gehabt um mich darauf vorzubereiten.

Und was denkst du jetzt über dieses Projekt?

Chris: So lange es so läuft, dass Chuck damit einverstanden wäre, habe ich kein Problem damit. Anscheinend hat Chucks Familie dem auch zugestimmt, und das ist das Wichtigste.

Death Metal ist wieder schwer angesagt und alte Bands, wie ASPHYX, CARCASS, AT THE GATES und auch AUTOPSY finden wieder zusammen. Was ist deiner Meinung nach der Grund für diesen "Death Metal Hype"?

Chris: Death Metal in all seinen Formen ist mal größer, mal kleiner, findest du nicht? Manchmal ist eine Form etwas größer, manchmal ist es eine andere oder er ist mehr im Underground. Aber irgendwann schließt sich der Kreis wieder. Was meiner Meinung nach aber am wichtigsten ist, ist, dass eine Band aus Überzeugung und vom Herzen spielen soll. Trends kommen und gehen aber wahre Leidenschaft für die Musik bleibt, egal in welchem Genre. Ich persönlich liebe und habe immer Death Metal geliebt, unbekümmert von all den Kategorien und Unter-Kategorien. Wenn du Death Metal, traditionellen Metal, Doom Metal oder was auch immer spielst, dann spiel es so, wie du es willst und lass es dir egal sein, ob du damit akzeptiert wirst oder nicht. Das ist das Tolle an Metal im Allgemeinen. Es ist nach wie vor "Outsider-Musik" und hat immer noch etwas Rebellisches. Der Rest liegt an dir, spielst du den Leuten aber nur was vor, werden sie es spitzkriegen.

Da du ja schon lange dabei bist, kannst du sicherlich auch beurteilen wie die Szene in den Neunziger war und wie sie heute ist.

Chris: Einerseits ja, anderseits nein. Jeder hat heutzutage schon alles gehört, du musst also hart arbeiten und aus all den anderen Bands da draußen hervorstechen. Und glaub' mir, es gibt eine Menge Bands da draußen. Dinge passieren natürlich auch wesentlich schneller durch das Internet. Wir werden alle konstant mit Neuigkeiten bombardiert, jedes Mal sobald man am Computer sitzt. Das bringt deinen Kopf schon zum Glühen. Nicht zu reden von der neuen Generation an Metal-Freaks da draußen. Das ist unglaublich und ich finde es wundervoll. Wir alten Säcke werden irgendwann nicht mehr da sein, aber es wird ganz sicher jemanden geben, der die Fackel zur nächsten Bande von Verstoßenen weiterträgt. Ich verbinde das immer noch mit diesem Gefühl, wenn du ein neues Album einlegst und es dich komplett vom Sessel haut. Egal, ob du noch ein Teenager oder alter Sack bist, wie ich, wenn du aber immer noch dieses Gefühl hast, dann ist das etwas Wunderbares. Technik hin oder her, letztendlich zählt doch einfach nur die Musik, findest du nicht? [absolute Zustimmung; Anm. d. Verfassers]

Wie sehen eure Pläne für den Rest des Jahres aus? Wird es eine Tour geben? Ich kann mir gut vorstellen, dass die Leute hier in Deutschland grad nach einer AUTOPSY-Clubtour lechzen.

Chris: Deutschland war immer super zu uns, das kann ich mit Fug und Recht behaupten. Aber eine Tour steht nicht zur Debatte. Wir sind das letzte Mal '93 getourt und dann ist die Band zerbrochen, also rechnet nicht mit uns [lacht]. Vielleicht kommen wir für den ein oder anderen besonderen Gig rüber, wer weiß? Jetzt öffnet euch erst mal ein Bier, haut euch das neue Album rein und dann lasst uns weitersehen.

Zum Schluss noch 2 völlig ausgenuddelte Interview-Fragen: Welche 3 Dinge würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?

Chris: Wie wäre es mit etwas zu essen, Wasser und einem Boot, um von dieser verdammten Insel zu kommen? Eine etwas langweilige Antwort, wäre aber am praktischsten für mich [lacht]. Hauptsache ich komme nach Hause, damit ich mir einen Whiskey eingießen, meine Anlage aufdrehen und ein gutes Comic lesen kann.

Dann noch: Nenne mir bitte deine 3 all-time-favorite-Alben.

Chris: 1. Tourniquets, 2. Hacksaws und 3. Graves. Hey, es ist immer noch ein AUTOPSY-Interview [lacht].

Das stimmt! Bzw., das war es. Wir sind am Ende angelangt. Ich danke dir für deine Zeit, und wenn du noch etwas an die deutschen Fans loswerden willst, dann ist dies jetzt deine Chance.

Chris: Alles gut. Ich danke dir für deine Zeit. Ich denke, der übliche Dank all euch Sickos da draußen ist durchaus angemessen. Wagt euch an das neue Album. Wenn ihr AUTOPSY mögt, werdet ihr nicht enttäuscht werden! Cheers, chunks, blood, n guts!!!

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